Bis auf die Tatsache, dass "I Feel Like Playing" bereits das siebte Solo- (Studio-) Album von Ronnie Wood ist, stand der Mann in seiner mittlerweile über 45-jährigen Karriere stets in der zweiten Reihe. Wenn wir die ersten Gehversuche mit The Birds mal außen vor lassen, folgten danach eine relativ kurze Anstellung bei den in 'the swinging sixties' sehr populären The Creation, der Job als Bassist in der Jeff Beck Group (überschattet vom allmächtigen JB), die durchaus erfolgreichen Jahre mit The Faces (überschattet von Rod 'the moody' Stewart) und schließlich die Mitgliedschaft bei den Titanen The Rolling Stones, bei denen zum Zeitpunkt seines Einstiegs Mr. Keith Richards schon längst als das 'menschliche Riff' galt.
Aber Ronnie gefiel es sowieso immer schon am besten, nicht ganz vorne stehen zu müssen. Musikalisch verwirklichen (oder besser gesagt sich seine eigenen Songs von der Seele spielen) konnte er sich in den Stones-Ruhepausen dann mit den Solo-Ausflügen, von denen I've Got My Own Album To Do (1974) und "Gimme Some Neck" (1979) nicht nur am besten, sondern auch richtig geil ausfielen.
Viele, meistens negative Schlagzeilen hatte Woody in den letzten Jahren fabriziert. Therapien zur Entwöhnung schlechter Angewohnheiten, Rückfälle, weitere Therapien, weitere Rückfälle, das Ende seiner Ehe, um einige Dekaden jüngere Gespielinnen, das Scheitern Rod Stewart dazu zu bewegen, wieder mit den Faces aktiv zu werden und, und, und …
Aber um ehrlich zu sein, ging mir das alles so ziemlich am Allerwertesten vorbei, als die Nachricht eintrudelte, dass 'Honest' Ron ein neues Solo-Album am Start hatte. Vielmehr interessierte mich da schon das Ergebnis. Denn wenn die beiden letzten Streiche "Slide On This" und "Not For Beginners" auch viele gute Momente hatten, so hatten sie durchaus auch Schwächen, die man selbst mit einer überdimensionalen, rosaroten Fan-Brille nicht übersehen bzw. -hören konnte.
Und jetzt diese richtig coole, positive Überraschung. "I Feel Like Playing" steckt seine beiden Vorgänger nämlich ganz locker in die Tasche. Klar hat Ronnie hier tatkräftige Unterstützung von Kalibern wie Slash, Bobby Womack, Flea ( The Red Hot Chili Peppers), Rick Rosas(Ex- Neil Young), Billy Gibbons ( ZZ Top), Steve Ferrone (Ex- Eric Clapton, Ex- George Harrison), Ivan Neville und Waddy Wachtel (beide Ex- Keith Richards & The Expensive Winos), Jim Keltner (Ex-alles was Rang und Namen hat), Ian McLagan (Ex- The Small Faces, The Faces), Bob Rock und seinen Stones-Kollegen Darryl Jones, Blondie Chaplin sowie Bernard Fowler (der auch produziert hat) erhalten, die allesamt einen astreinen Job abliefern. Aber die grösste Überraschung ist Ron Wood höchstpersönlich, da er nicht nur (gewohnt) hervorragende Gitarren-Arbeit abliefert, sondern hier auch als Songwriter und (für seine Verhältnisse) Sänger glänzt.
Der klasse Sound, der ohne jegliche Beanstandung durchgeht, wurde druckvoll, transparent, warm und mit allen Ecken und Kanten von Bernard Fowler in Szene gesetzt. Eine richtig schnelle Nummer findet man auf dieser Scheibe zwar nicht, aber dafür groovt und rockt hier alles andere. Das sitzt, wackelt und hat Luft. Gut durchdacht und weniger wie ein Schnellschuss (wie etwa "Now Look" oder "Not For Beginners") wirkend kommen die zwölf Songs aus den Boxen geflutet. Nachdem mit "Why You Wanna Go And Do A Thing Like That For" so nachdenklich wie supercool eröffnet wurde, ist "Sweetness My Weakness" ein typisch 'weißer' Reggae, wie er von einem Jamaikaner wohl niemals aufgenommen werden würde. Ein Schelm, der Ronnie, während er uns dabei verschmitzt zuzublinzeln scheint.
Es gibt keinen Ausfall, keinen Füller zu beklagen! Lediglich "I Don't Think So" und das ganz offensichtlich ironische "Fancy Pants" können mich vom Gesang her nicht wirklich überzeugen. Dagegen stehen allerdings richtig starke Nummern wie der bereits erwähnte Opener, das schöne nach vorne treibende, mit toller Bridge versehene "Lucky Man", das langsame, soulige (beste Grüsse an Bernard Fowler) "I Gotta See" oder der Rocker "Thing About You". Das einzige Cover, Willie Dixons "Spoonful" entbehrt jeden Vergleich mit der Cream-Version. Was die Kollegen Wood, Keltner, Slash, Flea und Neville hier abliefern, ist ein Groovemonster vor dem Herrn. 'Rock'a'Rolla', der die Hüfte kreisen und das Tanzbein schwingen lässt.
Sehr starkes Songwriting und mein Single-Vorschlag steht mit "Catch You" auf dem Programm. Und schließlich ist da noch die letzte Nummer, "Forever", ein weiteres absolutes Highlight. Eine balladeske, soulige und gesanglich von Bernard Fowler auf höchstem Niveau unterstützte Nummer mit einem Refrain, der mir eine Gänsehaut nach der anderen über den Rücken treibt.
Hier ist alles handgemacht, und zwar zu 100%! Ich bin nicht nur sehr positiv überrascht, sondern freue mich auch wahnsinnig, dass es dem 'kleinen, zähen Hund' (wie Ronnie sich selbst gerne beschreibt) gelungen ist, solch ein starkes Teil abzuliefern. Und dieser Satz hätte nicht am Ende eines Reviews zu "Slide On This" oder "Not For Beginners" gestanden. Woodies Mitmusiker sind allesamt selbst Stars, bzw. große Namen, aber viel mehr sind sie Freunde, die ihr Ego an den Kleiderhaken vor der Studiotuer gehängt und erstklassige, uneigennützige Arbeit abgeliefert haben.
"I Feel Like Playing" mag kein spektakuläres Album sein, dürfte aber für jeden Stones/Faces-Freund ein klarer Gewinn sein. Und natürlich sollte man sich über die gesanglichen Reichweiten von Ronnie Wood im Klaren sein, um dieses Review im richtigen Kontext zu sehen. Dennoch ist der Engländer gerade bezüglich der Vocals auf "I Feel Like Playing" so überzeugend wie seit "Gimme Some Neck" vor über 30 Jahren nicht mehr. Dem Albumtitel wird hier auf jeden Fall alle Ehre gemacht und ich kann somit gar nicht anders, als mit einem herzhaften 'ROCK ON, RONNIE!!!' zu schließen.
Line-up:
Ronnie Wood (lead vocals, guitars, bass - #5, keyboards - #2, harp - #10)
Slash (guitars - #1,2,7,10,12)
Waddy Wachtel (guitars - #8,9,11)
Bob Rock (guitars - #3,6)
Billy Gibbons (guitars - #4,5)
Ian McLagan (keyboards - #3,6,8,9,11)
Ivan Neville (keyboards - #1,4,7,10,12)
Darryl Jones (bass - #2,3,6,10,12)
Flea (bass - #1,4,7)
Rick Rosas (bass - #8,9,11)
Jim Keltner (drums - #1,3,4,6,10,12)
Steve Ferrone (drums - #2,5,8,9,11)
Bernard Fowler (background vocals)
Blondie Chaplin (background vocals - #3,5,8)
Bobby Womack (background vocals - #3,5,8,12)
Skip McDonald (background vocals - #11)
Kevin Gibbs (background vocals - #11)
Saranella Bell (background vocals - #11)
Tracklist |
01:Why You Wanna Go And Do A Thing Like That
02:Sweetness My Weakness
03:Lucky Man
04:I Gotta See
05:Thing About You
06:Catch You
07:Spoonful
08:I Don't Think So
09:100%
10:Fancy Pants
11:Tell Me Something
12:Forever
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Externe Links:
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