Über die 'größte Rockband aller Zeiten', die Rolling Stones, gibt es ja inzwischen auf dem Buchmarkt unzählige mehr oder weniger gute Biografien, genau wie über die beiden Masterminds Keith Richards und Mick Jagger, die nun wirklich jedem Rockmusik-Fan ein Begriff sind, und das nicht nur durch ihre musikalischen Fähigkeiten. Auch unzählige Eskapaden in Richtung Frauen, Drogen und Alkohol machten die Beiden zu Superstars und Großverdienern in der Szene.
Lenkt man seine Aufmerksamkeit dann auf die restlichen Bandmitglieder, so findet Brian Jones wohl noch am ehesten die Beachtung im Line-up. Klar, so eine Rolle als tragischer Held mit starken psychischen Problemen und überdurchschnittlicher Drogenabhängigkeit, die schließlich zu seinem Rausschmiss aus der Band führte, und sein früher Tod im Jahr 1969, ist immer ein willkommener Aufhänger für die diversen Autoren, auch wenn die musikalischen Spuren doch eher als gering zu bezeichnen und auch schon fast in Vergessenheit geraten sind.
Der Rest der Truppe wirkt dagegen doch etwas mehr im Hintergrund und bietet dadurch für die Presse ziemlich wenig Spektakuläres. Und trotzdem bieten diese Musiker jede Menge Stoff für den gemeinen Freund der Rockmusik.
Bestes Beispiel dafür ist die jetzt erschienene Autobiografie "Ronnie" von Ron Wood. Seit mehr als dreißig Jahren ist er inzwischen Mitglied der Stones. Allein diese Tatsache könnte wahrscheinlich schon mehrere Bände mit Material füllen, aber auch vorher war er ja musikalisch schon sehr aktiv und erfolgreich. Bands wie die Birds, die Jeff Beck Group, Creation und natürlich die Faces sprechen da eine deutliche Sprache und belegen die Qualität des Gitarristen.
Dazu kommt noch sein großes Talent als Kunstmaler, mit dem er sich inzwischen ebenfalls einen sehr guten Namen in den entsprechenden Fachkreisen erworben und ein weiteres berufliches Standbein außerhalb der Musik geschaffen hat.
Man sieht also, dieser Ronnie Wood hat unter Garantie sehr viel erlebt und zu erzählen. Und das tut er auch. In diesem Buch lässt er anschaulich sein bisheriges Leben noch einmal Revue passieren und beschreibt in lockerer Weise seine ganz persönliche Vergangenheit.
Angefangen mit seiner frühen Kindheit, die er zusammen mit seinen Brüdern Art und Ted in einer Sozialwohnung im Dorf Yiewley, in der Nähe des Londoner Flughafens Heathrow, oder auf einem Lastkahn verlebte, denn seine Vorfahren waren allesamt 'Water Gypsies', die auf den Binnengewässern zuhause waren, über das rege Party-Treiben seiner Eltern Lizzie und Archie, die auch keinen Drink ausspuckten, bis hin zu seinen ersten Kontakten zur Musik, auf die der kleine Ron durch seine älteren Geschwister aufmerksam wurde, all das hält Woody hier für die Nachwelt fest.
Es folgen Beschreibungen über seine Erfahrungen auf der Bühne mit den Thunderbirds, die sich wegen Namensgleicheit mit der damaligen Band von Chris Farlowe in Birds umbenennen mussten und im Großraum London sehr gut ankamen. Dabei lernte der junge Ronnie sehr schnell, was für ein steiniger Weg zu gehen war, um sich im Musikbusiness einen Namen zu machen.
Doch so langsam ging es auf der Karriereleiter immer weiter nach oben. Nach dem Split der Birds schloss sich Ron Wood für kurze Zeit der damals ziemlich angesagten Band Creation an, bevor er als Bassist bei der Jeff Beck Group anheuerte, bei der auch ein gewisser Rod Stewart angestellt war. Nun hatte es Wood geschafft. Er war ziemlich weit oben in der Rangliste der Rockmusiker.
Doch nun gab es andere Probleme. Der ziemlich launische und introvertierte Beck sorgte immer wieder für Unruhe in der Band, was zur Folge hatte, dass Wood und Stewart ihre Kündigung einreichten und sich den Small Faces anschlossen, die sich gerade von Steve Marriott getrennt hatten. Die Faces waren geboren, starteten einen Höhenflug in der Publikumsgunst und Ron war noch einen weiteren Schritt höher in der Karriereleiter gestiegen.
Jetzt war Wood schon fast ganz oben angelangt. Doch auch dieses Kapitel endete nach einigen Jahren im Zwist. Immer deutlicher wurde Rod Stewart in den Vordergrund gestellt und sollte als kommender 'Superstar' gepusht werden. Seine Mitstreiter spielten nur noch eine Nebenrolle. Als die Band schließlich als 'Rod Stewart & The Faces' auf Konzertplakaten angekündigt wurde, war das Maß endgültig voll. Die Faces waren von nun an Geschichte!
Doch wieder einmal mischte sich Kommissar Zufall ins Leben des Gitarristen ein. Genau zum Zeitpunkt dieser Uneinigkeiten im Bandgefüge der Faces suchten die Rolling Stones nach einem Nachfolger für den abwanderungswilligen Mick Taylor, und so kam die inzwischen entstandene Freundschaft zwischen Ron und Keith Richards gerade recht. Woody hatte es geschafft. Er war nun Mitglied der 'größten Rock'n'Roll Band aller Zeiten'! Der Rest ist hinlänglich bekannt…
All das beschreibt Ron Wood mit einer gehörigen Portion Humor und lässt dabei auch die zahlreichen Touren der Stones bis in die jüngste Vergangenheit nicht aus. Aber auch die dabei entstandenen Probleme, wie seine Alkoholsucht und Drogenabhängigkeit samt ihren Entzügen und Rückfällen werden schonungslos offen gelegt und aufgearbeitet.
Auch sein Privatleben mit allen Höhen und Tiefen, incl. Scheidungen, Groupies und Kindererziehung bleibt nicht außen vor, genau wie die Karriere als Maler, in der er es inzwischen ebenfalls zu Ruhm und Anerkennung gebracht hat.
Diese Autobiografie, die noch durch mehrere Foto-Teile und zahlreiche Illustrationen von Ronnies Bildern ergänzt wird, bietet perfekte Unterhaltung für den Leser. Leicht und locker arbeitet man sich durch die Historie des vielseitigen Engländers und erhält dazu noch jede Menge Informationen. Dieses Buch ist ein richtiger Lesespaß über eine der interessantesten Persönlichkeiten, die die Rockmusik hervorgebracht hat.
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