Weltraumstaunen / Weltraumwelt
Weltraumwelt
Weltraumstaunen, Weltraumwelt, Introfernale... Der gemeine Rocker bekommt da erst mal einen Schrecken. Oder treffender gesagt, er erwartet Geziepse, Piepser, rosa Rauschen und Morsezeichen.
Gefehlt! Trotzdem ist der gemeine Rocker nicht der passende Adressat für diese Scheibe. Es sei denn, er hat ein Herz für spacigen Psychedelic-Rock, bzw. psychedelischen Space-Rock. Am Besten versehen mit der Kraft der zwei Herzen, denn was Weltraumstaunen hier präsentieren ist Space und Psychedelic in Reinkultur.
Stellt euch die berühmte einsame Insel vor, setzt die Ur-Pink Floyd-Besetzung, Tangerine Dream sowie ein paar Hawkwind-Musiker aus und wartet bis es denen langweilig wird und der halbe Inselbewuchs, der aus Hanfwäldern und Mohnfeldern besteht aufgeraucht ist. Dann werden sich nämlich die ausgesetzen Musiker mangels Abwechslung versuchen zu paaren und wenn es auch nicht zu Nachwuchs führt: Herauskommen würden auf jeden Fall Tracks der Art, wie ich sie auf "Weltraumwelt" gerade höre.
Dabei wird die Klangwelt auf dieser CD von gerade mal zwei Leuten intoniert: Andi Heinrich alias Jonas Flux (Gesang, Gitarren, Effekte, Synthy, Schlagzeug (in "Hoffmanns Mahl")und Dave Schmidt alias Sula Bassana (Bass, Schlagzeug, Orgel, Klavier, Synthy, Effekte, Gitarre).
Die beiden gründeten 1998 neben ihren 'normalen' Bands, Growing Seeds (Andi) und Zone Six, Liquid Visions (Dave), dieses Studioprojekt. Andi's Frau Silk (Sängerin und Bassistin bei Growing Seeds war da auch dabei, fehlt aber auf "Weltraumwelt".
Mit Weltraumstaunen haben sich Andi und Dave die Möglichkeit geschaffen "unsere psychedelischen Phantasien auszuleben ohne auf andere Bandmitglieder Rücksicht nehmen zu müssen". Die Klientel ist klar: Auf dem 98er Herzberg-Festival waren die Scheiben sehr begehrt.
Effekt-untermalte Space-Sequencen werden mit hart verzerrten Gitarren 'aufgebrochen', simpel wirkenden Key- und Percussionryhtmen brät die Gitarre immer mal eins über, komplexe Arrangements laden den Hörer zum abspacen und träumen ein. Ganz hervorragend das von akustischer Gitarre begleitete "Wizard vs. Time", in das sich melodische Wah-Wah Parts einmischen. Oder das von lecker Gitarrenparts eingeleitete "Weltraumwelt". Im Verlauf der Nummer wird die Gitarre richtig groovy, ja eine funkig angehauchte Rhythmusgitarre 'kämpft' mit einer vezerrten Sologitarre, während es 'hinter beiden' Klampfen 'rollt' wie weiland bei Hawkwinds silberner Maschine.
Der längste 'Weltraumtrip' entführt uns mit dem Namen "Farfisadelic" über vierzehneinhalb Minuten in einen Kosmos, der aus Effekten, glasklaren Pianoklängen und fast reggae-mäßigen Percussions besteht.
Mein lieber Jolly, man landet, nachdem die CD zu Ende ist, fast hart auf dem Boden der Realität. So ähnlich müssen sich Astronauten fühlen, wenn die Kapsel auf der Erde aufschlägt.
Mittlerweile gibt es auf der eingangs erwähnten einsamen Insel auch keine Pflanzenwelt mehr. Dichte Rauchschwaden stehen über dem Eiland und weisen den Weg, damit ein Schiff die Musiker wieder abholen kann.
Wie es sich für Musik dieser Art gehört, gibt es bei 'Nasoni' neben der CD-Ausführung auch eine LP für die Vinyl-Freunde.


Spielzeit: 48:07, Medium: CD, Nasoni Records, 2004 (2002)
1:Black Dove Part I 2:Doors 3:Hoffmanns Mahl (The Dwarfes Of Yore) 4:Floating In Space 5:Wizard vs. Time 6:Introfernale 7:Weltraumwelt 8:Farfisadelic 9:Black Dove Part II
Ulli Heiser
Ulli Heiser, 24.03.2006