Wie ich auf Werner Lämmerhirt stieß, weiß ich nicht mehr genau, wahrscheinlich durch die Zusammenarbeit mit Hannes Wader oder durch den Sampler "Acoustic Guitar Scene". Jedenfalls zu der Zeit, als das Album "With Friends - For Friends" erschien (1975), die zweite LP des aus Berlin stammenden Gitarristen mit der rauchigen Stimme. Beides kam bei mir emotional bestens an, sein erstklassiges Fingerpicking und auch die Art, die Songtexte mehr ins Mikro zu raunzen, als zu singen. Neben Lämmerhirt sind auf dieser 'Session' zwei weitere Gitarristen der Spitzenklasse zu hören, Klaus Weiland (heute in Texas daheim) und der aus Tschechien stammende, aber ebenfalls damals schon in Berlin lebende Sammy Vomáčka. Die folkorientierte Gitarristenszene blühte, vorwiegend in den größeren Städten, und Lämmerhirt galt als einer der Besten, vor allem als Picker. Sein Mitwirken auf Waders legendären "7 Liedern" samt den nachfolgenden Tourneen förderte seine Popularität und ermöglichte dem ungelernten Gelegenheitsjobber und Tramper ein bescheidenes Auskommen. Die Szene kannte sich und damals ging vieles auf, was bis heute Bestand hat. So auch das Stockfisch-Label, dessen erste (Wohnzimmer-)Produktion Lämmerhirts "Ten Thousand Miles" war. Chef und Soundtechniker: Günter Pauler.
Das Album nahm in meiner wachsenden LP-Sammlung einen besonderen Platz ein. Unter den meist härteren Rockscheiben war es die Platte für die ruhigen Momente, aber auch eine der ersten Scheiben, die mich mit Folk und Folk Blues infizierte. Die Stückeauswahl war (für mich) ein genialer Glücksfall und auch die stilistisch breitere Gestaltung, in den gemeinsamen Sessions erarbeitet, erweiterte meinen Hörhorizont. Unter Paulers Regie entstand ein akustisches, Gitarren-orientiertes Album voller Dynamik, aber auch filigraner Momente, bei dem jedoch die Songs ihren Charakter behielten und keineswegs 'zerpflückt' wurden. Von einigen waren es auch die ersten Versionen, die ich kennenlernte und nach deren Ursprung ich dann bald suchte. "St. James Infirmary" und "All Along The Watchtower" gehören bis heute in ihren unterschiedlichsten Coverversionen zu meinen absoluten "Favs". Lämmerhirt, ebenso wie Weiland, wurden zu Vorbildern einer ganzen Generation von Gitarrespielern, und die Songs des Albums avancierten zu Genre-Standards.
Auf den meisten Tracks ist neben Lämmerhirt noch einer der anderen beiden Gitarristen mit unterschiedlichem Stil und persönlicher Spielweise zu hören und das ist ausgesprochen reizvoll. Die anderen Musiker, die mir nur in diesem Zusammenhang bekannt wurden, ergänzen das Soundbild ansprechend. Flöte und Vibraphon geben einigen Stücken einen leicht jazzigen Touch, Schlagzeug und Bass erden die Stücke gemäßigt rockig. Die Stimmung dieses Albums ist relaxt und der 'Session'-Charakter kommt gut rüber. Auch wenn ausschließlich Stücke aus dem anglo-amerikanischen Songbook interpretiert wurden, haben Lämmerhirt und seine Freunde hiermit ein Highlight unter den deutschen Folkproduktionen eingespielt.
Ich habe Werner Lämmerhirt immer im Ohr behalten und auch die nachfolgenden LPs mit ihren englischsprachigen Eigenkompositionen gehörten zu den regelmäßig gespielten in meiner Sammlung. Mit seinen späteren, in deutsch verfassten Songs konnte ich jedoch nichts mehr anfangen, auch nicht live. Da knödelte er zunehmend seine tiefschürfenden Einsichten ins Mikrophon, ob mit oder ohne Gitarre. Und die trieften oft vor Selbstmitleid und Arroganz, etwa dass der soviel schlechter Gitarre spielende Dylan um so viel berühmter und reicher ist, als er. Ellenlange Monologe, wie schlecht das 'Business' ist und dass in den Plattenfirmen nur Gangster sind, die ihn ausbeuten wollen. Dann die zusammengezimmerten deutschsprachigen Texte zwischen belanglos und peinlich. Sein Spiel mit den sechs und zwölf Saiten war immer noch eindrucksvoll, aber aus dem begeisternden Gitarristen war ein mittelmäßiger Singer/Songwriter geworden.
Kein Wunder dass es ziemlich still um ihn wurde. »Niemand wollte mich mehr hören« bekundete er dann auch, als ich ihn - zunächst mit gemischten Gefühlen - 2007 im heimeligen Folkclub Isaar wiederhörte. Einen wesentlich gesetzteren, humorvollen und zwar immer noch schwadronierenden, aber doch insgesamt sehr sympathischen Musiker, souverän und im Wesentlichen auf das konzentriert, weswegen die Leute in die Konzerte kommen: Sein exzellentes Gitarrenspiel und - in Maßen - die Geschichten drumrum.
"With Friends - For Friends" - (fast komplett auf der CD "The Early Years" enthalten) bleibt eine meiner 'Inselplatten'. Dank bester Pflege und Nassabspielung bis heute auch noch als Vinyl gut anhörbar, ein Stück meiner Jugend. Aber nicht nur deshalb.
Line-up:
Werner Lämmerhirt (Gitarre, Gesang)
Klaus Weiland (Gitarre)
Sammy Vomáčka (Gitarre)
Michael Erhard (Bass, Vibraphon)
Lutz Helge Meyer (Schlagzeug)
Andreas Osterrieth (Flöte)
Tracklist |
A:
01:Long Way Back Home
02:Nobody Wants You, When You're Down And Out
03:If I Were A Carpenter
04:Alberta |
B:
01:Whispering/Mr. Sandman
02:Lincoln Duncan
03:St. James Infirmary
04:All Along The Watchtower
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Externe Links:
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