Kollege Norbert hatte es bereits beim letzten Album
der Whipsaws gewohnt kernig auf den Punkt gebracht: Es wird verdammt heiß am Polarkreis - der Klimawandel macht's möglich. Das Quartett aus Alaskas Metropole Anchorage nudelt eine derart kochende Kiste runter, dass man meinen könnte, es wäre viertausend Meilen südwärts beheimatet... was natürlich ein ziemlich blödes Vorurteil ist, denn warum sollten Alaskas Holzfäller - nach deren Arbeitsgerät sich die Band benannt hat - nicht mindestens ebenso heißblütig wie säbelbeinige, texanische Cowboys daherkommen?!?
Endlich - nach einigen Verzögerungen - ist das neue, schlicht mit dem Bandnamen betitelte Album der Whipsaws erschienen und es entpuppt sich als ein richtiger Roots Rock-Knüller. Die Jungs fischen irgendwo in der Schnittmenge zwischen dem schrulligen Rock der Bottle Rockets, dem äußerst 'roots-rockigen' Alt. Country der Drive-by Truckers, fröhlichem Red Dirt der Marke Cross Canadian Ragweed und dem Pedal Steel-geprägten, leicht depressiven Americana von Son Volt - also garantiert nicht im Trüben!! Und wenn, wie bei "Daylight", noch eine ganz kleine jammige Note hinzukommt, dann kratzt "The Whipsaws" ganz mutig an der Perfektionsgrenze.
Mit dem leicht kratzigen Rüpel "Took My Tears" eröffnet ausgerechnet der Song, den ich für meinen Teil als den schwächsten empfinde. Diese Scharte wird durch das luftige "Wait It Out" umgehend ausgewetzt und durch die schrammelige Drei-Gitarren-Front von "Cave In" geschlossen und versiegelt. Alles wird gut...
Das von einer herrlichen, sehnsuchtsvoll-melancholischen Pedal Steel untermalte Liebeslied "Coralee" rührt in seiner stillen Schlichtheit ganz tief an - der vertrackte Riff-Rocker "Tried Not True" stellt den Kontrapunkt dazu dar.
Über gut eine Minute baut sich "Shutdown Checklist" langsam auf, um sich in einem leicht verschrobenen Rocker mit sattem Gebläse zu entladen, im Mittelteil zu zerfallen, um sich erneut mächtig aufzutürmen. Eine sehr atmosphärische Nummer mit ausufernden Spannungsbögen - toll!
"Reno", vom kryptischen "C.F.G." eingeleitet, kommt in seiner rumpeligen Art fast ein wenig wie unser Maultier daher. Auch die schmachtende Country-Ballade "What Are The Chances" hält den Hörer emotional in Geiselhaft - zauberhaft fügt sich hier Bonnie Whitmores Sopranstimme in das Duett mit Evan Philips ein. Die akustische Folknummer "Lay Down By Me" besticht durch Aaron Benolkins zittrige Mandoline, die die akustischen Gitarren sehr feinfühlig dominiert.
Dies alles mündet in die mit Abstand stärkste Nummer dieses Silberlings. "Daylight" macht seinem Namen - alles überstrahlend - alle Ehre. Hier sind es erneut die weiten, sphärischen Bögen, die ausufernden Gitarrenpassagen, die ein abwechslungs- und facettenreiches Monument langsam wachsen lassen - eine echte Granate!!
Mal wieder kommt mir da eine, bis dato unbekannte Band äußerst locker entgegen gerockt und kann sogleich positiv überraschen. Die Whipsaws sind ein ganz heißes Eisen, das da im äußersten Norden der US geschmiedet wurde - Roots Rock at its best.
So, und jetzt muss ich mir gleich den von Norbert in höchsten Tönen gelobten Vorgänger, "60 Watt Avenue", besorgen - unbedingt!
Line-up:
Aaron Benolkin (guitars, pedal steel, leslie guitar, mandolin vocals)
Ivan Molesky (bass, electric and acoustic guitars, vocals)
Evan Philips (lead vocals, electric and acoustic guitars, vocals)
James Dommek (drums, vocals)
Additional Musicians:
Marcus Bently (Wurlitzer, Rhodes, Hammond)
Scott Caddell (tenor sax)
Corwyn Wilkey (trumpet)
Bonnie Whitmore (vocals - #3,9)
Tracklist |
01:Took My Tears (4:25)
02:Wait It Out (4:24)
03:Cave In (4:00)
04:Coralee (3:37)
05:Tried Not True (4:45)
06:Shutdown Checklist (6:39)
07:C.F.G. (1:37)
08:Reno (4:29)
09:What Are The Chances (5:46)
10:Lay Down By Me (3:47)
11:Daylight (6:31)
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