 Zwei Konzerte in einer Woche im Dorfwirtshaus von Isaar, das kommt auch nicht oft vor. Schon gleich nicht mit RockTimes-Präsenz. Und schon überhaupt nicht mit zwei solchen Bands, die einen dermaßen tierischen Spaß machen!
Am Montag Andi Hoffmann mit seinen B-Goes, ein Schweizer, der den Louisiana Groove drauf hat und am Samstag Williams Wetsox, vier gestandene Oberbayern, die den Blues urig weißblau raushauen.
Blues auf bayrisch, das ist weder neu, noch eine simple Anbiederung. Angefangen hat es wohl mit Peter Jacobi und seiner Münchner Band Zyankali, die 1974 mit ihrer ersten LP "I Could Cry Vor Lauta Bluus" zumindest medial die Initialzündung gaben. Mit dabei auch der Willy Michl, der das Idiom praktisch anschließend personifizierte und damit auch großen Erfolg hatte. Durch wundersame Initationsriten ist er mittlerweile zum 'Isarindianer' mutiert, hört auch auf den Namen The Sound of Thunder und lässt sich derzeit wieder für dickes Geld auf den Bühnen bewundern.
 Doch es gab auch andere, die den Mundartblues seinerzeit für sich entdeckten und darüber hinaus, dass der gar nicht so weit entfernt von dem ist, was in bayerischen Wirtshaussälen von den Gstanzl-Sängern früherer Tage als heimische Volksmusik vorgetragen wurde. Von den damaligen Gruppen sind bis heute einige aktiv, es sind jedoch auch neue hinzugekommen, die durch die Regensburger 'Mundart Ageh e.V.' eine gemeinsame Plattform gefunden haben.
Seit 1979/80 gibt es Williams Wetsox aus dem Murnauer/Weilheimer Land (zwischen München und Garmisch gelegen), die hauptsächlich in ihrer Heimat auftreten. Mittlerweile trauen sie sich jedoch auch nach Franken herauf und kamen u.a. 2004 beim bekannten Nürnberger Bardentreffen bestens an. Dort waren die Verantwortlichen des Folk Clubs Isaar von der urwüchsigen Musik samt unterhaltsamen Texten so angetan, dass sie die Wetsox zu sich einluden.
 Das Erste, was die Band dem Stammpublikum sympathisch machte, war die völlig ausreichende 'Zimmerlautstärke'. Das Zweite, was auffiel, war das Equipment, das nicht retro, sondern original uralt war. Nur der Halbakustikbass samt dessen Verstärker stammte aus neuerer Produktion. Vom Schlagzeug blätterte der Lack ab, die 'Barney Kessel'-Gibson des Bandchefs und seine Roger zum Sliden stammten aus den sechziger Jahren, die Ziehharmonika mindestens ebenso. Dagegen nahm sich die Fender-Stratocaster des zweiten Gitarristen Groover Krüger noch recht jung aus (Obwohl sie, wie wir mittlerweile von Groover Krüger erfahren haben, älter ist). Beide hingen an ebenfalls recht betagten Röhren-Amps ( »das sind doch die Besten« - Williams) samt Bühnenlautsprechern und waren mit knackigem Sound auch schön 'links' und 'rechts' auszumachen. Das kam gleich beim Auftakt-Instrumental, ihrem "Bluesig's Oberland" gut an, bei dem sich, wie später u.a. auch beim "Bräuwastl spezial" die Beiden in bester Peter Green/ Danny Kirwan-Tradition gefühlvoll die Bälle zuspielten. Thomas Gugger und Marcel Pölitz bildeten dahinter ein sehr variables Rhythmus-Grundgerüst, begleitend, aufbauend oder kräftig aufmischend, je nachdem.
 Das Dritte waren dann die beiden Stimmen der Frontmänner. Der Williams sang so, wie er mit Dreitagebart, Schnauzer und Hut aussah: Altbayrisch, verschmitzt, raunzig. Mit kehligem, dunklen Bariton trug der Groover seine Songs vor, der eher rockige Part zum bodenständigeren des Chefs. Beides nicht unbedingt die großen Sänger, aber gute Shouter. Die Gschichtn über die Spinnereien der Kumpel, das Leben im Allgemeinen und über die Weiber im Besonderen, aber auch über die Zerstörung der Umwelt, wurden nicht nur als reinrassige Zwölftakter vorgetragen. Boogie, Rock'n'Roll, Bossa, Tango und auch die Gstanzl-Singerei, integrierten die Wetsox in ihre Art, den Blues zu interpretieren. Ob da einige bekannte Klassiker als 'Inspiration' oder als echte Vorlage gedient haben, mag dahin gestellt sein. Ergänzt wurde der Set mit einigen echten Covers, die im Saal auch bestens ankamen. Hinterfotzig einschmeichelnd "AIDS" vom Söllner Hans im "La Paloma"-Sound, schräg "La Cucaracha", herrlich nostalgisch, aber ausgesprochen dynamisch, "Apache" mit Extra-Solo. Auch hier ergänzten sich die beiden Frontmänner. Links eher gut handwerklich der Williams, rechts das Ass Groover, der immer wieder den extra Lick aus seinen dünnen Saiten rauskitzelte (klasse auch sein "Katzenwels").
 Es dauerte gar nicht lang, dann zeigten die Oberfranken ihre Begeisterung richtig lautstark. Geht scho, wenn's auch richtig abgeht! Nicht nur jeder Song wurde am Ende beklatscht, es gab reichlich Szenenapplaus und auch wechselrhythmisch schlugen die Hände fleißig. Als die Musiker zu den beiden Rauchpausen grinsend nach draußen gingen, war das wohl ein Zeichen, dass sie nicht unbedingt mit diesen Reaktionen gerechnet hatten. Und das, obwohl die Texte in der grummeligen Oberländler Mundart schon gut gespitzte Ohren brauchten. Solche 'Exoten' bekommt man auf der entgegen gesetzten Seite der bayrischen Zwangsgemeinschaft schließlich nicht oft live auf die Bühne.
Wie perfekt, vor allem thematisch, Blues und Voralpenländisches zusammengehen, war beim nahtlosen Übergang der adaptierten zur ureigenen Musik unverkennbar. Ob Robert Johnson oder Roider Jackl, Bo Diddley oder Kraudn Sepp, Delta Blues oder Landler, macht keinen großen Unterschied. Und die Gstanzl zur Quetschn vom Williams (der wie die jüngere Ausgabe seines offensichtlichen Vorbilds, dem Sepp, daher kommt), die sind sowieso blue, deep weiß-blue ...
Viermal mussten die Wetsox für Zugaben zurück auf die Bühne, dann war's gut in Isaar um Mitternacht.
Fans des Bayrischen Blues - lasst euch Williams Wetsox nicht entgehen. Und spart euch die Kohle für die Selbstlegendisierungsshow des 'Sound of Money'! Kauft lieber davon sämtliche CDs der Wetsox!
Bilder vom Konzert
Line-up:
Williams Fändrich (Gesang, Gitarre, Ziehharmonika)
Groover Krüger (Gesang, Gitarre)
Thomas Gugger (Schlagzeug)
Marcel Pölitz (Bass, Gesang)
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