Wolvespirit / Free
Free Spielzeit: 52:34
Medium: CD
Label: Spirit Stone/Cargo Records, 2015
Stil: Hard Rock, Classic Rock


Review vom 10.06.2015


Manni Hüther
Sozial, lyrisch, optisch und akustisch: Die Würzburger Band mit ihrer amerikanischen Sängerin lässt das Hippie-Zeitalter wieder aufleben. Sozial, weil die Musiker als Kollektiv zusammenleben, wie es eben damals viele Bands taten. Lyrisch, weil die Texte durchweg dieses hippie-eske Mystische durchzieht. Optisch durch das CD-Cover (von Sängerin Debby Craft selbst kreiert) und ganz sicher auch durch die Klamotten, die sie tragen, Paisley-Hemden und Schlaghosen sind selbstverständlich. Und akustisch, weil Wolvespirit mit ihrem Hammond-geschwängerten, fast psychedelischem Hard Rock und dem ganzen musikalischem Feeling ihr Publikum in die frühen Siebziger zurück versetzen.
Hier und da wurde Debby Craft (wie auch Elin Larsson von den Blues Pills) als neue Janis Joplin bezeichnet, was recht unfair ist, da es für beide jungen Ladies Erwartungen weckt, die sie nicht erfüllen können. Und sicher auch nicht erfüllen möchten, sind sie doch vollkommen eigenständig und können mit Recht auf ihre eigenen stimmlichen Qualitäten verweisen, die keinen Vergleich benötigen. Schon gar nicht mit Janis.
Auch der Vergleich der Band mit Deep Purple oder Uriah Heep hinkt etwas, bei beiden Legenden sorgten sowohl Jon Lord respektive Ken Hensley für einen ganz anderen Orgelsound, und auch hier gilt: Die Keyboards von Wolvespirit brauchen keinen Vergleich, sie sind integraler Bestandteil eines wundervollen Klangs. Aber der Hinweis auf die Zeit, als diese Bands aktiv waren, ist selbstverständlich zutreffend. Vielleicht hatten Wolvespirit noch eine Prise anderer Helden wie Steppenwolf, Led Zeppelin und Humble Pie im Hinterkopf, könnte hinkommen. Irgendwo taucht mal kurz ein Riff-Zitat von Black Sabbath ("Paranoid") auf. In einigen Songs beackern sie die unmittelbare Nachbarwiese ihrer Kollegen von Siena Root. Und die berufen sich ja auch auf die Ahnen des Hard Rock, vielleicht schließt sich der Kreis ja doch. Auch der 'dirty' Rock der
Black Keys scheint mal durch.
Die Sequenzierung der Songs ist äußerst gelungen, es wechselt sich gitarrenschwerer Hard Rock mit balladenhaften (eines ausschließlich akustisch) Schätzchen und regelrechten Hymnen als auch mit psychedelischen Heavy-Sounds ab. Die ganze Platte ist deswegen sehr spannend am Stück zu hören, nie kommt der Wunsch nach der Next-Taste des CD-Players auf. Die Band spielt komplett auf den Punkt, knackig und satt, mit geilen Gitarrenriffs und -soli, wabernder Orgel und deftiger, treibender Bass/Schlagzeug-Fraktion. Darüber dann die überzeugende Röhre von Debby Craft, die aber in einigen Tracks wohl zur Erzielung eines psychedelischen Klangs etwas im Mix zurück genommen ist.
Und ich muss schon sagen, dass locker die Hälfte dieser Songs eine geradezu süchtig machende Wirkung entfaltet, die schleichen sich regelrecht ins Hörzentrum und brennen sich dann dort ein; man will das immer wieder hören! Im YouTube-Zeitalter kann es der Leser für sich selbst ausprobieren.
Im Gegensatz zu vielen anderen Interpreten, die sich der Musik der 'late Sixties' und 'early Seventies' verschrieben haben, haut diese Wolvespirit-Platte den unbestechlichen Trumpf in Form eines exzellenten, durchsichtigen Klangbildes auf den Tisch. Hier wurde nicht versucht, künstlich etwas so hinzubiegen, als sei es tatsächlich in jener Zeit entstanden. Und das warme Klangbild der alten Platten ist doch auch der damals unzureichenden Tontechnik geschuldet. Man höre sich nur mal die neuste Remasterausgabe von Physical Graffiti an, wie Jimmy Page versucht, die Limitierungen der Masterbänder zu umgehen. Mit etwas, aber doch leidlichem Erfolg. Umso besser, dass Wolvespirit hier keinen unnötigen Klangmatsch im Retro-Gewand entstehen ließ, sondern einen tighten, saftigen Klang auf höchstem Niveau. Bravo auch dazu!
Damit auch ein Lob an den im Rock-Genre sehr angesehenen Produzenten Michael Wagener, der einen perfekten Mix im Sinne des von den Musikern gewünschten Klangs mit seinen vielen kleinen zu entdeckenden Tönen erschuf. Dass die Band das Album in seinem Studio in der Country-Hauptstadt (!) Nashville, Tennessee aufnehmen konnte, ist sicher so ungewöhnlich wie die Tatsache, Mark Slaughter als Gastsänger auf zwei Tracks zu gewinnen.
Von dieser Band ist sicher noch einiges zu erwarten, die Authentizität, mit der sie die eigenkomponierten Songs dieses Albums vortragen, ist absolut überzeugend. Wer die Gelegenheit hat, Wolvespirit live zu erleben, sollte sie wahrnehmen. In jedem Fall sollte sich jeder Fan von dieser Art Hard Rock die CD zulegen; beim Anhören legt sich dann automatisch ein Grinsen aufs Gesicht.
Die Hippie-Philosophie ist auch dank Bands wie Wolvespirit nicht klein zu kriegen und in meinem Alter kann ich sagen, dass das etwas Beruhigendes und auch Tröstliches ist. Wir lagen wohl nicht so falsch vor mehr als 40 Jahren, weder in der Haarpracht noch der Musik. Ich jedenfalls bin begeistert!
Line-up:
Debbie (vocals)
Rio (guitar)
Andy (bass)
Oli (Hammond)
Wolf (drums)
Tracklist
01:I Am Free
02:Shining (feat. Mark Slaughter)
03:Let Me Live
04:Into The Mirror
05:Angelman
06:Moonlight
07:My Best Friend
08:Wild Woman
09:This Is Love (feat. Mark Slaughter)
10:Time Lord
11:Spirit In My Soul
12:Sometimes
13:Mercy
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