Hilary York / In The Dark
In The Dark Spielzeit: 33:14
Medium: CD
Label: Hey... Miau! Records, 2009
Stil: Singer/Songwriter

Review vom 06.11.2009


Markus Kerren
Leute, lasst euch bloß nicht von der angegebenen Stilrichtung 'Singer/Songwriter' in die Irre führen, denn das soll hier wirklich nur ganz grob als Oberbegriff stehen. Hilary York hat nämlich jede Menge auf der Pfanne! Da wird ebenso gerockt, es gibt wunderschöne, geschmackssichere Balladen und auch Ausflüge in anspruchsvollen Country. Mit "In The Dark" glänzt die Texanerin auf neun Song-Perlen, die sich über eine Spielzeit von (leider nur) gut 33 Minuten erstrecken. Bezaubernd ist hier im Prinzip alles, von den gelungenen Arrangements, der stilsicheren Einspielung, über die gute Produktion, das intensive Feeling bis zu dem absolut gekonnten Songwriting. Aber am bezaubernsten ist die gute Hilary selbst, sei es in ihrer Präsentation, ihrem Ausdruck oder ihren gesanglichen Fähigkeiten.
Geboten wird keine Trällerei, die Stimme der York ist eher in tieferen Tonlagen angesiedelt, wodurch sie teilweise sehr angenehm an eine Marianne Faithfull erinnert. Und wie die Engländerin schafft auch sie es, uns mit zwar nicht grandiosem Stimmumfang, dafür aber umso mehr Charisma immer wieder zu fesseln. Man glaubt Hilary und ihren Texten, die sie hier zum Besten gibt. Eine positive Eigenschaft, die heute leider nicht mehr alltäglich und ein dickes Plus dieser Musikerin ist. Dazu hatte sie großartige Musiker im Studio, die ihre Tracks so optimal wie unaufdringlich unterstützten. Und genau dadurch, gewürzt mit den persönlichen Texten, wie dem gesanglichen Vortrag von Hilary York, entsteht diese tolle Intensität.
Einen Cover-Song hat Miss/es York ebenfalls am Start und es dürfte kaum überraschen, dass sie auch hier etwas tiefer gegraben hat. Es handelt sich um Randy Newmans "Baltimore", von dem Album "Little Criminals" (1977). Wobei sie das Stück nicht einfach nur covert, sondern bezüglich der Instrumente auf ein Minimum runterschraubt und die Nummer dann fast im Alleingang nach Hause singt, während sie den Song so ganz nebenbei geradezu zu ihrem eigenen macht. Respekt! Speziell, wenn man berücksichtigt, dass Randy Newman ja nicht unbedingt der einfachste Künstler ist, was Neueinspielungen seiner Tracks angeht. Bei "Close Your Eyes" geht es darum, eine bestimmte Situation, einen bestimmten Moment ohne wenn und aber auszuleben, da er in dieser selben Konstellation nie wieder da sein, bzw. vorkommen wird.
Die heftigste und rockigste Nummer der Scheibe stellt der Opener "Jaded" dar, der fast psychedelisch beginnt, dann aber in einen treibenden Groove verfällt. Dabei nimmt Hilary York den Zuhörer zum ersten mal mit ihrem Gesang und ihren Melodien gefangen. Klasse hier auch die Bläser, die dem Ganzen noch einen weiteren Kick in den Allerwertesten geben. Nach dem tollen Einstieg geht es bei "I Look For You" etwas gezügelter zu, während die tierisch im Ohr haftenden Gesangslinien hier über ein relativ dominantes Schlagzeug perlen. "Carnival" ist dann der Titel, bei dem einem der Name Marianne Faithfull am deutlichsten vor dem geistigen Auge erscheint. Anders ist sie, die Hilary, aber von der Stimme und vom Feeling her doch ähnlich.
Ein weiteres absolutes Highlight ist der Song "Shutters And Doors", der neben der Protagonistin vor allem von einer grandiosen Pedal Steel bestimmt wird. Dadurch natürlich stark Country-beeinflusst hat Hilary York, ähnlich wie es zum Beispiel auch Lucinda Williams drauf hat, allerdings die Zügel durch ihre Persönlichkeit und den guten Text so fest in der Hand, dass aus einem potenziell aufgeplusterten Schmachtfetzen hier vielmehr ein intensiver Abgesang auf einen ehemaligen Liebhaber wird, den man zwar noch mag, aber nie wieder zurück haben möchte. Fett unterstrichen in dem unmittelbar folgenden und wieder flotteren "Who Cares What You Say" (»…wen kümmert's schon, was Du da laberst«).
Den Abschluss bildet schließlich "Loosen Your Grip", ein sanfter wie atmosphärischer Ausklang dieses äußerst positiven Überraschungs-Albums. Im Prinzip nur eine weitere wunderschöne, nachdenkliche Singer/Songwriter-Ballade, wird hier noch mal alles an Feeling reingelegt, was irgendwie raus zu kitzeln war.
"In The Dark" ist ein sehr starkes Album, das neben seiner etwa um zehn Minuten zu kurzen Spielzeit über keinen Makel verfügt. Ich hatte es bereits anfänglich ausgeführt: Vom Songwriting, der Produktion, den Arrangements, den Musikern und der gesanglichen Darbietung fließt hier eins ins andere über und bildet ein großartiges Ganzes. Die 'Tipp'-Grafik wird lediglich durch die Laufzeit verhindert, ansonsten sollte man dieses Album unbedingt anchecken, wenn man auf gute und eindringlichere Musik abfährt. Und den Namen Hilary York haben wir bestimmt, wenn bisher auch noch ein Geheim-Tipp, nicht zum letzten Mal gehört.
Line-up:
Hilary York (vocals)
Steve Bernal (bass, cello - #1, 6, snare - #7)
Kullen Fuchs (piano, acoustic guitar, vocals, organ, horns)
Gene Kurtz (bass - #2,8)
Julie Lowery (vocals - #1,2,8)
Ian Moore (guitar - #3, , vocals - #3)
Gary Newcomb (pedal steel - #1,3,4)
Scrappy Jud Newcomb (guitar - #1,2,4,6,8)
Joe Reyes (guitar - #2,8)
Kyle Schneider (drums - #1,4,5,6)
Joey Shuffield (drums - #2,8)
James Stevens (guitar - #5)
Tracklist
01:Jaded
02:I Look For You
03:Carnival
04:Cover Me Up
05:Shutters And Doors
06:Who Cares What You Say
07:Baltimore
08:Close Your Eyes
09:Loosen Your Grip
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