XTC / Apple Venus Volume 1
Apple Venus Volume 1 Spielzeit: 50:05
Medium: CD
Label: Idea Records/Cooking Vinyl, 1999
Stil: Alternative Pop

Review vom 25.03.2009


Joachim 'Joe' Brookes
Wenn es um britische Musik geht, darf die Band XTC auf gar keinen Fall fehlen.
Von einigen Besetzungswechseln gekennzeichnet sind es die beiden Künstler Colin Moulding und Andy Partridge, die die Band ausmachen.
Mit "Drums And Wires" (1980) kam man auf die Erfolgsschiene der Medien und auch der Album- bzw. Single-zahlenden Anhänger. Die folgenden Platten "Black Sea" und "English Settlement" aus den Jahren 1981 und 1982 toppten den Erfolg noch. Man war wer im internationalen Showgeschäft, zumal XTC nicht nur in ihrer britischen Heimat eine sehr gute Adresse für Pop-Musik der etwas anderen Art war... Art Pop eben, Akustisches mit dem gewissen Quäntchen oder auch größerer Menge an Kreativität, die einen bei jedem Hearalike-Contest auf den vorderen Rängen finden könnte.
XTC sind anders, XTC bilden eine Blase im Einheitsbrei des Geschäfts.
XTC sind XTC, das stand schon zu einem recht frühen Zeitpunkt ihrer Karriere fest. Der Meinung war man auch in Amerika.
1984 hatte man mit "Mummer" sowie "The Big Express" gleich zwei Alben in den Billboard-Charts. OK, diese werden dann recht großzügig ausgelegt... Top 200 und dort am unteren Ende der Liste.
"Mummer" war auch nicht das Gelbe vom XTC-Ei. Das Album war so etwas wie der psychische Output eines zum damaligen Zeitpunkt selbst in der Schale befindlichen Andy Partridge. Wo waren die großartigen Songs der vorherigen Alben geblieben?
Hochpotentes Songwriting geht ja nicht wie am Fließband. Wie oft hat man in der Musik-Geschichte den Niedergang und Wiederaufstieg einer Band oder eines Künstlers erlebt. Nur wenige halten sich in der dünnen Luft des Musik-Mount Everests, egal was man macht. Der Rock'n'Roll ist nicht kaputt zu kriegen und die Rolling Stones an diesem Platz zu erwähnen, ist wohl nur Zufall.
Die Ideenschmiede der Band kam ins Stocken!
Nach dem "Big Express" brauchte man zwei Jahre, um sich wieder in die mediale Gunst zurück zu beamen. Und wie!
Ein Geniestreich erster Güte war "Skylarking"!
War es in früheren Tagen ein Steve Lillywhite, der hinter der Scheibe des Aufnahmestudios saß, tauchte jetzt plötzlich der Name Todd Rundgren als Produzent auf.
Danach veröffentlichte XTC, wenn auch mit einigen Pausen Studio-Hochkaräter mit den Titeln "Oranges & Lemons" (1989), "Nonsuch" (1992) sowie "Apple Venus Volume 1", auf das man ganze sieben Jahre warten musste. Allerdings handelt es sich nicht um ein verflixtes siebtes Jahr.
Einerseits erwarten den Hörer fröhlich aufgeweckte Songs mit den so typischen, zu einem Markenzeichen von XTC gewordenen Melodiebögen, die einem Regenbogen im gleißenden Sonnenlicht gleich kommen. Die beiden Regenbogenschüsselchen sind die hervorragenden Songwriter Moulding und Partridge.
Andererseits gibt sich XTC auch wieder experimentierfreudig, melancholisch und werfen gar einen weiten Blick in den Osten. Ihr "Green Man", eines der längsten Stücke auf dem Album, hat wunderschön integrierte fernöstliche Anleihen, die gepaart mit dem wieder einmal brillanten Gesang des Duos eine prächtige Kulisse schafft.
Meist von der akustischen Gitarre angetrieben hat XTC auch einen Schritt in fast klassische Arrangements gemacht. Songs mit vielen Streichern, man hatte das London Session Orchestra im Studio, sind fernab vom Kitsch. Dazu sind Partridge sowie Moulding viel zu gut. Man hat sich allerdings für die Streicher doch noch helfend unter die Arme greifen lassen, zumindest für bereits oben erwähntes "Green Man" und auch "I Can't Own Her". Mike Batt hat hier die Streicher arrangiert.
Wo ein "... Volume 1" ist, ist doch wohl eine zweite Ausgabe nicht weit entfernt.
Auf der Verpackungsrückseite wird bereits darauf hingewiesen: »You might like Apple Venus Volume 2«
2000 gab es die Verlängerung mit dem Titel "Wasp Star (Apple Venus Volume 2)".
Einer der bittersüßesten Tracks ist Partridges "Your Dictionary", zunächst nur von ihm und seiner Akustischen vorgetragen, dann steigen einige andere Instrumente, besonders das Piano, gefühlvoll mit in den Seelenschmerz ein:
»H-A-T-E is that you spell love in your dictionary
K-I-C-K pronouce the sky
F-U-C-K is that you spell friend in your dictionary…«
Alles in einem Track bietet "Harvest Festival"... Streicher bestimmen den Beginn und ein bandorientierter Sound folgt danach.
Sollte "The Last Balloon" bereits auf die Zukunft der die britische Musik-Szene prägenden XTC hinweisen? Jedenfalls ist dieser Track an wunderbarer Stimmung fast nicht zu überbieten. Eine herrliche Ballade, in der Guy Barker mit seiner Trompete sowie Waldhorn für verträumt melancholische Atmosphäre sorgt und ein cooles Jazz-Solo bläst. Gigantisch, dieses Stück...
Gigantisch ist auch die gesamte XTC-Platte "Apple Venus Volume 1".... anders, aber schön.
Line-up:
Colin Moulding (vocals, bass)
Andy Partridge (vocals, guitar)

Additional Musicians:
Dave Gregory (piano, keyboards, guitar, backing vocals)
Prairie Prince (drums)
Guy Barker (trumpet, flugel horn, - #11)
Steve Sidwell (trumpet - #3)
Nick Davis (keyboards)
Haydn Bendall (keyboards)
The London Session Orchestra (strings)
Tracklist
01:River Of Orchids (5:53)
02:I'd Like That (3:50)
03:Easter Theatre (4:37)
04:Knights In Shining Karma (3:40)
05:Frivolous Tonight (3:10)
06:Green Man (6:18)
07:Your Dictionary (3:15)
08:Fruit Nut (3:01)
09:I Can't Own Her (5:26)
10:Harvest Festival (4:15)
11:The Last Balloon (6:40)
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