Eine Tür öffnet sich und ein Mann geht mit ganz festen Vorsätzen in den Keller: »… dat alte Zeuch. Dat schmeiß' ich alles ma' wech…« Und dann findet Reiner Hänsch die alte Platte "Zoff", die er nicht wegwirft. Wäre auch ein Ding. LPs sind nicht für den Müll gemacht.
Auf vorliegendem Album "Mehr Vom Alten" sind sieben Songs vom Debüt "Zoff" (1980), sechs "Keine Faxen mehr"-Ausschnitte (1982) und weitere fünf Tracks aus "Nach der Arbeit" (1984).
Oben drauf gibt es zwei Nummern von der "Nur ein blauer Planet"-Maxi-CD.
Track 1 und 22 sind zwei Buchstützen für das, was dazwischen passiert: Reiner Hänsch im Keller und zum Schluss mit einer Reminiszenz an die alten Tage.
So findet "Alles beim Alten" aus dem Jahr 2002 eine konsequente Fortsetzung, die nicht nur bei den Fans der sauerländichen Band sehr gut ankommen wird.
Dank der heutigen Technik konnte man verloren gegangene Original-Masterbänder einiger Titel durch das Behandeln von gut erhaltenen Schallplatten auf die CD transferieren.
Angespornt vom Erfolg gab es 2004 mit "Hallo Deutschland!" ein neues Album und 2006 folgte fast schon zwangsläuftig, nach 20 Jahren Pause, die Reinkarnation auf der Bühne: "Zoff Live! Das Album" und parallel dazu die DVD.
So komprimiert verdeutlicht "Mehr Vom Alten" die musikalischen Zoff-Qualitäten.
Bester Rock, feinster Reggae, treibender Punk sowie verdammt hinlangender Pub Rock in Dr. Feelgood-Manier und natürlich rundum mit lebensnahen deutschen Texten versehen. Selbstredend geht es nicht immer ohne eine gewisse Ironie, dem typischen Zoff-Äugsken-kneifen zu.
Geil rockende Gitarren, verzerrte Soli vom Hühnerhof und Abwechslung aus der Tasten-Abteilung sind starke Markenzeichen der Band und Sänger Reiner Hänsch zeigt am Mikrofon, wo der sauerländische "Wie im richtigen Leben"-Hammer hängt. Es lebe der Rock-betonte Reggae! Voll fett, die Martin Köhmstedt-Gitarre.
Das punkige Loblied auf das Fernsehen oder der satt-rockende "Stinkfisch" veranlassen den Hörer zum Mitsingen und das nicht nur an diesen Stellen der CD.
Die fetzige Zoff-Lesart des Rock'n'Roll belegt "Kopfschuss" und bei einem solchen Titel ist man gehalten, die Mittelgebirgs-Region in Partyland umzutaufen.
Mit den verschiedenen Auslegungen des Reggae punkten die Musiker immer wieder und der Hör-Spaß vor den Boxen wird von Nummer zu Nummer verschärft. Hält sich der Gitarrist zurück, tritt umgehend Keyboarder Reiner Burmann auf den Plan. Der versteht es ebenso gut wie die 6-Saiter, einem die Kante zu geben.
Zentrale Person der Musik-Schmiede ist Reiner Hänsch, der für alles auf dieser Compilation zur Verantwortung zu ziehen ist. Ausnahmen bestätigen natürlich auch hier die Regel: Für "Es wär' so schön gewesen" hat er zur Who-Hymne "My Generation" den Text geschrieben.
Nicole machte im Jahr 1982 in "Ein bißchen Frieden" und Zoff setzte dem ein geiles "Alles aus Pappe" entgegen. Mit der Gründung der Toten Hosen sowie den Ärzten befanden sich zwei neue Bands im Getümmel der Achtzigerjahre und Zoff gab es schon.
Die Tracks aus der "Keine Faxen mehr"-Zeit hatten schon ein etwas anderes Flair als die Vorgänger. Dennoch bleibt es beim typischen Zoff-Gelage mit unwiderstehlichen Refrain-Großtaten ("Was kost' die Welt")… »meine Gitarre brüllt euch ins Gesicht…«
Nicht nur bei der Song-Auswahl hat man sich alle erdenkliche Mühe gegeben.
Das Booklet zum Rückblick entfaltet sich zu einem ansehnlichen Poster. Da bekommt der Konsument was in die Hände. Auf der einen Seite viele Band-Farbfotos aus der alten Zeit und auf der anderen Seite ausschließlich schwarz-weiß Aufnahmen, vornehmlich von Live-Auftritten. Dazu kann man sich ja "Geschichten mit Bild" anhören.
Zum Sampler hat Reiner Hänsch auch etwas zu Papier gebracht und beipflichten kann man ihm, wenn er schreibt: »Klar, würde man heute einiges anders machen, produktionstechnisch, spielerisch und überhaupt, aber das ist es ja gerade. Heute ist heute… und das war damals.«
Unter Reiner Zoff spielte Hänsch die 85er-Maxi "Nur ein blauer Planet/Ohne dich" ein. Der Bonus kann mich jetzt nicht so vom Hocker reißen, aber bekanntlich ist das ja Geschmackssache.
Rundum bleibt bei "Mehr Vom Alten" allerdings eine mächtige Menge an klasse Songs, in ihrem Ursprung erhalten, übrig und wie so oft, geht die Zoff-Geschichte weiter…
"Bis die Tage!" bedeutet für unzählige Fans der 13.12.2008. Treffpunkt: Städt. Saalbau Iserlohn-Letmathe, 'Alle Jahre wieder… Weihnachtsrock mit Zoff'. Da wird die Hütte brennen. Viel Spaß wünsche ich jetzt schon einmal.
Line-up:
"Zoff":
Reiner Hänsch (vocals)
Reiner Burmann (keyboards)
Andreas Wulf (bass)
Hans Wegerhoff (guitar)
Melo Sobirey (drums)
"Keine Faxen mehr"
Reiner Hänsch (vocals)
Reiner Burmann (keyboards)
Andreas Wulf (bass)
Martin Köhmstedt (guitar)
Gerd Spree (drums)
"Nach der Arbeit"
Reiner Hänsch (vocals)
Reiner Burmann (keyboards)
Jan Kazda (bass)
Martin Köhmstedt (guitar)
Achim Czech (drums)
Tracklist |
01:Tach auch! (0:54)
02:Gimme Gummi (3:18)
03:Herta kommt nich' (3:52)
04:Stinkfisch (3:05)
05:Kopfschuss (2:37)
06:Faxen machen (3:32)
07:Mach dich ran (4:03)
08:Es wär' so schön gewesen (2:23)
09:Reich sein (4:28)
10:Alles aus Pappe (3:22)
11:Ganz ohne Glanz (4:27)
12:Ich will dich (4:01)
13:Was kost' die Welt (4:02)
14:Wie im richtigen Leben (4:42)
15:Fernseh'n (3:02)
16:Weil ich dich liebe (3:42)
17:Auf Kuba (3:13)
18:Kaufrausch im Kaufhaus (3:49)
19:Geschichten mit Bild (3:22)
Bonus Reiner Zoff:
20:Nur ein blauer Planet (6:08)
21:Ohne Dich (3:55)
22:Bis die Tage! (0:29)
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Externe Links:
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