The Zombies / Begin Here - The Complete Decca Mono Recordings, Odessey And Oracle -In Mono & Stereo plus The 'R.I.P.' Album
DigiPak-Cover Spielzeit: 34:03 (CD1), 53:01 (CD2), 37:23 (CD3), 68:36 (CD4)
Medium: DigiPaks
Label: Repertoire Records, 2011
Stil: Pop, Psychedelic

Review vom 04.09.2011


Ingolf Schmock
Bis heute herrscht keine verbindliche Einmütigkeit über den Rang und die nachhaltigen Qualitäten der einstigen Aussenseiter-Kapelle, welche ihren pubertären Trieben folgend die britische Beat-Szene der frühen Sechziger mit ihrer rotzigen und harmonievergorenen Musizierlaune durchaus zu beeindrucken vermochte.
Von der über den großen Teich schwappenden afroamerikanisch musizierenden Unterhaltungswelle erfasst, polterten die fünf Burschen alsbald über das zerklüftete Terrain schwarzer Gospel - und Rhythm and Blues-Götzen.
Mit frühreifem Eifer und einem glücklich erworbenen Plattenvertrag, verzapften selbige einen unverschämt charmanten Aufguss amtlicher rock'n'souliger Zeitgenossen und veredelten diesen mit einem samtenen, aber dennoch sperrigen Pop-Tenor, welcher, mit Colin Bluntstones schnoddriger rauchgebeizter Stimmgewalt und Rod Argents jazzigem Orgel-Voodoo bestückt, ungeerntete Sixties-Pop-Früchte vernaschte.
Die selbsternannten 'Untoten' und ihre vom lustbetonten Inbegriff einer aufmüpfigen Generation geprägten erfinderischen Destillate aus den Neger-Ghettos amerikanischer Moloche ignorierten schlichtweg die meinungssprengende Glaubensfrage zwischen erfinderischer Gutbürger-Popkultur aus den Liverpooler Arbeitervierteln oder Blues atmender kultivierter Hässlichkeit und frönten stattdessen ihrer Passion zum exotisch verquickten Beat.
Mit maturiert ätherischen Chören, harschen Rockgitarren und fiebrigen Orgel-Ornamenten verblüffte das um Anerkennung ringende Quintett zunächst mit den Singlehits "She's Not There" (USA 2, UK 12) und "Tell Her No" den vom R&B und auftoupiertem Schmusepop zerfressenen US-Musikzirkus und wurde in seinen Nachmittags-Tee-Zeremonien einer der Pilzkopf-Manie verfallenen Heimat fatalerweise stiefmütterlich aufs trendbestimmende Hintertreppchen verdrängt.
Die von der Decca eiligst in Rillen gepresste Sammlung mittlerweile abgehangener, aber dennoch kunstvoll aufgerauter schwarzer Gassenhauer und die 'sanften kleinen Rock-a-Boogie Balladen' verloren sich im verdichtenden Dschungel gitarrenbespaßter Swinging Sixties-Enklaven.
Die einstigen Mitschüler der St.Albans Boys Grammar School weideten sich mit polierter Großartigkeit auf ihrem in Mono abgemischten Debüt an George Gershwins Gabe für traumtänzerische Melodien ("Summertime") und der kübelweise wohltemperierten Hollywood-Pomade eines Cole Porter-Evergreens, überfrachten die makellosen und bisweilen leicht verknoteten Poporganismen mit studentisch verkopfter Koketterie und dem Lamento gefühlsverschweißter Nostalgien.
Im Vereinigten Königreich zum Insiderdasein verdammt, vermochten die Pop-Exoten im Land, wo derweil halbakustische Gitarren die kalifornische Sonne in freiheitstrunkenen Songs heraufbeschworen, kleinere Einkerbungen in der von stilschmiedenden Musik-Industrien penetrierten Messlatte zu hinterlassen, ohne dieses, wegen unüberwindlich scheinender Einreisebeschränkungen, damals besucht zu haben.
Mit der gewohnt akribischen Manier hat das qualitätsbewusste Repertoire-Label jetzt dieses Original Zombies-Fundstück bestmöglichst aufbereitet und mit dem gesamten Decca-Mono Singles und EPs-Schaffen von 1964 bis 1967 komplettiert.
Der nimmermüde Vinylstaub-Fetischist dürfte hierbei die 1966 ausschließlich in Frankreich veröffentlichte Soundtrack-Version aus Otto Premingers Psychothriller "Bunny Lake ist verschwunden" gern in seiner Vitrine wissen.
Verzückt vom bewusstseinserweiterten Experimentiertrieb sonnenverstrahlter Blumenkinder und einheimischer Musik-Colorierer schufen die fast schon resignierten Briten mittlerweile für das New Yorker CBS-Label das wohl intensivierendste Studiowerk einer Hirne aufweichenden Pop-Gegenkultur und in Paisleymustern schwelgenden Swinging London-Szenerie.
Unbeirrt vom ausgetrampelten Pilgerpfad vermehrter "Sgt. Pepper"-Blaupausen vermochten Rod Argents etwas querdenkende Songschreiber-Qualitäten und die virtuosen Fähigkeiten seiner für Böse Buben-Imagekampagnen zu glatt gebügelten musikalischen Gefolgschaft seiner Zeit durchaus instrumental visionäre Eckpunkte und den Samen progressiver Stilblüten zu setzen.
Inspiriert vom literarischen Zeitgeist schwer erschließbarer Werke amerikanischer Romanciers wie William Faulkners "A Rose For Emily" und den gut durchweichten Kompositionszitaten glitzernder Surf-Rhapsodien vertonten die keinesfalls ihren Bandnamen alle Ehre zuteil werden lassenden Protagonisten ein fettpinselig aufgetragenes und barockfarbenes Potpourri sakraler Tasten-Raffinessen, umschmeichelnder Harmonie-Gesänge und buttriger Kunst Rock-Einfälle.
Das mit sündhaft majestätischen Chören, orchestralen Mellotron-Arrangements und beatlesken Schlüsselreizen verstrahlte Resultat gilt heute als spektakulärer und kohärenter Zapfenstreich einer von damaligen Vermarktungsmechanismen verschmähten und desillusionierten Beatkapellen, welche mit ihrem verschachtelten, aber gleichzeitig fluffigen Popschmelz musikalisch zu großen Schritten vorauseilte.
Der posthum, nach dem endgültigen Bandbruch veröffentlichte Räucherfähnchen und sehnsuchtswogende Abgesang einer von immerblühenden Erdbeerfeldern und didaktischer Psychedelia verklärten Poplandschaft versank im Souterrain kreativitätsbesessener Musikerpflänzchen.
Trotz eines falsch entworfenen Plattentitels und ernüchternd katastrophalen Images, welche diese finale Produktion überschatteten, sollte dieses kompositorisch funkelnde Kleinod mit dem Jazz-faserigen Single-Erfolg "Time Of The Season" Jahrzehnte später seine wohlverdiente Rehabilitation nebst dem Einzug in den Ruhmestempel säuberlich filetierter und nachhaltig visionärer Sixties-Pop-Pionierwerke erwerben.
Repertoire Records hat bei der tontechnischen Aufarbeitung und den prachtvollen, mit reichlichen Informationen gespickten Verpackungen der wohl restlos geplünderten Zombies-Archive Bestmögliches geleistet und somit mancher vom Zahn der Zeit gezeichneten PVC-Rendite einen verjüngenden Höreindruck geschenkt.
Deshalb erscheint es nicht verwunderlich, dass die einst an Fahrt gewonnenen, von jeglichen Beweiszwängen befreiten Kreativschübe der neuerdings wieder auferstandenen britischen Feingeister, welche von ignoranten Plattenfirmen unter Verschluss genommen und in finsterste Katakomben verbannt wurden, irgendwann gehoben werden mussten.
Jene ursprünglich zum Einstampfen verurteilten Studio-Bestandsaufnahmen, welche erstmalig vollständig mit der CD-Box "Zombie Heaven" 1997 vorlagen, und deren vom rauen Garagensound völlig entkernte, bittersüß repetierende Pop-Geschwülste führen heutzutage weiß Gott nicht zu unentdeckten Ufern, dürften dennoch angesichts dieser luxuriösen Neuauflagen zahlreiche Sechziger-Aficionados und unbefleckte Retro-Sprösslinge kitzeln.
Line-up:
Rod Argent (keyboards, vocals)
Paul Atkinson (guitar, vocals)
Colin Blunstone (lead vocals)
Hugh Grundy (drums)
Chris White (bass)
Tracklist
CD 1 - Begin Here - The Original Mono LP:
01:Road Runner
02:Summertime
03:I Can't Make Up My Mind
04:The Way I Feel Inside
05:Work'n'Play
06:You've Really Got A Hold On Me
07:She's Not There
08:Sticks And Stones
09:Can't Nobody Love You
10:Woman
11:I Don't Want To Know
12:I Remember When I Loved Her
13:What More Can I Do
14:I Got My Mojo Working
CD 2 - Decca Mono Singles & EPs 1964-67:
01:You Make Me Feel Good
02:Leave Me Be
03:Kind Of Girl
04:Sometimes
05.It's Alright
06:Tell Her No
07:She's Coming Home
08:I Must Move
09:I Want You Back Again
10:Whenever You're Ready
11:I Love You
12:Is This The Dream
13:Don't Go Away
14:Nothing's Changed
15:Remember You (Soundtrack Version 'Bunny Lake Is Missing')
16:Remember You
17:Just Out Of Reach
18:Indication
19:How We Were Before
20:Gotta Get A Hold Of Myself
21:Goin' Out Of My Head
22:She Does Everything For Me
CD 3 - Odessey And Oracle - The Original Mono LP:
01:Care Of Cell 44
02:A Rose For Emily
03:Maybe After He's Gone
04:Beechwood Park
05:Brief Candles
06:Hung Up On A Dream
07:Changes
08:I Want Her She Wants Me
09:This Will Be Our Year
10:Butcher's Tale(Western front 1914)
11:Friends Of Mine
12:Time Of The Season
13:I'll Call You Mine (Bonus Single)
CD 4 - Odessey And Oracle-The Original Stereo LP:
01-12:Odessey And Oracle
13:A Rose For Emily (Alternative Mix) (Bonus Single)

'R.I.P.' The Unreleased Album
14:She Loves The Way They Love Her
15:Imagine The Swan
16:Smokey Day
17:Girl Help Me
18:I Could Spend A Day
19:Conversation Off Floral Street
20:If It Don't Work
21:I'll Call You Mine
22:I'll Keep Trying
23:I Know She Will
24:Don't Cry For Me
25:Walking In The Sun
Externe Links: