Spielzeit: 78:25 (CD); 34:00 (DVD) Medium: CD Label: Warner Bros. Records, 2008 (1983) Stil: Hard Rock, Blues Rock Review vom 10.10.2008 Moritz Alves

Kaum zu glauben, wie schnell die Zeit vergeht, denn dieses Jahr feiert ZZ Tops legendäres, achtes Studioalbum "Eliminator" bereits seinen 25. Geburtstag! Das bedeutet ein Vierteljahrhundert Hits der Marke "Gimme All Your Lovin", "Sharp Dressed Man" und "Legs", das heißt aber natürlich auch, dass ein Album, das zu den hundert meistverkauften Rockscheiben zählt und allein in den US of A Diamanten-Status (entspricht zehnmal Platin!) inne hat, noch einmal angemessen gewürdigt wird.

Über die 'little ol' band from Texas' noch große Worte zu verlieren, hieße Eulen nach Athen zu tragen (leider fällt mir gerade keine passende Südstaaten-Redensart ein). Die Herren Gibbons, Hill und Beard sind seit bald vierzig Jahren eine Institution in Sachen bluesgetränktem Hard Rock und konnten damit Musikgeschichte schreiben. Heute gelten sie als die längste in Originalbesetzung spielende Band der Welt.

Der richtig große und weltweite Erfolg stellte sich für ZZ Top allerdings erst mit dem nun neu aufgelegten Klassiker "Eliminator" ein, der mir in einer speziellen Geburtstagsedition vorliegt, ausgestattet mit massig Bonusmaterial und DVD-Beilage. Natürlich hatten die drei Urgesteine auch in den Jahren zuvor schon nennenswerte Erfolge verbuchen können (die Alben "Tres Hombres" (1973), "Fandango!" (1975) und "Tejas" (1977) setzten sich allesamt auf vorderen Chartspositionen fest), aber erst mit "Eliminator" sowie den dazugehörigen Hits und Musikvideos konnte man flächendeckend zünden.

Es war genau dieses Erfolgsrezept, das sich in den Anfangstagen von MTV (als dieser Sender seinen Namen noch mit Recht trug...) auf ganzer Linie auszahlen sollte: Griffig-schmissige Ohrwurmgaranten der Marke "Gimme All Your Lovin", "Got Me Under Pressure", "Sharp Dressed Man", "Legs" und "TV Dinners", wohlüberlegter Synthie-Einsatz kombiniert mit bluesigen Gitarren-Licks, dazu die kauzige Erscheinung der drei Protagonisten - das alles brachte unermesslichen Weltruhm. ZZ Top meisterten auf "Eliminator" gekonnt den Spagat, sich einerseits dem damaligen Zeitgeist anzupassen, andererseits aber nahezu kompromisslos ihren Wurzeln treu zu bleiben. Dieses Meisterwerk vereint geradezu spielerisch den Glanz und Glamour von MTV bzw. Hollywood mit dem staubtrocken rockenden Blues- und Boogie-Sound des texanischen Trios.

Die Hitdichte auf "Eliminator" ist immens: Allein die oben aufgelisteten Titel nehmen schon über die Hälfte der originalen, elf Songs umfassenden Trackliste ein. Sie alle haben die musikalische Karriere von ZZ Top nachhaltig geprägt, trugen aber auch zur Ausrichtung der Rockmusik in den 1980ern bei. Aber auch das restliche Material steht im Vergleich dazu keineswegs als bloßer Lückenfüller da, sondern kann ebenfalls uneingeschränkt punkten. So fällt es mir schwer, wahre Favoriten unter diesen weiteren sechs Stücken auszumachen. Denn neben groovenden Boogie-Monstern à la "I Got The Six", "Dirty Dog", "If I Could Only Flag Her Down" und "Bad Girl" befindet sich mit "I Need You Tonight" auch eine echte Blues-Ballade auf dem Album; "Thug" dagegen driftet schon in vergleichsweise sphärisch-elektrische Gefilde ab.

Abgerundet wird die Scheibe von sieben Bonus-Tracks. Eingerahmt von zwei "Legs"-Abwandlungen (die Single-Version und der fast achtminütige Dance-Mix) warten fünf raue, ungeschönte und bislang unveröffentlichte Live-Mitschnitte darauf, die lechzenden Fan-Ohren zu beschallen. Während "I Got The Six" im Marquee Club zu London mitgeschnitten wurde, positionierte man die Mikrofone für das restliche Live-Material in Castle Donnington, Leicestershire.

Damit ist das Ende der Fahnenstange aber noch lange nicht erreicht, denn wie eingangs bereits angedeutet wartet ein DVD-Silberling im schmucken DigiPak, der die vier "Eliminator"-Videos sowie vier Live-Mitschnitte aus dem britischen Fernsehen enthält.

Die Musikvideos strahlen durchweg eine herrlich trashige 1980er-Atmosphäre aus. Geradezu legendär erscheinen heute die Plüschgitarren bei "Legs", der rote Ford Hot Rod (der sich natürlich auch im "Eliminator"-Artwork wiederfindet) und der silberne ZZ Top-Schlüsselanhänger. Ergänzt um die lässigen Posen der drei Rocker, ergibt sich ein kultiges Konzept, das heutzutage zweifelsohne die Geschmäcker auseinandergehen lässt. Aber so waren die 1980er Jahre eben, da wurde an Kitsch nun mal nicht gespart. Dem einen oder anderen mögen sich bei diesen Videos zwar gewaltig die Fußnägel aufrollen, sie versetzen einen jedoch zurück in die Hochphase von MTV und damit in eine Zeit, in der gute Rockmusik noch im Mainstream-TV stattfand.

Die vier Live-Versionen wurden am 17. November 1983 im Fernseh-Format "The Tube" aufgezeichnet und zeigen das rockende Trio mit viel Spiellaune vor "Eliminator"-Kulisse. Das Publikum geht steil, die Gitarren dröhnen und das Schlagzeug wummert - herrlich! Die Performance ist unglaublich tight, die Stücke sind ganz nah an den Albumversionen dran. Höhepunkt dürfte dabei der großartige "Tube Snake Boogie" sein, der, erschienen auf "El Loco" (1981), schon damals echte Hitqualitäten offenbarte, während das restliche Material zum Zeitpunkt der Aufnahme noch vergleichsweise grün hinter den Ohren war ("Eliminator" erschien im März 1983). Und auch wenn der Sound stellenweise ein wenig undifferenziert tönt (Schlagzeug und Background-Gesänge gehen zu Anfang leider etwas unter, insgesamt ist die Aufnahme recht basslastig und stellenweise ein wenig dumpf) macht das Zuschauen unglaublich viel Freude und veranlasst den Fuß zum durchgängigen Mitwippen.

Fazit: Alles in allem ist "Eliminator" anlässlich seines 25. Jubiläums noch einmal gebührend gewürdigt worden. Das ohnehin schon verdammt starke Album beweist in komplett überarbeiteter und ergänzter Form einmal mehr, dass es zu Recht schon seit Jahren die Bezeichnung 'Klassiker' verdient hat. Abgerundet wird das CD- und DVD-Package schließlich von einem hübsch aufgemachten DigiPak inklusive dickem Booklet, das neben allen Songtexten und diversen Albuminfos auch umfangreiche Linernotes sowie schöne Fotos enthält. Wer dieses Überalbum bisher noch nicht im Regal stehen hatte, dem bietet sich hier und jetzt also die Möglichkeit, eine Lücke zu schließen und gleichzeitig so richtig fett abzusahnen. Bitte zugreifen!

Line-up:
Billy Gibbons (guitar, vocals)
Dusty Hill (bass, vocals)
Frank Beard (drums)