Wanted Man - Zum 80. Geburtstag von Johnny Cash
Unser Redakteur Markus erinnert an den 'Man in Black'.



Zwischenruf vom 26.02.2012


Markus Kerren
Johnny Cash (26.02.1932 - 12.09.2003) war ein Mann mit vielen Gesichtern... ein Superstar, ein gläubiger wie praktizierender Christ, ein suizidales Drogenwrack, ein Rebell, ein unangenehmer Kritiker was die Sozialpolitik seines Landes betraf, ein Humanist, ein Unangepasster und auch einer, der seinen Unmut ohne mit der Wimper zu zucken deutlich machen konnte. Da dürften so einige Attribute dabei sein, die man kaum vermuten würde, wenn man lediglich Mega-Hits wie etwa "Ring Of Fire" oder "I Walk The Line" kennt. Der 'Man In Black' hatte seinen Namen nicht von ungefähr...
Cash wuchs bettelarm auf einer Farm in Arkansas auf und erfuhr bereits in jungen Jahren, was es bedeutet, von der Hand in den Mund zu leben. Sehr prägend für sein soziales Gerechtigkeitsgefühl war bis zum Ende seines Lebens der Tag, als er als Kind einen seiner großen Brüder (der auch sein Vorbild war) verlor. Ein Arbeitsunfall, der durch die Nachlässigkeit bzgl. der Sicherheitsbestimmungen des 'Big Boss' entstand, der dafür aus politischen Gründen nicht mal zur Rechenschaft gezogen wurde. Nach seiner Army-Zeit in u. a. Deutschland (wo er "I Walk The Line" komponierte) wurde er in der zweiten Hälfte der Fünfziger zum Superstar in den USA.
Pausenloses Touren, das scheinbar lediglich von Plattenaufnahmen unterbrochen wurde, forderte seinen Preis und Cash entwickelte einen erschreckenden Appetit auf Alkohol und Pillen. Gefängnis-Aufenthalte (wenn auch immer nur kurze) waren keine Seltenheit, was ihn später zu großartigen Songs wie u. a. "Folsom Prison Blues" oder "San Quentin" inspirierte. Johnny Cash war spätestens seit den frühen Sechzigern ein Outlaw, der es trotzdem immer wieder mit grandiosen Songs schaffte, sich eine riesengroße Gefolgschaft zu erspielen. Nur einer von vielen Meilensteinen (der von der Politik wie auch dem Nashville-Country-Business zum Teufel gewünscht wurde) aus dem Jahr 1964 war das Album "Bitter Tears", das sich ausschließlich mit der Unterdrückung der Indianer bzw. der 'Einsperrung' dieser in Reservate und die Einstufung als 'Amerikaner der zweiten oder dritten Klasse' beschäftigte.
Für Nashville und das Mainstream-Country-Business war er anschließend gestorben, wofür der Südstaatler jedoch lediglich einen ausgestreckten Mittelfinger übrig hatte. Immer wieder thematisierte er auch für den aufrechten und blitzsauberen Wohlstands-Amerikaner unangenehme Themen wie Drogenmissbrauch (Kris Kristoffersons "Sunday Morning Coming Down"), Alkoholismus und das Scheitern im Leben (Guy Clarks "Let Him Roll") und verhalf damit anderen jungen Komponisten zu einem großen Schritt nach vorne. Eine sehr enge Freundschaft verband ihn auch mit Bob Dylan, der ein glühender Verehrer war. Was auch zu der einen oder anderen Zusammenarbeit (u. a. "Girl From The North Country" vom Dylan-Album "Nashville Skyline", 1969) führte.
Auch als Schauspieler war Johnny eine Nummer für sich, wofür hier exemplarisch nur mal die Columbo-Folge "Swan Song" (dt. Titel "Schwanengesang") aus dem Jahr 1974 genannt werden soll. Nachdem es (trotz immer sehr gut besuchten Konzerten) ab Mitte der Siebziger bis weit in die Achtziger bzgl. der Nachfrage seiner Platten sehr ruhig um Johnny Cash geworden war, ging der 'Mann in Schwarz' - auch mit Hilfe des Produzenten Rick Rubin - dann zu seinen Wurzeln zurück und nahm eine erstaunlich starke Serie von "American Recordings"-Alben auf, die man getrost bereits jetzt zu Klassikern der amerikanischen Musik zählen kann.
Johnny Cash wäre heute 80 Jahre alt geworden und RockTimes möchte dies zum Anlass nehmen, herzlich zu gratulieren und den Hut vor einem Mann zu ziehen, der bereits mehrere Generationen von Musikern inspiriert und beeinflusst hat und dessen einzigartige Stimme uns irgendwie allen fehlt. Schließen möchten wir mit dem auf Foto festgehalten Gruß, den Johnny Cash für das Country-Business in Nashville übrig hatte, das ihn jahrzehntelang scheinheilig ignorierte, nur um danach wieder angekrochen zu kommen.
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