Metal-Fanzines im Wandel der Zeit
Metal Command 4 Zum Swordbrothers 2010 Festival erschien das 4. Metal Command Fanzine. Traditionelle Metal-Bands nicht nur auf dem Konzert, sondern auch im Heft. Interessant, dass sich das 80er-Metal-Revivial nicht nur auf Bands bezieht, die so klingen (möchten) wie damals, sondern auch auf Kleidungsstil und eben Fanzines im altmodischen Sinne.



Zwischenruf vom 08.10.2010


Andrea Groh
Da manche vielleicht gar nicht wissen, was ich meine, möchte ich dazu etwas ausholen. In den 80ern, als die Metal-Szene aus dem Untergrund hervor wuchs, entstanden auch Fanzines als Gegenpart zu den Magazinen.
Was ist der Unterschied: Magazine erscheinen regelmäßig (meistens monatlich), gehören zu einem Verlag, sind am Kiosk erhältlich, gedruckt, im allgemeinen farbig und haben zumindest teilweise bezahlte Mitarbeiter und finanzieren sich durch Anzeigenkunden. Als Beispiel hierfür sei der Metal Hammer genannt, der von Anfang an als Kioskheft startete, gegründet von den Machern des Heftes Musik Szene.
Fanclubmagazine und Fanzines kamen von der anderen Seite, von der Basis und wie der Name schon sagt: von den Fans.
Bei ersteren handelte es sich um eine Publikation von/für Mitglieder eines Fanclubs (wobei es keine Rolle spielt von, oder für was dieser ist). (Musik)-Fanzines konnte man häufig über die Kleinanzeigenseite eines anderen Zines bestellen oder auf Konzerten direkt vom Ersteller kaufen. Häufig waren dies jugendliche Anhänger einer bestimmten Musikrichtung, die in mühevoller Kleinarbeit Artikel getippt, Bilder ausgeschnitten, alles zusammengestellt, kopiert und auf einfache Weise geheftet hatten. Dies ergab/ergibt natürlich eine ganz andere Optik: Schwarz-weiß und teilweise im DIN A5 Format, einfaches Layout.
Die Erscheinungsweise war meistens unberechenbar, teilweise jährlich oder wie es gerade klappte.
Was war/ist die Motivation für die Herstellung eines solchen Heftchens? Die Idee, es besser (anders) zu machen als die 'etablierten' Kioskpublikationen, mehr Untergrund und neue kleine Bands zu bringen (häufig aus dem Umfeld der Schreiber), oder einfach nur die eigene Meinung loswerden zu wollen. Dies nicht immer neutral, bei Nichtgefallen ist dann schon mal ein 'Müll. Ab in die Tonne' möglich, ebenso seitenlange Schwärmerei und Klage, warum die Göttlichkeit dieser einen Truppe bisher verkannt wurde. Also nicht unbedingt immer sachlich, doch durchaus mit Sachkenntnis.
Man kann beim Lesen zustimmen, begeistert sein oder sich über die Engstirnigkeit ärgern. Dies führte früher oft zu hitzigen Leserbriefdebatten und schriftlichen Wortgefechten. Genau dies hat es aber ausgemacht: Der rege Austausch, man fetzte sich, näherte sich an oder auch nicht. Das hatte was wie Diskussionen mit Kumpels in der Stammkneipe.
Viele Bands lernte ich zuerst auf diese Weise kennen, bevor sie größer wurden und daher in den größeren Heften auftauchten.
Manche Fanzines verschwanden schnell wieder, manche hielten jahrelang durch, manche wuchsen zu festen, regelmäßigen Veröffentlichungen heran, die durch Gründung eines Verlages zu Magazinen wurden, z.B. Rock Hard, während das Heavy (oder was) als eine Zwischenstufe gilt. Magazine suchten sich neue Schreiber häufig in der Fanzine-Szene, was dann das Ende des betreffenden Heftchens bedeuten konnte, wenn der/die Macher abgeworben wurden.
Dies war ein wichtiger Bestandteil der Metalszene (andere lasse ich hier mal außen vor), denn diese war und ist eine 'do it yourself'-Gemeinschaft, bei der viele Fans auch aktiv sind, ob als Musiker, Schreiber, Kleinstlabel oder Vertrieb. Oder um es mit Hallows Eve zu sagen: »We're all Metal merchants and there ain't no fucking stars«. Zumindest galt dies bis in die 90er hinein, dann änderte sich die Musikwelt. Musiksender und kommerzielle Hefte versuchten den Geschmack zu prägen, neue Stile entstanden, die Grunge-Welle, Nu Metal etc., was zu einer Krise an der Basis führte. Diese verschwand nie ganz, wurde aber verdrängt, womit die Zahl und das Interesse an Fanzines schrumpfte. Obwohl es auch einige wenige gab, die versuchten, die Flamme am Brennen zu halten, z. B. das Mystic Obsession / Metal Obsession.
Erst nach der Jahrtausendwende kam es zum Revival, zur Rückbesinnung auf Qualitäten der 80er Jahre. Wie ich bereits eingangs erwähnte, äußerte sich dies nicht nur darin, dass Bands wieder versuchten, wie damals zu klingen, sondern auch in den Begleiterscheinungen wie Kleidungsstil und eben, dass es trotz Internet wieder vermehrt Fanzines im altmodischen Stil gibt, während manche die Printausgabe aufgaben und lieber online gingen (z.B. Eternity).
Auch wenn heute nicht mehr auf einer alten Schreibmaschine getippt, Cover mit Schere zurechtgeschnitten etc., versuchen doch junge Fans die klassischen Fanzines wieder aufleben zu lassen und stoßen auf begeisterte Abnehmer; unter Gleichaltrigen, aber auch unter denjenigen, die sich noch an damals erinnern können.
Für diese mag es schon etwas merkwürdig erscheinen, wenn ein 1991 Geborener von der Metal-Szene im Mainz der 80er schreibt, von Bands, der er nie live sehen durfte, ich als Leserin aber schon.
So geschehen im MetalCommand 1, womit ich beim Thema wäre.
Allerdings gibt es wie eingangs erwähnt mittlerweile das Metal Command 4, daher soll dieses stellvertretend für alle heutigen Fanzines der neuen Generation Gegenstand der Betrachtung (die natürlich nicht vollständig und abschließend sein kann oder soll) sein.
Es kommt in klassischer, altmodischer Optik daher: schwarz-weiß in DinA5 Größe. Marius Chefredi (klingt ziemlich dämlich, übrigens) Marius hat mittlerweile Verstärkung bekommen, den als freien Mitarbeiter aufgeführten Daniel Müller. Gastbeiträge gibt es natürlich (wie zuvor) auch noch und die Rückblicke sind von Leuten, die es wirklich selbst erlebt haben.
Auf 60 Seiten wird eine Mischung aus Reviews von alten und neuen Scheiben geboten, dazu ein paar Live-Berichte und Interviews. Von letzteren möchte ich das hervorheben, welches Daniel mit Steve Sylvester von der legendären Horror/Okkult-Metal-Truppe Death SS geführt hat: Die Fragen zeugen von einer tiefgehenden Beschäftigung mit der Band. Leider kann man gleiches nicht von den Antworten sagen. Steve weicht da ziemlich aus, z.B. als es um den Bandnamen Death Of Steve Sylvester geht, der in seiner benutzten abgekürzten Version provokant und / oder missverständlich ist. Schade, aber das kann man dem Fragensteller nicht anlasten.
Des Weiteren darf auch ein kleiner Dio-Nachruf nicht fehlen; war trauriger Weise während der Entstehung des Heftes ein aktuelles Thema. Außerdem gibt es einige Kleinanzeigen von Bands oder Untergrund-Labeln, was sicher einerseits bei der Finanzierung etwas half, andererseits auch Einkaufstipps für die Leser darstellt.
Insgesamt ein ansprechendes Heftchen, das zeigt, dass die Szene noch (bzw. wieder) lebendig ist, auch wenn es für mich nicht an meine heiß geliebten Klassiker wie das damals weltweit bekannte Metal Warriors oder Ausgefalleneres wie Giant's Lore und Eternal Flame herankommt.
Aber immerhin ganz ordentlich, findet auf Konzerten recht guten Absatz und hat sich schon einen gewissen Status erarbeitet. Was kann man sich als Fanzine-Macher erhoffen und wünschen? Klar, jeder träumt davon, groß wie das Rock Hard zu werden und vom Schreiben leben zu können, was allerdings schon früher nur wenigen vergönnt war, selbst bei einer 'Entdeckung' und Mitarbeit für ein größeres Zine ist da selten eine finanzielle Aussicht dabei.
Im Fall vom Metal Command hat es für Marius bisher wenigstens zu einem (gleichzeitigen) Posten bei RockTimes gereicht.
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