Und wieder liegt eine Platte im Briefkasten, die einiges verspricht – und nicht wegen der roten Socken auf dem Cover …
Nein, erst einmal der Bandname, der auf Deutsch die Weinenden oder Heulsusen bedeutet. Dann die Promoterin, deren Klientel normalerweise weit von jedwedem Mainstream beheimatet ist. Weiterhin finden sich Instrumente wie Akkordeon, Ukulele, Klarinette sowie Trompete im Gear Set und schließlich das Label, welches mir bis heute unbekannt war und dessen Webauftritt nicht nach Lemmy oder Keith aussieht.
Es wird also spannend …
Wie erwartet, gehen die drei Damen unkonventionell ans Werk und wenn ich jetzt von Vokalakrobatik spreche, ist das nur die halbe Wahrheit. Vokalerotik trifft es besser und das meine ich jetzt absolut seriös. Hammer, wie der Gesang sonor und voll, einer gewaltigen Woge gleich in die Gehörgänge bricht. Das Akkordeon versprüht südländisches Flair und ich bekomme Lust auf Pastis.
Und so geht es weiter – stimmlich wird da in ganz dicke Brette gebohrt und war es bei "Belly Blue" das Akkordeon, so ist der kongeniale Partner bei "Little Poets" die Trompete und die Klarinette sorgt in "Naranjos" für wohlige Gänsehaut. Gitarre (natürlich akustisch) sowie Bassbegleitung (äußerst dezent) sind hier fast (aber notwendiges) Beiwerk, denn wie zart und schmeichelnd die Saiten auch flirren, gegen die Stimmen der Damen haben sie wenig zu melden. Im Gegensatz zu den bereits erwähnten, im Rock eher unüblichen, Instrumenten.
Aber wir haben es ja auch nicht mit Rock zu tun. Nicht mal im Entferntesten. Vokalmusik, World, Exotik, südliches Flair … keine Ahnung, aber das haut voll auf die Glocke. Selbst beschreiben Amber, Sura und Marieke ihre Musik wie folgt: »Here comes some muscal rawness, some poetic absurdity, some human tenderness, some beauty, some bullshit«. Das in Brüssel beheimatete Trio kommt mit ihrer Musik von der Straße; als Straßenmusikanten haben sie gespielt, wollen mit ihren Texten vom Leben erzählen und präsentieren mehr als wohlfeine Lyrics.
Sie spielen mit den Stimmbändern, setzen sie quasi als Instrumente ein. Im "Lonely Bird" zum Beispiel, dort wird auch erzählt – zur elegischen Stimmung der Klarinette. In "Klagende Ruhe" auch und wir dürfen dem in Deutsch vorgetragenen Text folgen. So geht das weiter und die musikalische Welt liegt quasi im Player. Flamenco, Klezmer, Mittelmeer, Naher Osten … – die drei Frauen nehmen uns mit auf eine Reise, die Schönes und weniger Schönes (aber augenzwinkernd) den Betrachtern aufzeigt.
Las Lloronas' "Out Of The Blue" ist das perfekte Material, um im Kulturradio gespielt zu werden. Und am abendlichen Grill in lauen Sommernächten. Dann kann man mit dem stimmstarken Trio auf Reisen gehen, kann in dessen Texten tauchen und sich von Klarinette, Akkordeon, Ukulele, … und vor allem von Stimmbändern durch die Nacht begleiten lassen.
Line-up Las Lloronas:
Amber in 't Veid (vocals, guitar)
Sura Solomon (vocals, accordion, ukulele, piano)
Marieke Werner (vocals, clarinet)
Guest musician;
Mateusz Malcharek (double bass)
Francisco Leal Vázquez (trumpet)
Choir:
Chandran, Bajla Mervie, Ola, Mateusz, Flavia, Dan, Veton & Kenza
Tracklist "Out Of The Blue":
Belly Blue
Pequeña
Little Poets
Naranjos
Lonely Bird
Radikale Ruhe
Rain & Sun
Au Revoir
Run
Tourbillon
El Calentamiento
Gesamtspielzeit: 43:44, Erscheinungsjahr: 2023
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