Moderner Heavy Metal, mit Southern Rock angebluest, so heißt es ... aus Münster! Das groovende Quartett Abandon Hope kommt aber sicherlich aus der südlichsten Ecke der Stadt, wagen wir mal zu vermuten. Irgendwo zwischen der örtlichen Whiskey-Destillerie und einer Lagerfeuerstätte, wo man in die laue Sommernacht hinein zusammen abhängen kann, um, vom Klang der zirpenden Grillen begleitet, die Gitarre auszupacken.
Na ja, okay, das Lagerfeuer wird dann auch mal schnell plattgewalzt und die akustische Gitarre am Baum zerschmettert. Denn Abandon Hope rocken, und das gewaltig. Da steckt viel von der biestig-melodischen Aufgekratztheit Panteras drin; und auch einiges von der tief-düsteren, schwermetallisch-endzeitlichen Whiskey-Seligkeit der Black Label Society. Abandon Hope - schon der Bandname klingt düster, und so sind auch die Atmosphären.
Stöhnend-röhrende, ölige Riffs klingen schmutzig, flutschen aber dementsprechend auch 'wie geölt' und peitschen die Mucke ordentlich voran. Die Felle von Drummer Alex sind manchmal strammer gespannt, als es laut Gebrauchsanweisung sein müsste, damit es schön kracht. Sänger Hommel singt dazu angenehm unfreundlich. Auch wenn er sicherlich kein solch Seelenschmerz flambierendes Organ wie beispielsweise ein Zakk Wylde mitbringt oder die famose Aggro-Technik eines shoutenden Russell Allen (erinnert doch diese Musik durchaus auch an Adrenaline Mob), so ist sein kehliges vokales Zutun doch mindestens sehr solide. Fies geshoutet wird zwischendurch auch mal; und ein paar aus Nu Metal-Zeiten ausgeliehende Sprechgesangs-Passagen ("Turmoil") geben dem Aufkleber 'modern' auch Sinn.
Und dann tauchen doch immer wieder sehr melodische Versatzstücke auf. Schon im Opener "Right Or Not" hebt der Gesang im Refrain zu einem Aufwärtsschlenker ab. Auch "Catharsis" startet betörend dampfwalzig und lässt später Dichte und Druck variieren, wenn es im Gesang und auch in den Solo-Lines melodiös wird. Auch "Jackyll & Daniels" (hah, super Name!) geht mit wildem Anlauf in einen getragenen, atmosphärisch Chorus; und ganz zum Schluss erstarrt der Song wie kalt werdende Lava. Am Besten gelingt der Spagat aber bei "The Core", einem Highlight des Albums: erst nackenbrechender Kopfschüttler, dann halluzinös-ruhig, in grungiger, zäher Düsternis. Später fährt man noch ein Stück weiter runter und addiert auch noch (tiefe, klaro) Pianoklänge.
Vielschichtigkeit beherrschen Abandon Hope also. So drückt "Sweet Surrender" tüchtig aufs Tempo (hat was von Evergrey und "The City" macht richtig Lärm - röhrend-rock'n'rollig und dann auch noch mit Kuhglocke - und zerrt im Refrain heavy-doomig an der Spannungskurve. Sehr auffällig - positiv auffällig - sind die beiden Stücke, zu denen man auch Videos veröffentlicht hat: "Sally" ist so eine Art 'Powerballade' mit verstörenden Clean-Arpeggien und kantigem Bombast im Wechsel - könnte auch mal auf einer Nevermore-Scheibe gewesen sein. Und dann sticht da noch der Titeltrack "Settle The Score" heraus, der gaaaanz langsam ausgepackt wird ...
Eine coole Akustik-Hookline im Stile von Handful Of Rain, man sitzt am Lagerfeuer: »Snake wiggling around my feet / Like the curse that is following me«. Dann auch Fingerschnipsen und Percussion und eine zweite Gitarre mit Southern Twang. Im Hintergrund rotiert eine Hammond mit, die Gitarre wird eingestöpselt, und nach vier Minuten wird es laut und intensiv, die Walze rollt. Feines Teil, fürwahr. Das tröstet auch darüber hinweg, dass das Album unterm Strich noch zu oft zu erwartbar klingt, nachdem man die Richtung kapiert hat - und dass der Gesamt-Wumms nicht an Kapellen wie besagte Black Label Society rankommt.
Dennoch eine feine Sache; und man hört den Jungs an, dass diese Musik genau das ist, was sie machen wollen. Und wenn eine Beschwerde der Nachbarn über Lärmbelästigung ins Haus flattert, dann über die Musik, die da drüben aus dem Keller kommt. Nicht vom Dachgeschoss, nicht aus dem ersten Stock und nicht dem Erdgeschoss. Aus dem Keller.
Line-up:
Waik Schöner (guitar, backing vocals)
Michael 'Hommel' Homborg (vocals)
Alex Salaj (drums)
Max Knemeyer (bass)
Guest musicians:
Alla Schöner (piano - #4,9)
Thomas Brucke (percussion - #5)
Wolfgang Brammertz (Hammond - #5)
Ron Brüggemann, Franz Knemeyer (shouts - #1,4)
Tracklist |
01:Right Or Not (4:33)
02:Catharsis (4:56)
03:Turmoil (4:40)
04:The Core (6:25)
05:Settle The Score (5:53)
06:Jackyll & Daniels (5:42)
07:Memories (4:18)
08:The City (4:29)
09:Sally (6:20)
10:Sweet Surrender (7:00)
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Externe Links:
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