Die Labels wollen ja alle Geld verdienen...
Rocktimes Interview …und der Abgrund öffnete sich weit und hervor kam ein Interview mit der thüringischen Band Abyzz
Sänger Arno nahm sich netterweise Zeit für uns und erzählte von Metal, Mythologie und mehr…


Interview vom 22.03.2011


Andrea Groh
RockTimes: Fangen wir mit dem Anfang an. Wieso wurde der Bandname Abyzz gewählt und warum wird dieser nicht wie üblich 'Abyss', sondern mit zwei 'z' geschrieben?
Arno: Nachdem wir uns im Frühjahr '94 gefunden und entschlossen hatten, zusammen Musik zu machen, brauchte das Projekt natürlich auch einen Namen. Und da wir uns entschlossen hatten, Metal zu spielen, sollte der Name auch passend sein, düster, stark, bedrohlich usw. Ziemlich schnell ist da 'der Abyss' ins Gespräch gekommen und angenommen worden. Der Klang und die Bedeutung gefielen uns sehr gut, uns war aber von Anfang an klar, das wir damit nicht alleine stehen würden und so entstand dann diese Schreibweise.
RockTimes: Wie kamt ihr 1994 auf die Idee, eine traditionelle Death Metal-Band zu gründen?
Eine Zeit, in der das Interesse an dieser Stilrichtung nachließ, bzw. diese mit anderen Stilen kombiniert und weiterentwickelt wurde.
Das Ganze auch noch in Deutschland, was nie eine Death Metal-Hochburg war.
Arno: Wir haben uns nie selber als Death Metal-Band gesehen und waren es am Anfang auch eher nicht! Wir selber ordnen uns ganz einfach als 'Metal' ein. Die Zuordnung zum Death Metal kam eher von außen, durch Interviews und Reviews im Laufe der Jahre. Zugegebenermaßen hat unsere musikalische Entwicklung in letzter Zeit schon dazu geführt, dass das Ganze am ehesten als 'Melodic Death Metal' verkauft wird, aber im Grunde muss sich da jeder selber ein Bild machen! Wir spielen nach wie vor Metal ...
RockTimes: Wie waren die Reaktionen von Fans und Presse?
War es schwierig, diesen nicht (mehr) so angesagten Stil zu spielen? Oder gab es da im Thüringer Untergrund eine aktive Szene?
Ist das der Grund, warum die meisten Abyzz-Veröffentlichungen Eigenproduktionen sind?
Arno: Wir waren von Anfang an eine eher live-orientierte Band! Das merken die Fans und honorieren es auch. Die Reaktionen auf Liveauftritte waren deshalb eigentlich auch immer gut. Die Grundlage für einen guten Auftritt ist natürlich gutes Material und da geben wir immer unser Bestes. Allerdings hat es (leider) bis zur Empusa gedauert, bis wir auf unseren Veröffentlichungen einen vernünftigen Sound hinbekommen haben, und das machte sich in den Rezensionen zur "Ominous Silence", "Terror Mundi" und "Warmasutra" auch bemerkbar. Das hat aber meiner Meinung nach nichts mit 'angesagten' oder 'nicht angesagten' Stil zu tun. Es gibt sowohl in Thüringen - obwohl eigentlich eher Pagan-Metal-Hochburg - als auch im Rest der Republik noch genügend Typen, die diese Art Musik mögen und/oder selber machen, und so gibt es auch eine aktive Szene dafür!
Der Grund dafür, dass bis auf eine CD von uns alles in Eigenregie veröffentlicht wurde liegt vor allem darin, dass wir nicht warten wollten, bis uns mal einer so etwas ermöglicht. Da kann man heute nicht mehr drauf zählen! Die Labels wollen ja alle Geld verdienen und nehmen halt nicht einfach jemanden ohne Namen. Andererseits redet einem auch niemand rein, oder versucht in eine bestimmte 'angesagte' Richtung zu lenken, wenn man alles selber macht und das ist uns mittlerweile auch ziemlich wichtig geworden!
RockTimes: Habt Ihr das Gefühl, dass es mittlerweile eine Entwicklung zurück zum eher 'altmodischem' Death Metal gibt, dass dieser mehr Aufmerksamkeit erhält und nicht mehr nur im Untergrund stattfindet? Dass die Leute genug haben vom Modernen und deswegen Alternativen suchen zu Metalcore und Göteborg-Sounds?
Arno: Die Tatsache, dass wir auf Konzerten immer wieder auf Bands treffen, die Death Metal machen und erst seit ein paar Jahren 'im Geschäft' sind und die Tatsache, dass diese Konzerte auch nicht schlechter besucht sind als andere, sagt mir schon, dass es da draußen immer noch genug Leute gibt, die auf 'altmodischen' Death Metal stehen! Ob das anhält, wird die Zukunft zeigen - WIR sind bereit!
RockTimes: Bekommt ihr (aufgrund der erwähnten Entwicklung) mehr und positivere Reaktionen?
Wie sieht es mit der neuen CD "Empusa" diesbezüglich aus?
Arno: Wir bekommen in letzter Zeit schon mehr Reaktionen, meistens positiv, aber das liegt aus meiner Sicht nicht an der 'Rückkehr' des Death Metal, sondern eher daran, dass wir uns in den 17 Jahren Bandgeschichte doch so langsam einen Namen gemacht haben. Außerdem sind natürlich die Möglichkeiten, Werbung zu machen durch Internet und Co. unwahrscheinlich angestiegen, so dass wir einfach mehr Leute erreichen können! Und nicht zuletzt hat unsere Zusammenarbeit mit Infinite Metal Promotion auch einen erheblichen Beitrag dazu geleistet!
Mit der "Empusa"-CD haben wir unser bis jetzt bestes Album veröffentlicht. Ich weiß, das sagen sie alle, aber bei uns liegt das vor allem daran, dass wir endlich den Sound gefunden haben, der zu uns passt und vor allem den Menschen, der das auch eins zu eins umsetzen konnte! Der Gang in das Klangbunker-Tonstudio war definitiv die richtige Entscheidung! Das sagen uns auch die - größtenteils - guten Bewertungen im In- und Ausland!
RockTimes: Wie kamt ihr auf die Idee mit der titelgebenden griechischen Sagengestalt? Diese ist nicht so geläufig wie z.B. Medusa.
Arno: Darauf ist unser Drummer Bolzen gekommen - allerdings über Umwege. Bolzen ist ein absoluter Filmfreak, speziell in Sachen alte Schwarz-Weiß-Filme, und in einem alten Dracula-Film hieß das Schiff, welches den Vampir nach Europa brachte, eben "Empusa". Bei der weiteren Recherche stellte sich dann heraus, dass die Empusa selber ja so eine Art 'griechischer Vampir' ist und damit war dann auch alles klar! Wir wollen damit allerdings NICHT auf den derzeitigen Vampir-Wahnsinn eingehen! Die Empusa dient uns als Metapher dafür, das Situationen und Lebensumstände, die zuerst eigentlich ganz gut aussehen, im Nachhinein ganz schnell schief gehen und 'hässlich' werden können. So ähnlich wie die Empusa, die erst als verführerische Frau lockt, um dann die Lebenskraft zu rauben.
RockTimes: Wenn ich Titel wie "Inanna's Sleep" (von der "Warmasutra") und aktuell "Hekate" sehe, könnte ich vermuten, dass ihr Sagen des klassischen Altertums und des Zweistromlandes mögt. Da ich selbst so etwas gerne lese, interessiert mich natürlich auch, was eure Favoriten in dieser Richtung sind.
Arno: Diese Titel gehen von unserem Gitarristen Krusty aus, der in dieser Richtung einen Faible hat. Sein Interesse reicht von Sumerischer und Babylonischer Mythologie und Religion, über 'klassische' griechische und römische Entsprechungen bis hin zu den nordischen und germanischen Heldenepen. Da er ja mein Bruder ist und wir zusammen auch noch einer anderen Freizeitbeschäftigung frönen, die mit Geschichte direkt zu tun hat (wir sind in einer Vereinigung, die Mittelalter-Reenactment betreibt) und wir uns deswegen häufig über so etwas unterhalten, kann das schon sehr inspirierend sein, wenn ich einen neuen Text schreibe.
RockTimes: Damit komme ich zur Frage, welche Bücher und/oder Filme ihr außerdem bevorzugt.
Arno: Das alles aufzuzählen würde den Rahmen ganz schön sprengen! Kurz gesagt, bis auf seichte Liebes- und Beziehungsgeschichten kann für uns alles interessant sein!
RockTimes: Doch bei Abyzz scheint es ja nicht nur fiktive Inhalte zu geben, sondern auch Probleme wie Selbstmordattentate werden angesprochen. Was wollt ihr mit "And Now You're Die" mitteilen? Und steckt hinter der 'holprigen Grammatik' eine versteckte Absicht?
Arno: Die 'holprige Grammatik' hat jedenfalls dazu geführt, das der Titel auffällt, war allerdings nicht so beabsichtigt! Ansonsten geht es in dem Lied zwar auch um Selbstmord-Attentäter, aber eben nicht nur! Mir ging es eher um die Sachen, zu denen Menschen mit unterschiedlichen Mitteln getrieben, gezwungen, verführt und überredet werden und die zum Tod führen. Und es geht um den Zeitpunkt, an dem Gevatter Hein vor einem steht und sagt: »Und JETZT stirbst DU!«, und darum, ob man dann sagen kann: »Okay, mein Leben war gut, ich habe es ausgefüllt«, oder ob man sich nicht selber eingestehen muss, das andere das eigene Leben bestimmt haben! Nichts desto trotz sind Selbstmord-Attentate für mich die niederträchtigste Form von Gehirnwäsche, die ich kenne! Schließlich sind die Arschlöcher, die diese Vorgehensweise propagieren und als legitimes, gottgefälliges Mittel im 'Kampf gegen die Feinde' preisen in den seltensten Fällen dazu bereit, selber zur Tat zu schreiten, und ihrem äußerst überflüssigem Leben auf diese Weise ein - viel zu spätes - Ende zu setzen!! So was macht mich echt sauer, und ich glaube, das hört man dem Lied auch an.
RockTimes: Was beeinflusst euch außerdem noch beim Texte schreiben und bei der Musik?
Welches sind eure musikalischen Vorbilder?
Arno: Ich persönlich verarbeite in den Texten größtenteils Sachen aus meinem Leben, die mich bewegen, beeinflussen und antreiben. Manchmal schaffe ich es auch, auf Vorschläge von meinen Bandkollegen einzugehen und Texte daraus zu machen, aber meistens sind die Songs ein Stück weit persönlich motiviert. Die musikalische Umsetzung wird im Proberaum von allen gemeinsam erarbeitet, ich achte dann nur noch darauf, dass die instrumentale Grundstimmung zur Textaussage passt.
Musikalische Vorbilder gibt es bei uns nicht direkt, eher musikalische Einflüsse! Wenn wir als Band unbedingt wie eine bestimmte bekannte Band oder ein bekannter Künstler hätten klingen wollten, wären wir 'ne Coverband geworden! Wir wollten schon immer unser eigenes Ding machen und das tun wir ja auch! Aber bestimmte Einflüsse von außen erfährt wohl jeder, egal ob Band, Maler oder Dichter! Und diese Einflüsse sind ziemlich breit gestreut, da es nur wenige Musikrichtungen gibt, die von uns gar nicht gehört werden
RockTimes: Eine Frage kann ich mir zum Schluss nicht verkneifen: Euer einer Gitarrist ist bestimmt Fan der "Simpsons" - oder wie kam er auf 'Krusty'? (zum Glück hat er nicht 'Apu Nahasapeemapetilon' gewählt…)
Arno: Daneben getippt! Der Name geht eher auf eine Situation (und ein Foto) zurück, in der unser Gitarrengott durch widrige Umwelteinflüsse seinem Namensvetter aus der bekannten Comic-Serie zum Verwechseln ähnlich sah! Da hatte er allerdings auch noch lange Haare, ist also schon 'ne Weile her . ..
RockTimes: Okay, dann bedanke ich mich dafür, dass ihr euch Zeit genommen habt, und falls ihr noch abschließende Wort an unsere Leser richten wollt habt ihr jetzt die Gelegenheit.
Arno: Zunächst einmal danken wir für die Möglichkeit dieses Interviews und euer Interesse an uns!
Und an alle da draußen: Bleibt wie ihr seid, hört weiter was IHR wollt, lasst euch nicht reinreden und: SUPPORT THE UNDERGROUND!!
ROCK'N'ROLL!!
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