Neues aus Buenos Aires! Acid Rain haben sich nach ihrem weltweiten Bewerbungsalbum The Descending Line keine Millisekunde lang auf den wohlwollenden und nach Mehr schreienden Reviews ausgeruht. Hier ist der Nachfolger, "Shallow Paradise" ... und der bietet 'mehr'. Und zwar nicht nur eine gute dreiviertel Stunde mehr Musik, sondern auch mehr künstlerische Atemluft. Yep, das war ein Schritt nach vorn; sie klingen weitaus weniger wie ein gut sortierter Dream Theater-Fanclub als noch im vergangenen Jahr.
Acid Rain sind mehr in die Nähe von (Keyboard-)Prog Metal-Truppen nachwachsender Generationen gerückt, zum Beispiel Pathosray, Empty Tremor oder Andromeda. Aber auch an die brasilianischen Melodie-Extremisten von Angra erinnern sie mich zuweilen. Selbst 'schuld': Groß(artig)e Melodiebögen prägen das Klangbild der Band, inbrünstig vorgetragen von dem nicht aus der Gruppe wegzudenkenden Charismatiker Sebastian Fernández am Mikrofon.
Egal, ob es jetzt Stücke sind wie "The Brightest Star", das eher in Richtung straightem Melodic Metal tendiert, oder ein komplex kredenzter progressiver Schichtsalat wie "Legion Of Liars" mit geilen Breaks und megascharfen Richtungswechseln: All diese Refrains brennen sich beim Hören sofort ein. Aber die Melodien sind nicht kitschig, sondern hymnisch-schwermetallisch. Vokales Highlight: Die Tempo-Nummer "Violent Hill", die mit Gesangslinien im durchgehend hohen Bereich die Spannung beständig oben hält.
Saustark sind auch "Inwards", "Lysergic" und "A Way Out", das durch ein paar Schnipsel gefährlichen Gekeifes noch ein bisschen was 'Böses' bekommt. Allerorten beeindrucken tief grummelnde, heavy rumorende Gitarrenriffs und punktgenau abgefeuerte, fett klingende Double Bass-Salven. Die gesamte Rhythmussektion macht Druck, und zwar technisch raffiniert und atmosphärisch abwechslungsreich.
Apropos Abwechslung: Die epische Halbballade "Far Away" mit ihrem Akustikgitarren- und Piano-Drive und 'eingeslidetem' Power-Refrain fällt angenehm aus dem Rahmen. Das gilt allerdings noch mehr für "Change", eine edle Metal-Ballade wie von einer anderen Welt, geprägt von zerbrechlich-melancholischen Klavierklängen (als Bonusversion zusätzlich rein akustisch ohne metallischen Kraftausbruch). Ich denke an Savatage zu ihren besten Zeiten, staune und lausche im Endlos-Repeat-Modus!
"Change" ist bei einem durchweg gelungenen Album noch so was wie der Amaretto-Keks neben dem Latte-Macchiato-Glas ... und tröstet über kleinere ... naja, 'Schwächen' hinweg, die man aber nur als solche wahrnimmt, wenn man es drauf anlegt. Denn man könnte bei den Keyboards dann doch noch den Kohledurchschlag des Traumtheaters monieren. Oder dass sie sich eben dieses Mal ganz gut mit anderen Genre-Kollegen vergleichen lassen. Aber so ist nun mal Musik ... und die hier ist ganz, ganz stark! Acid Rain sind mit "Shallow Paradise" eben keine Mitläufer, sondern Mitgestalter - das ist der Unterschied, der die Kaufempfehlung bedeutet. Thumbs up!
Line-up:
Sebastian Fernández (vocals)
Fernando Culen (guitars)
Andrés Blanco (keyboards)
Ezequiel Giménez (bass guitar)
Martín Magliano (drums & percussion)
Tracklist |
01:Inwards (3:29)
02:Violent Hill (3:22)
03:Shallow Paradise (3:35)
04:Legion Of Liars (4:31)
05:Change (3:57)
06:Lysergic (4:02)
07:The Brightest Star (4:43)
08:Crying Days (4:41)
09:Far Away (5:17)
10:A Way Out (4:52)
11:Change (Acoustic Version) [3:53]
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