Amaranthe / Massive Addictive
Massive Addictive Spielzeit: 41:13
Medium: CD
Label: Spinefarm Records, 2014
Stil: Melodic Metal

Review vom 08.11.2014


Boris Theobald
Nicht neu, aber oho - mit ihrem dritten Studioalbum "Massive Addictive" gehen die Schweden von Amaranthe ihren Weg beharrlich weiter. Nein, sie können ihr starkes Debüt von 2011 und den ebenso hochklassigen Nachfolger The Nexus (2013) nicht überbieten. Auch 'fehlt' es an Überraschungen und Aha-Effekten. Fraglich ist freilich, ob man die braucht. Denn Amaranthe klingen so was von nach Amaranthe! Und allein, dass man das über den Sechserpack sagen kann, zeigt, dass die Gruppe in ihrer noch kurzen Karriere schon mächtig Eindruck geschunden hat. Ja, davon wollte und will und kriegt nun mehr. Wirklich 'neu' ist aber nur Schreihals Henrik Englund Wilhelmsson, der den bisherigen Screamer Andy ersetzt. 'Screamer', jawohl, so muss man das nennen. Denn typisch Amaranthe ist, dass die Mikrofonaufgaben verteilt sind auf Sängerin und Frontfrau Elize Ryd, Jake E für den klaren und eben nun jenen Henrik, der die bösen Gesangsparts zuliefert - nicht unähnlich Marco Hietala bei Nightwish.
Die Kombination aus den Dreien funktioniert bestens. Über den bombastischen Powergrooves der Rhythmussektion, den Double Bass-Salven und düster wie präzise grölenden Stakkato-Riffs kombinieren sich die Stimmen ausdrucksstarke Vokalkombinationen zusammen. Die Nummer-eins-Stimme Elizes bekommt vornehmlich in sehr hohen Tonlagen zu tun, mit großartig gemeisterten Melodiespitzen in ekstatische Sphären. Bei "Dynamite" und "Unreal" startet sie von null auf hundert - ziemlich beeindruckend. Jake E markiert des Öfteren den Einstieg, beispielsweise bei "Trinity", "Over And Done" und "Skyline", um für Elize eine gute Bühne vorzubereiten. Gelungen sind aber auch parallele Gesangsparts der beiden wie im Chorus des Titeltracks "Massive Addictive". Je mehr Gesangsstimmen, desto mehr Wucht - und in der Kombination der beiden ist es eine äußerst edle Form von Wucht. Shouter Henrik übernimmt mit seinen wutzigen Vocals oftmals die Rolle eines böse klingenden 'Kommentators' und Echogebers. Bei "Danger Zone" und "An Ordinary Abnormality" darf er aber auch den Anfang machen, akustisch so richtig schön 'unnett' mit der Tür ins Haus fallen und den Songs einen bösen Anstrich geben.
Mit Jakes klaren und Elizes malerisch-melodischen Vocals kombinieren sich auch diese Songs jedoch zu einem dynamischen Gemisch aus Härte und Bombast, Atmosphärik und den typisch ausschweifenden Melodien der Band. Die machen die Refrains auch auf diesem Album zu eingängigen Schnellzündern, wenngleich auch Melodien 'für die Ewigkeit' ein wenig Mangelware sind. Ein richtiger Hammersong wie "Mechanical Illusion" auf "The Nexus" fehlt dieses Mal - auch wenn sich "Unreal" ein wenig als 'kleiner Bruder' anschickt. Dennoch sucht man Enttäuschungen auf "Massive Addictive" vergebens. Und auch für Abwechslung wird gesorgt; nicht nur was butterweich und knüppelhart angeht, sondern auch in den Drives der Stücke. Mal wird tierisch Gas gegeben ("An Ordinary Abnormality", hossa), mal stampft man schwergewichtig im Mitteltempo; und auch (Power-)Balladen sind mit den wehmütigen "True" und "Over And Done" am Start.
Und so bietet "Massive Addictive" eine knappe dreiviertel Stunde lang allerbeste Unterhaltung mit viel, viel Energie und dieser kurzweiligen, typisch 'perfekt' produzierten Amaranthe-Melange, garniert mit passgenauen Heavy Metal-Soli. Fans von Nightwish, Krypteria, Lacuna Coil, Evanescence oder Disturbed sollten sich das mal anhören. Und das Zitat aus dem Review zum Vorgängeralbum stimmt zwar immer noch ...
»Die Band bleibt mit ihrem modern-melodisch-bösem Metalmix eine Bereicherung der Metalszene und macht mächtig Laune. Ein Freibrief für die Zukunft ist das freilich nicht - beim nächsten Mal muss vielleicht doch mal die ein oder andere Überraschung her.«
... aber, was soll ich sagen: Es gibt eine Fristverlängerung! Die neue Scheibe überrascht eben nicht - und wer will, darf enttäuscht sein. Amaranthe sind aber so eigenständig, dass ich diesen Nachschub gern so nehme, wie er ist und weiterempfehle. Der Stoff ist eben zu gut, um ihn nicht zu mögen. Aber beim nächsten Mal ... na ja, ihr wisst schon.
Line-up:
Elize (vocals)
Henrik Englund Wilhelmsson (screams)
Jake E (vocals)
Olof Mörck (guitars & keys)
Johan Andreassen (bass)
Morten Løwe Sørensen (drums)
Tracklist
01:Dynamite (3:14)
02:Drop Dead Cynical (3:18)
03:Trinity (3:12)
04:Massive Addictive (3:29)
05:Digital World (3:18)
06:True (3:32)
07:Unreal (3:36)
08:Over And Done (3:39)
09:Danger Zone (3:02)
10:Skyline (3:40)
11:An Ordinary Abnormality (3:29)
12:Exhale (3:44)
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