Amberian Dawn / End Of Eden
End Of Eden Spielzeit: 44:30
Medium: CD
Label: Spinefarm Records, 2010
Stil: Symphonic Metal

Review vom 05.11.2010


Boris Theobald
Amberian Dawn? - »Finnisch gut!« ... um mal einen der wortverspielten Werbeslogans einer großen saarländischen Brauerei aus den vergangenen Jahren in einen neuen Kontext zu verfrachten. Aber es geht nicht um den Genuss saarpfälzisch-herber Pilsbrause in einer nordisch inspirierten Sauna-Situation, sondern um das, was Amberian Dawn in ihrem musikalischen Arbeitseifer zusammengebraut haben. Die finnischen Symphonik-Bombastiker veröffentlichen ihre Alben ja schon mit penibler Zuverlässigkeit im Ein-Jahres-Rhythmus; "End Of Eden" ist schon das dritte Album seit 2008.
Erneut bedient die Band Metal-Fans, die es bombastisch-opulent mögen und die bei Nightwish womöglich den eher unfreiwilligen Abgang einer Tarja Turunen nie so recht verdaut haben. Zu diesem Thema gibt es natürlich verschiedene Meinungen. Doch Fakt ist: Die neuen Nightwish sind nicht mehr die selben, die sie zu Beginn ihrer Karriere waren. Und das, was sie damals so speziell gemacht hatte und nicht länger Teil der Band ist, das liefern die Landsmänner (und die Landsfrau) von Amberian Dawn. Denn Sängerin Heidis Markenzeichen ist klassischer, opernhafter, zuweilen Pathos-beladener Gesang.
Besonders Freunde von Alben wie "Wishmaster" dürften hellauf begeistert sein. Klar, an Gesangsvergleichen mit Lichtgestalten scheiden sich die Geister. Ganz so edel und inbrünstig wie Tarja klingt Heidi vielleicht auch nicht. Aber die geheimnisvoll-dramatische Umgebung, in der sie stimmlich ausschweifend lustwandelt, macht "End Of Eden" schon zu einem prunkvoll-illustren Fantasyfilm-Hörerlebnis. Und ein paar der stark Ohrwurm-gefährdeten Melodien sind schon klasse und gehen über eine bloße 'Sing mal was, das passt'-Veranstaltung hinaus.
Amberian Dawn werden zur gleichen Zeit aber auch zusehends zu deutlich mehr als einem Nightwish-Klon! Der Schuldige ist schnell ausgemacht: Es ist Gitarrist Tuoman Seppälä, der auf "End Of Eden" offensiv aus sich raus geht und zeigt, was er auf der Pfanne hat. In jedem einzelnen Song zockt er genialste neoklassische Gitarrensoli aus den Saiten. Inspiration dürfte nicht nur
Yngwie Malmsteen sein, sondern auch ganz stark Michael Romeo - immer wieder klingen sogar atmosphärische Anleihen an frühe Symphony X ("The Damnation Game",
The Divine Wings Of Tragedy, "Twilight In Olympus") durch.
Das liegt nicht nur an den Keyboard-Zusätzen mit mystischer Einfärbung und einem markanten rhythmischen Unterbau, sondern auch am Klang der Gitarren sowie schlicht und einfach am ziemlich phänomenalen Können des Herrn Seppälä. Wie er den Hörer teils schon während des Chorusses mit seinen Soli 'abholt' und ihm in majestätischen klassischen und barocken Harmonien die Sinne vernebelt ... mein lieber Herr Gitarrenlehrer, das ist Weltklasse! Zur kreativen Dimension der Instrumentalpassagen - die stecken unter anderem voller unerwarteter Tempowechsel - gesellt sich eine beneidenswerte Fingerfertigkeit.
Klasse ist unter anderem "Field Of Serpents", dessen Frickeleien eine kleine Hommage an Korsakows "Hummelflug" sein könnten. Seppälä hat dieses Mal noch einen speziellen 'Partner in crime', denn Amberian Dawn haben keinen Geringeren als Keyboard-Virtuose Jens Johansson (u.a. Stratovarius, Ex-Malmsteen) als Gastklimperer zum ein oder anderen Flitzefinger-Duell gewinnen können. Und nicht nur im Solo-Bereich liegen Amberian Dawn weit über Durchschnitt - das färbt auch auf den 'Rest' ab: Die filigranen Speed Metal-Riffs sind schon bestechend tight geraten, und in getragenen Mid-Tempo-Sphären überzeugt man mit groovenden Staccato-Riffs.
Alles in allem also ein überzeugendes Paket aus kleinteiliger Präzisionsarbeit im bombastischen Umfeld. Der Gefahr des Ermüdungseffektes durch einigermaßen vorhersehbare atmosphärische Variationen wirkt die durchaus überraschende rhythmische und dynamische Vielfalt dieser Platte entgegen. Ein arges Break bildet Heidis finnisches und ganz und gar unmetallisches Duett "Virvatulen Laulu" mit Opernsänger Markus Nieminen. Naja, das ist Geschmackssache - gebraucht hätte es das sicher nicht, dafür gibt es aber auch keine Ballade; und so hat das Album seinen Ruhepunkt, bevor es zum epischen Finale "War In Heaven" ausholt. Bis auf Details gibt es so wie so nix zu meckern - "End Of Eden" ist ein starkes Teil, mit dem sich die Band insbesondere in instrumentaler Hinsicht weiter von Nightwish emanzipiert hat.
Line-up:
Heidi Parviainen (vocals)
Tuomas Seppälä (guitar, keyboard)
Kasperi Heikkinen (guitar)
Emil Pohjalainen (guitar)
Tommi Kuri (bass)
Joonas Pykälä-Aho (drums)
Guest musician:
Markus Nieminen (vocals - #9)
Jens Johansson (keyboard)
Peter James Goodman (vocals - #10)
Tracklist
01:Talisman (3:40)
02:Come Now Follow (3:47)
03:Arctica (4:59)
04:Ghostly Echoes (5:43)
05:Sampo (3:12)
06:Blackbird (3:57)
07:Field Of Serpents (3:39)
08:City Of Corruption (4:19)
09:Virvatulen Laulu (3:45)
10:War In Heaven (7:24)
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