Aus dem US-Bundesstaat North Carolina kommen American Aquarium, die ihr Debütalbum "Antique Hearts" im Jahr 2006 veröffentlichten und darauf alle zwölf Monate ein weiteres folgen ließen. Mir liegt mit "Small Town Hymns" der fünfte Silberling des amerikanischen Sextetts vor und ich freue mich, nach dem hier vor kurzem besprochenen Take Up Your Mat & Walk von Deadman schon wieder ein richtig starkes Alternative Country-/Roots-Album vorstellen zu dürfen. Anders als bei den Vorgenannten geht der Sound der hier zu besprechenden Band allerdings weniger in Richtung von The Band, sondern orientiert sich vielmehr am Texas-Sound. Zumindest setzen die Mannen um Sänger und Songwriter BJ Barham eher solche Assoziationen in mir frei.
Ein Grund dafür ist die häufig sehr dominant eingesetzte Pedal Steel von Whit Wright, der die Songs aufgrund einer ansonsten fehlenden elektrischen Gitarre ein ums andere Mal verfeinert. Der mit Jazz-Besen gespielte Shuffle "Hurricane" macht schon gleich am Anfang klar, auf was wir uns hier einstellen können. Gutes Songwriting trifft auf einen warmen, erdigen Sound mit viel Gefühl und die Titel verfügen eher mehr als weniger über eine schaurig-schöne Schwermütigkeit. Dass American Aquarium aber auch anders können, zeigen sie mit ihren schnelleren, rockigeren Stücken wie z. B. "Nothing To Lose". Nicht weniger überzeugend kommt das, denn neben den technischen Fertigkeiten der Musiker überzeugen auch die Arrangements.
Einen richtig flotten Country Rocker bekommen wir mit "Rattlesnake" serviert, bei dem Barham von dem souligen Gesang der Background-Ladies Cory Branan und Caitlin Cory im Refrain unterstützt wird. Insgesamt kommt der Gesang des Frontmanns sehr passend, wenn man auch feststellen muss, dass er mit seinen Vocals bei den ruhigeren Nummern (durch jede Menge Feeling) etwas höher punkten kann, als bei den Uptempo-Titeln. Die Melodie-Führung der Gesangslinien von "Brother Oh Brother" glaubt man zwar schon öfter gehört zu haben, dennoch sind diese aber so wunderbar eingängig, dass man das gerne in Kauf nimmt.
Das Western- (der Musikstil, nicht die Filme) angehauchte "Meredith" erzählt eine gespenstische Geschichte über eine verlorene Liebe, die durch die musikalische Umsetzung eine nicht enden wollende Weite wie auch Leere vor dem geistigen Auge aufblitzen lässt. Da versprüht "Gone Long Gone" durch die 'sonnigere' Instrumentierung wieder ein ganz anderes Bild, obwohl die Thematik hier nicht wesentlich anders oder gar aufmunternder ist. Ein schönes Hammond-Solo heitert die Stimmung allerdings genauso wieder auf, wie die hier extrovertierteren Vocals. Wie unter anderem mit "Hard To Quit" schaffen es American Aquarium immer wieder, einen kleinen Film im Kopf des Hörers zu starten, was den immer wieder gerne auf den Silberling zurückgreifen lässt.
Hymnen auf Kleinstädte ("Small Town Hymns"), deren Eigenleben eigentlich niemand wirklich zur Kenntnis nimmt, sind der Fokus dieser Scheibe und der Track, der dieses Motto wie kein anderer repräsentiert, ist "Reidsville". Der Protagonist erzählt von seinem eigenen Leben, den kleinen und großen Problemen in einem kleinen Kaff irgendwo im Niemandsland des amerikanischen Mitteren Westens sowie dem lähmenden Gefühl, irgendwie vom Rest der Welt vergessen worden zu sein. "Coffee & Cigarettes" verfügt dann wieder über dieses Western-Feeling, während "Water In The Well", anfangs nur mit akustischer Gitarre und Gesang, zu meinen absoluten Favoriten des Albums gehört und durch ebenso starke wie eindringliche Vocals überzeugt.
American Aquarium nehmen den Hörer auf "Small Town Hymns" äußerst stimmig in ein kleines, gottverlassenes Nest irgendwo in den Vereinigten Staaten mit, das ganz sicher schon bessere Tage gesehen hat. Wie die Musiker hier aber ein vollständiges Bild von einem Leben zwischen Frustration, Resignation und nie endender Hoffnung erschaffen, das hat sowohl Stil wie auch Qualität. Das Songwriting, die Arrangements wie auch der Gesamtsound sind durch und durch geglückt. Insgesamt durchzieht die Scheibe eine etwas bedrückende Melancholie, die aber als stilistisches Mittel absolut angebracht ist und ihren Zweck voll und ganz erfüllt. Und zwischendrin wird's ja auch immer wieder schön rockig, sodass von Langeweile keine Spur ist.
Starkes und atmosphärisch dichtes Teil, für das ich zum schnellen Anchecken "Hurricane", "Rattlesnake" und "Water In The Well" empfehle.
Line-up:
BJ Barham (vocals, acoustic guitars)
Zack Brown (piano, Wurlitzer)
Bill Corbin (electric & upright bass)
Kevin McClain (drums)
Jay Shirley (Hammond B3)
Whit Wright (pedal steel guitar)
With:
Kevin Larkin (mandolin)
Dave Woolworth (bowed upright bass)
JT Lack (banjo)
Ferd Moyse (violin)
Cory Branan (vocals)
Caitlin Cary (vocals)
Tracklist |
01:Hurricane
02:Nothing To Lose
03:Reidsville
04:Coffee & Cigarettes
05:Meredith
06:Water In The Well
07:Rattlesnake
08:Brother Oh Brother
09:Gone Long Gone
10:Hard To Quit
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