Anathema / 17.06.2010, Batschkapp, Frankfurt
Batschkapp Anathema
Batschkapp, Frankfurt
17. Juni 2010
Stil: Atmospheric Rock
Konzertbericht



Artikel vom 23.06.2010

       
Andrea Groh                  Jens Groh (Fotos)
Anathema Nach jahrelanger Pause bewiesen Anathema mit ihrer aktuellen CD, dass sie wieder 'hier' sind. Dies war bereits ein Grund zu Freude, welche noch größer wurde, als ich die Tourankündigung auf der Homepage entdeckte. Anathema sind also nicht nur auf Silberscheibe, sondern auch live in Deutschland 'hier'. Zwar nur dreimal, aber einmal davon in unserer Nähe. Klasse, denn obwohl ich die Band schon lange höre, hatte ich es bisher nicht geschafft, sie einmal live zu sehen.
Im Vorfeld stellten sich mir folgende Fragen: Würden sie auch alte Songs spielen, aus der Zeit bevor die Cavanagh-Brüder das Zepter ganz übernahmen und als Darren noch gesungen hatte? Wie funktioniert diese, doch meist recht ruhige Musik live? Was macht das Publikum dabei? Stehen und staunen?
Anathema Die Überlegung, welche Vorgruppe dazu passen könnte, stellte sich als überflüssig heraus, denn es gab keine, auch wenn auf dem Plakat »und Gäste« stand. Also Anathema pur, die kurz nach 21 Uhr mit dem ersten Track der aktuellen CD "Thin Air" loslegten.
Danach folgte ein Dreierpack von der "Judgement", sehr zu meiner Freude, da ich diese immer noch für ihr schönstes Werk halte. Noch im Auto hatte ich spekuliert und gewünscht, sie würden "Forgotten Hopes" spielen und bereits beim dritten Stück war dies in Erfüllung gegangen. Schon da hätte ich vor Begeisterung versinken können und dachte, es könne unendlich so weitergehen…
Anathema Dann nach der ersten Ansage des Abends folgten mit "Dreaming Light" und "Everything" wiederum zwei neue Songs, bevor mit "Inner Silence" zur Alternative 4 geschwenkt wurde. Bereits zu diesem Zeitpunkt waren die Publikumsreaktionen erstaunlich und sollten sich noch weiter steigern.
Nichts von wegen 'stehen und staunen' oder wie ich im Vorfeld gehört hatte 'im Stehen schlafen' - auch wenn Anathemas Musik eigentlich eher ruhig ist, wirkte sie live meistens mitreißend, oft richtig rockig zwischen den ruhigen sphärischen Momenten, die einen wunderschönen verträumten Kontrast setzten, aus einer anderen Welt zu kommen schienen.
Beide Aspekte waren unglaublich intensiv und faszinierend. Es fiel schwer, sich kurz davon loszureißen, um mal etwas zu trinken zu holen - nur einmal siegte der Durst.
Anathema Der Sound war warm und angenehm, nicht zu laut, aber klar und überall gut hörbar. Vincent Cavanagh sang großartig und wechselte zudem ohne Probleme zwischen mehreren Gitarren hin- und her, akustisch, semi-akustisch und elektrisch.
Vokalunterstützung erhielt er von seinem Bruder Daniel (Gitarre), außerdem von Sängerin Lee Douglas, die jedoch nach ihren Parts stets schnell hinter der Bühne verschwunden war.
Eines der Highlights mit ihr war "Angels Walk Among Us", welches auf der "We're Here Because We're Here" HIMs Ville Valo dabei hatte, aber auch ohne ihn sehr gut ankam.
Anathema Es war wirklich unglaublich, wie Band und Publikum sich gegenseitig immer mehr begeisterten und steigerten, der Jubel wurde immer lauter und das Grinsen auf den Gesichtern der Cavanagh-Brüder immer breiter. Dabei war es egal, ob das Material von der letzten Scheibe war oder von "A Natural Desaster", "A Fine Day To Exit" oder noch mal von der "Jugdement", wobei manche Songs in der Akustik-Version gespielt wurden (die 2008 erschienene "Hindsight" erhielt neun derartiger Remakes).
Besonders emotional war folgende Ansage: Anathema bedankten sich für den Enthusiasmus einer Gruppe von Iranern, diese waren nämlich extra für dieses Konzert nach Deutschland gereist. Das sind dann mal wirkliche Fans. Ihnen wurde "Are You There?" gewidmet.
Anathema Ansonsten war die Menge gut gemischt, viele junge und ein paar ältere Leute, teilweise eher studentisch oder alternativ wirkende, ein paar Metalshirts und sogar eine Kutte mit Anathema-Backpatch.
Ich glaube nicht, dass jemand darunter war, der bereut hat, zu diesem Konzert gegangen zu sein - wir auf jeden Fall nicht - ganz im Gegenteil, wir haben selten so etwas Intensives erlebt. Wir wussten vorher nicht genau, was uns erwartet, gewisse Vorstellungen waren schon vorhanden, diese wurden definitiv übertroffen.
Anathema Vermutlich ging es der Band genauso, denn nach dem eigentlichen Zugabenblock (bei dem netterweise mit "Sleepless" auch eine alte Nummer dabei war) ließen sie sich nach über zwei Stunden Spielzeit noch einmal auf die Bühne rufen. Hierbei begannen sie mit einer Bitte, das Licht auf der Bühne möge angeschaltet bleiben (gute Idee auch für die Fotografen - denn gerade anfangs war es reichlich dunkel gewesen), denn sie müssten ablesen. Nanu, können sie ihre eigenen Sachen nicht? Nein, sie spielten eine Coverversionen, laut eigener Aussage zum ersten Mal live, nämlich "Kashmir" von
Led Zeppelin. Damit, nach über 140 Minuten Spielzeit (bei 21 Euro im Vorverkauf bzw. 24 Euro Abendkasse ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis), war endgültig Schluss und alle strömten zum Ausgang; wir mit der Meinung, etwas Überwältigendes erlebt zu haben und diese Ansicht wurde von Bekannten, die wir trafen, geteilt.
Anathema Wenn Anathema, wie sie planen, im Herbst noch einmal nach Deutschland kommen, kann ich Hörern, die Rock, Alternative Rock, Prog Rock, Atmospheric Rock mögen (oder wie immer man die Musik der sehr sympathischen Liverpooler einordnen möchte), empfehlen, hinzugehen und selbst zu erleben, was Worte nicht endgültig beschreiben können.
Insofern es zeitlich und entfernungsmäßig möglich ist, sind wir auch dabei.
Eins ist sicher: »We're Here Because We're Here« ist ein selbstbewusstes Statement, das tatsächlich zutrifft.
Vielen Dank an Sandra Eichner von Rosenheim-Rocks. Wir haben die Show wirklich genossen.
Bilder vom Konzert
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