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Anathema / Universal
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Zum Hintergrund:
Anathema, 1990 in Liverpool als Doom/Death-Band gegründet, haben bekanntlich einen weiten Weg mit musikalischer Weiterentwicklung hinter sich. Als wichtige Wende kann man den Einstieg von Lee Douglas sehen, zunächst lediglich als Backgroundsängerin, dann bekam sie immer mehr auch mal Lead Vocal-Passagen. Das 2010er Album We're Here Because We're Here markierte meiner Meinung nach die Selbstfindung der Band und war daher vielleicht ihr wichtigstes Werk. 2012 erschien der Nachfolger Weather Systems (ohne den 2011 ausgestiegenen Keyboarder Les Smith). Musikalisch wärmer, jedoch schwerer zugänglich, keineswegs schlecht (manch anderer könnte sich glücklich schätzen, ein solches Album zu bringen), aber nicht ganz an die Stärke des Vorgängers heranreichend. Dennoch erfolgreicher als je zuvor, wobei die Qualität von Anathema sicher nicht in Chartplatzierungen gemessen werden sollte, zeigt sich dennoch daran, wie geschätzt die Briten mittlerweile sind. 
2011 gab es Neueinspielungen älterer Songs mit dem London Session Orchestra, 2013 die Live-Doppel-LP "Untouchable". Die DVD/Blu-ray/CD-Version folgt nun ein paar Monate später und nennt sich "Universal". Man könnte natürlich nun fragen, ob das Sinn macht, wenn man die Vinyl-Ausgabe schon hat, doch die Tatsachen, dass es hier nun etwas für das Auge gibt und dass es zwanzig statt nur zwölf Songs zu bestaunen gibt, sollten Argumente dafür sein.Außerdem wurde nicht irgendein Auftritt ausgewählt, sondern der Auftakt zur "Weather Systems"-Tour. Dieser fand im September 2012 statt und zwar im Ancient Roman Theatre of Philippopolis in Plowdiw (Bulgarien). Wie man sich aufgrund der Bezeichnung schon denken kann, handelt es sich um ein antikes Amphitheater. Abgesehen davon, dass man in solchen Lokationen tolle Sicht und meistens auch guten Sound hat (es sei denn der Wind weht zu viel über den Rhein-Herne-Kanal…), handelt es sich hierbei um ein richtig schönes Teil mit alten Säulen und großer Bühne. Letzteres war auch nötig, denn Anathema hatten als Unterstützung das Plovdic Philharmonic Orchestra dabei. Wobei 'Orchester' etwas übertrieben klingt, es war eigentlich nur eine Streicherfraktion. Gefilmt hat Lasse Hoile, der in den 90ern mal bei der dänischen Death Metal-Band Panzerchrist gegrunzt hat, mittlerweile jedoch bekannt für seine Videos und Filme ist. Er hat beispielsweise schon mit Porcupine Tree und Dream Theater zusammengearbeitet. Klingt, als wäre das genau der richtige Mann für den Job. Und er hat ihn gut gemacht: ausdrucksstarke Bilder in HD-Qualität. Diese kann man in mehreren Varianten genießen: als Fan's Edition (4-Disc-Version: Blu-ray, DVD, Doppel-CD), als 2-Disc-Version (CD/DVD-Kombination) und als Blu-ray. Zum Konzert:
Obwohl die Musik von Anathema eigentlich eher ruhig, teilweise sogar akustisch ist, wirkt sie live sehr intensiv, wie ich selbst schon mehrfach, z. B. 2010, feststellen konnte. Selbst im heimischen Wohnzimmer schaffen die Briten es, mich zum Mitwippen zu bewegen. Dazu trägt insbesondere die Präsenz der Cavanagh-Brüder bei, die auch hier im Vordergrund stehen und das nicht nur physisch. Manchmal überlassen sie Lee Douglas die Bühne, doch sie huscht schnell wieder weg, wenn ihre Passagen zu Ende sind. Schlagzeuger und Keyboarder stehen in zweiten Reihe, das bedeutet hier etwa in der Mitte der Fläche, wobei Daniel Cardoso als Neuling an den Tasten teilweise etwas angestrengt (konzentriert? Oder wie ist das zu deuten?) schaut. Hinter den beiden sitzt das Orchester und dieses ist nicht nur von der Anordnung her im Hintergrund, setzt es lediglich meistens dezente ergänzende Akzente. Hätte irgendwie erwartet, dass die Anwesenheit stärker zu spüren ist, doch die Streicher integrieren sich sehr gut und songdienlich in das Gesamte. Bei sechzehn Songs unterstützen sie, dann gibt es noch einen rockigen Zugabenteil - Anathema gehören zu den Bands, die nicht so schnell von der Bühne zu bekommen sind… unter zwei Stunden geht das nicht…hier sind es 140 Minuten. In dieser Zeit wird natürlich vor allem die "Weather Systems", von der sechs Songs gespielt werden, präsentiert. Den Einstieg bilden die beiden Teile von "Untouchable", gefolgt von "Thin Air" vom Vorgänger "We're Here Because We're Here", was eines der Highlights ist, weil mitreißend. Wobei "Closer" von der "Natural Disaster" dem wenig nachsteht.
Aber egal, ob diese eher druckvollen Tracks oder die verträumten - viele sind auf ihre Weise interessant und die Meinungen unter den Fans werden wohl stellenweise auseinandergehen, welche nun die besten sind. Ich persönlich habe mich gefreut, dass auch die "Judgement" mit vier Stücken bedacht wurden (leider ist nicht "Forgotten Hopes" dabei, dafür aber "Deep"). Showelemente oder etwas Besonderes für das Auge gibt es nicht, wenn man von der herrlichen Kulisse und der ansprechenden Lightshow absieht. Die Cavanagh-Brüder erscheinen wie immer eher zurückhaltend mit einer sympathischen Mischung aus Musikbegeisterung und Freude darüber, dass so viele Leute sie hören wollen. Als dann im Hintergrund irgendwo ein Feuerwerk stattfindet, nehmen sie das als willkommenen zusätzlichen Effekt. Die Faszination von Anathema zu beschreiben ist schwer, muss man eigentlich sehen bzw. hören. Im Prinzip ist die Musik schlicht und dennoch beeindruckend und emotional. Anhänger haben sie vor allem im Prog Rock-Lager, aber auch unter den Metallern, die sie seit den Doom/Death-Tagen kennen und der Wandlung folgen konnten. Enttäuschen wird "Universal" niemanden darunter, im Gegenteil, neue Fans werden hinzukommen bzw. sind schon hinzugekommen, wenn man sich die Top 20-Chartplatzierungen in einigen Europäischen Ländern ansieht. Verdient haben sie es. Wer's nicht glaubt, sollte "Universal" mal anchecken und sich überzeugen lassen.
Line-up:
Vincent Cavanagh (vocals, guitars) Daniel Cavanagh (guitars, vocals, keyboards) Daniel Cardoso (keyboards) Jamie Cavanagh (bass) John Douglas (drums) Lee Douglas (additional vocals)
Externe Links:
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