Nachdem sich Frank Schäfers Woodstock '69 - Die Legende zum größten Teil mit dem Ablauf des Festivals beschäftigte, ist der Band "Making Woodstock", den ich im zweiten Teil des RockTimes-Woodstock-Specials besprechen möchte, eine perfekte Ergänzung der Ereignisse um die 'Three Days Of Peace And Music', denn dieses Buch hat fast ausschließlich die Vorbereitung und Organisation des drei Tage-Spektakels zum Thema.
Und wer könnte darüber besser schreiben, als Joel Rosenman und John Roberts, die als die finanzstarke 'seriöse Hälfte' der vier Verantwortlichen von Woodstock galten und somit für alle kaufmännischen Abläufe, inclusive Grundstücksanmietungen, Vertragsverhandlungen mit Bands und Behörden und die anfallenden logistischen Probleme zuständig waren. Klar, dass sie außerdem mit ihrem Privatvermögen persönlich für die Kosten hafteten und auch bei eventuellen Klagen den Kopf hinhalten mussten.
Man kann sich also lebhaft vorstellen, was die Beiden für ein Arbeitspensum zu erledigen hatten, und wenn sich die Leser vor Augen führen, in welchem Chaos das Festival ablief, dann ist ganz schnell klar, dass so Einiges im Vorfeld schief gelaufen sein muss.
Die zwei Autoren schildern zunächst ihr Zusammentreffen mit Michael Lang und Artie Kornfeld im Februar 1969, die auf Geldsuche für ein geplantes Aufnahmestudio sind, woraus sich sehr schnell die Idee von einer Party für maximal 50.000 Leute entsteht, die die nötige Kohle in die Taschen der Vier spülen soll.
Ganz fix ist mit der Woodstock Ventures Incorporated eine Firma gegründet, und auch ein passendes Grundstück in der Nähe des Städtchens Wallkill war kurzfristig gefunden. Nicht eingeplant war jedoch die Ablehnung der dortigen Einwohner, die bei dem Gedanken an mehrere Tausend langhaarige Hippies, die eventuell auch mit Drogen in Berührung kommen könnten (!), eine Gänsehaut nach der anderen bekamen und um das Seelenheil ihrer Kinder fürchteten. So gibt es unzählige Verhandlungen mit den zuständigen Behörden, die sich immer neue Auflagen einfallen lassen, um das Happening zu verhindern. Das gelingt ihnen schließlich im Juli 1969, und die vier Veranstalter stehen einen Monat vor dem geplanten Festivalbeginn wieder ohne ein passendes Grundstück da.
Eher zufällig traf man schließlich auf den Farmer Max Yasgur, der die ganze Entwicklung in Wallkill mit wachsendem Unmut verfolgt hatte. Yasgur glaubte an die Gleichberechtigung aller Menschenschichten - und er glaubte an die Macht des Geldes! Da er außerdem über ca. 240 Hektar Land im Sullivan County verfügte, wurde man sich für popelige fünfzigtausend Dollar Miete handelseinig. Das Woodstock-Festival konnte nun in der Town of Bethel stattfinden.
So ging in den letzten vier Wochen vor Beginn noch einmal so richtig die Post ab, wobei natürlich immer wieder unerwartete Probleme auftauchten. So musste zum Beispiel der radikale New Yorker Underground mit Abbie Hoffman an der Spitze, durch eine großzügige Barzahlung davon abgehalten werden, das Trinkwasser mit Acid zu versetzen und so das Festival ernsthaft zu gefährden.
Aber es gab auch einige wenige positive Erkenntnisse. So wurden die Mitglieder der Aussteiger-Kommune Hog Farm als 'ärztliches Fachpersonal' in Sachen Drogenmissbrauch eingestellt und machten ihre Sache bei der Behandlung von schlechten Trips wirklich hervorragend. Na ja, schließlich hatten sie die größte Erfahrung mit diesen Problemen…!
In der Regel aber herrschte überall Chaos pur. Vor der noch gar nicht aufgebauten Hauptbühne tummelten sich bereits zwei Tage vor dem Festivalbeginn ca. 60.000 Blumenkinder, und vierundzwanzig Stunden später brach auf der Zufahrt auf dem Highway 17b das totale Verkehrschaos aus. Über zig Meilen war die Straße, unter anderem durch einfach stehen gelassenen Fahrzeuge, vollkommen dicht.
Als schließlich feststand, dass etwa eine halbe Million Besucher auf dem Gelände angekommen waren, brach logischerweise die Verpflegung total zusammen und die sanitären Einrichtungen erwiesen sich als völlig unzureichend. Kein Wunder, schließlich waren zehn Mal so viele Leute anwesend, als man eigentlich erwartet hatte.
Alle diese Vorfälle und noch viele Probleme mehr beschreiben Rosenman und Roberts wirklich sehr treffend. Dabei wird auch eine gehörige Portion Galgenhumor sichtbar, denn immerhin war den Beiden schnell klar, dass sie an diesem Wochenende jede Menge Geld in den Sand gesetzt hatten. Außerdem warteten nach dem Ende der Veranstaltung Klagen und Prozesse ohne Ende auf sie…!
Insgesamt liest sich "Making Woodstock" sehr flüssig. Die Autoren bringen die Geschehnisse richtig unterhaltsam rüber, obwohl sie dieses Festival wohl etliche Lebensjahre gekostet hat. Das Buch schildert die Schwierigkeiten und Arbeiten rund um Woodstock, von denen normalerweise nie die Rede ist und ist damit ein sehr wichtiges Dokument zur Aufarbeitung dieses Events.
Übrigens entstand das Werk schon 1974, also nur fünf Jahre nach dem bedeutendsten Open Air der Geschichte, sodass die teilweise sehr schmerzhaften Erinnerungen noch relativ frisch waren und so sehr real und objektiv erzählt werden konnten.
Schön, dass dieses Buch nun auch in deutscher Sprache erhältlich ist.
Externe Links:
|