Tom Tonk / Raketen in Feinripp - 33⅓ Platten für
die Ewigkeit
Raketen in Feinripp Medium: Buch, Broschur
160 Seiten, ohne Bilder
Format: 19,5 x 13 cm
Sprache: Deutsch
Verlag: Salon Alter Hammer, 2013
1. Auflage
ISBN: 978-3-940349-07-1
EUR 11,90

Review vom 11.03.2014


Steve Braun
Was soll man eigentlich erwarten, wenn ein kauzig-schrulliger Alt-Punker und szenegefeierter, scharfzüngiger Journalist in Personalunion in einem Buch die "33⅓ Platten für die Ewigkeit" beschreibt? Etwa seriösen Musikjournalismus?? Leser mit dieser Erwartungshaltung dürfen bereits jetzt gerne diese virtuelle Seite 'umblättern'...
Wer dagegen die beiden Vorläufer von "Raketen in Feinripp" - "Raketen in Rock" (2003) und "Raketen in Dosen" (2007) - gelesen hat, und vielleicht sogar einzelne Kapitel aus Tom Tonks schreiberischem Wirken für das Fanmagazin OX kennt, wird wahrscheinlich ziemlich genau wissen, was mit diesem Taschenbuch auf ihn zukommt: 33⅓ als Musikrezensionen getarnte Kolumnen und Glossen, die Tonks - sagen wir mal - abenteuerliches Musikverständnis in einem überaus skurrilen Schreibstil transportieren.
Der Autor stammt aus dem 'Pott' - um es genau zu sagen: aus Duisburg - und so ist sein allgegenwärtiger Wortwitz manchmal der etwas poltrig-derben, direkten Art. Andererseits spielt er gelegentlich filigran-leicht, ja geradezu irrwitzig mit unserer Muttersprache und bricht dabei - da kann der 'alte Punker' nicht verborgen werden - rotzfrech anarchistisch sämtliche gängigen 'Regeln' für Musikreviews. So nennt Tom Tonk beispielsweise im eröffnenden Kapitel "Win, Lose Or Draw" (allein DIESES Album auszuwählen, ist schon verdammt schräg!!) kein einziges Mal den Namen der Allman Brothers. Stattdessen ergeht sich er sich in einer leicht zynischen Charakterstudie eines typisch-schluffigen Fans der Band. Nachdem man erst einmal die anfängliche 'geringfügige' Irritation abgeschüttelt hat, beißt man in einem brüllenden Lachkrampf in die Auslegeware des heimatlichen Wohnzimmers....
Dass hier vieles nicht ganz ernst gemeint sein kann, glaubt man bereits beim Studium des Inhaltsverzeichnisses zu erahnen. Franz Ferdinand, Michael Holm, Die Phudys plus Lou And The Hollywood Bananas = 3⅓ Platten für die Ewigkeit? Diese Gleichung kann doch wohl nur ein Schmarren sein? Oder etwa nicht?? Findet es selbst heraus - ich verrate nix...
Verwunderlich (und bemerkenswert) ist ebenfalls, wie der Freund der 'magischen drei Akkorde' hier geradezu liebevoll den keineswegs wesensverwandten Typen wie Mitch Ryder, Steve Marriot oder Rory Gallagher ein prosaisches Denkmal setzt. Die autobiografischen Züge im Kapitel über Black Sabbath lassen die tief wurzelnde Empathie für diese Musiklegende, die mehr als nur eine Generation prägte, erahnen: »Gegen den schlechten Einfluss allerdings, den Black Sabbath ausüben, kann ich mich glücklicherweise bis heute noch nicht wehren.«
Wesentlich weniger überraschend und abwegig erscheinen da die Kapitel über Die Krupps, die Nina Hagen Band, Zwakkelmann oder Slime. Aber auch hier sollte sich keiner zu sicher vor Lach- oder Weinkrämpfen - je nach Sichtweise und Blickwinkel - fühlen...
Gelegentlich überzieht der Autor natürlich und der Leser kann sich in diesem Momenten des Eindrucks kaum verwehren, dass der Mann seine eigene Schrulligkeit etwas überstrapaziert. Ganz sicher wird "Raketen in Feinripp" polarisieren - zwischen purer Begeisterung und abgrundtiefem Unverständnis scheinen nur schwächere Differenzierungen vorstellbar. Nichtsdestotrotz ist Tonks Wortwitz von einer brillanten Scharfzüngigkeit, dass einem vor ungläubigen Staunen das Lachen manchmal im Halse steckenbleibt.
Wenn man "Raketen in Feinripp" als Kuriositätenkabinett von Tom Tonks gesammelten Absurditäten begreift und vor allem mal seinen eigenen Anspruch an Musikrezensionen im Allgemeinen hinterfragt, ist dieses Taschenbuch eine Offenbarung. Könnte sich durchaus als ein Kandidat für mein 'Buch des Jahres' entpuppen...
Kapitel:
01:The Allman Brothers Band - Win, Lose Or Draw
02:Beck - Sea Change
03:Black Sabbath - Sabbath Bloody Sabbath
04:Blumfeld - Ich-Maschine
05:Alice Cooper- Muscle Of Love
06:Franz Ferdinand - You Could Have It So Much Better
07:Rory Gallagher - Irish Tour
08:Hard-Ons - Too Far Gone
09:Michael Holm - Die großen Erfolge
10:Harry Horror - Das nackte Phantom
11:Humble Pie - Eat It
12:The Kinks - Face To Face
13:Die Krupps - Wahre Arbeit, wahrer Lohn
14:Avril Lavigne - Under My Skin
15:The Libertines - The Libertines
16:Lou And The Hollywood Bananas - Kingston, Kingston
17:Manfred Mann's Earth Band - Messin'
18:Nina Hagen Band - Nina Hagen Band
19:One Foot In The Grave - Old Farts
20:Die Puhdys - Die Puhdys
21:Ramones - Rocket To Russia
22:Razzia - Labyrinth
23:REO Speedwagon - You Can Tune A Piano, But You Can't Tuna Fish
24:Mitch Ryder - Too Many Fish In The Sea
25:Screeching Weasel - How to Make Enemies And Irritage People
26:Slime - Alle gegen alle
27:Die Tonkies - Tonlos
28:V.A. - Die Wüste lebt
29:V.A. - Easy Rider
30:V.A. - Sound Like Duisburg Vol. 1
31:V.A. - Sound Like Duisburg Vol. 2
32:Wolfmother - Wolfmother
33:Frank Zappa - Sheik Yerbouti
(⅓):Zwakkelmann - Stubenhocker
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