Bon Jovi gelten zweifellos als eine der erfolgreichsten Rockgruppen dieser Zeit. Gegründet Anfang der Achtziger von Namensgeber Jon Bon Jovi (bürgerlich: John Francis Bongiovi jr.), stiegen sie in jenem Jahrzehnt mit (Hard-) Rock-Meilensteinen wie "Slippery When Wet" (1986) oder "New Jersey" (1988) sowie Anfang der Neunziger mit "Keep The Faith" (1992) zu wahren Superstars auf, nur um im weiteren Karriereverlauf mehr und mehr in Bedeutungslosigkeit zu versinken. So wird die Band von 'echten Rockern' heutzutage doch eher belächelt - kein Wunder, gilt die Musik Bon Jovis allerspätestens seit Alben wie "Crush" (2000) oder "Bounce" (2002) doch gemeinhin als zahnloser Kommerzradio-Stoff und 'Hausfrauenrock' für Menschen jenseits der 30.
Sonnenklar also ist, dass diese Gruppe heutzutage polarisiert und die Gemüter erregt wie kaum eine andere ihrer Größe. Fakt ist dennoch, dass es bis zu diesem Jahr (immerhin dem insgesamt 27. ihres Bestehens) kein offizielles Buch zur Band gegeben hat! Während Weggefährten wie Mötley Crüe ("The Dirt", 2002), die Rolling Stones ("According To …", 2003), U2 ("U2 By U2", 2006) oder Slash (die gleichnamigen Memoiren erschienenen 2009) schon seit Längerem mit ihren Biografien aufwarten, ist es Bon Jovi erst jetzt gelungen, ihren Fans etwas Schriftliches an die Hand zu geben.
Wobei das Werk mit dem schönen, für eine Rückschau sehr passenden Titel "When We Were Beautiful" (der gleichnamige Song findet sich übrigens auf dem aktuellen Album "The Circle" (2009)) gar nicht so sehr als zusammenhängende Biografie gesehen werden kann: Ähnlich wie beim Stones-Pendant wird hier nämlich anhand einzelner, ausgewählter Zitate der vier Protagonisten (auf den ehemaligen Bassisten Alec John Such, der die Band 1994 verließ, wurde verzichtet) die Bandgeschichte nachgezeichnet. Diese stammen, der Untertitel des Buches deutet es an, aus Gesprächen mit dem Filmemacher und Fotografen Phil Griffin, einem Freund Jon Bon Jovis.
Diese Zitatanreihungen sind thematisch geordnet, jedoch findet nie eine konkrete zeitliche Einordnung statt. Insider und beinharte Fans werden damit gewiss keine Probleme haben, alle anderen müssen sich grob an den immer mal wieder auftauchenden Albumtiteln orientieren, um zu wissen, von welcher Schaffensphase denn gerade die Rede ist. Erschwerend kommt hinzu, dass die vielen, teils sehr seltenen Fotos (die gut und gerne 50 Prozent des Inhalts ausmachen) längst nicht immer zur im Text behandelten Bandphase passen wollen - zwar gibt es zu fast jeder Abbildung detaillierte Informationen, dennoch wäre hier eine konsequente, chronologische Anordnung wünschenswert gewesen.
Schade für alle echten Fans ist desweiteren, dass gerade die turbulenten Anfangsjahre Bon Jovis im Buch eher oberflächlich abgehandelt werden. So wird für weniger informierte Leser, die mithilfe von "When We Were Beautiful" möglicherweise den ein oder anderen genaueren Einblick in die Bandhistorie wagen wollen, mancher Zusammenhang nicht zufriedenstellend geklärt geschweige denn nachempfindbar gemacht. Der Fokus des Buches liegt also ganz klar auf der zweiten Hälfte von Bon Jovis Karriere, denn die achtziger Jahre einschließlich der "Keep The Faith"-Phase werden bis Seite 54/55 abgehandelt und nehmen somit nur ungefähr ein Drittel des Buchtextes in Anspruch.
Eröffnet wird "When We Were Beautiful" von einem intimen Vorwort Phil Griffins. Die anschließende Bandgeschichte wird dann und wann erfreulicherweise auch von 'persönlichen' Seiten unterbrochen, wo die Herren Richie Sambora, Tico Torres, David Bryan und natürlich Jon Bon Jovi etwas ausführlicher in eigener Sache zu Wort kommen. Das Buch enthält dabei übrigens kein Inhaltsverzeichnis, sondern ist nach der Einleitung in die Abschnitte
- "Eine Band von Brüdern"
- "Der Anfang"
- "Ganz oben"
- "Die Vision"
- "Schulter an Schulter"
- "Die Songs"
- "Die Show"
- "Hinter der Bühne"
- "Jenseits der Band" und
- "25 Jahre"
unterteilt.
Dies verstärkt den Eindruck, es hierbei zu gleichen Teilen mit Bandbiografie und kommentiertem Fotoband zu tun zu haben. Dennoch lässt sich die unglaubliche Erfolgsgeschichte der Band Bon Jovi (von den Übungskellern New Jerseys bis in die größten Arenen dieser Welt) anhand der vielen Musikerzitate aus erster Hand höchst authentisch und kurzweilig nachverfolgen.
Sauer aufstoßen wird dem einen oder anderen Leser dagegen mal wieder das sehr auf Aushängeschild Jon Bon Jovi zugeschnittene Marketing: Der eindeutig im Plural gehaltene Buchtitel (man beachte das Wörtchen 'we') steht im krassen Widerspruch zum (in meinen Augen völlig überflüssigen) Zusatz "Das offizielle Buch von Jon Bon Jovi"! Denn während in den Musikerzitaten immer wieder die Einheit und Bruderschaft der vier Protagonisten propagiert wird (der erste Abschnitt heißt schließlich nicht umsonst "Eine Band von Brüdern"), wird das Buch zumindest im deutschsprachigen Raum leider ganz klar als das Werk von/um Jon Bon Jovi vermarktet - was allerdings auch bestens zur öffentlichen Wahrnehmung der Gruppe passt, von der ja tatsächlich viele glauben, es handele sich um Herrn Bon Jovi und seine drei (namenlosen) Begleitmusiker. Selbst der sogenannte 'Rockfan' Thomas Gottschalk kündigte die Gruppe in einer diesjährigen Ausgabe von "Wetten, dass … ?" (23. Januar 2010) mit den Worten »Hier ist Jon Bon Jovi und Bon Jovi« an und schwadronierte in seiner Anmoderation durchgehend vom Frontmann allein. Traurig.
Sieht man aber mal von derlei Erbsenzählerei ab (die die deutsche Durchschnittshausfrau wohl eh nicht interessiert), hält man mit "When We Were Beautiful" ein sehr schönes, persönliches Gesamtwerk in den Händen, das die Band in einem angemessenen, ihrer würdigen Rahmen präsentiert. Beinharte Bon Jovi-Fans werden sich das Teil zweifellos ins Regal stellen, und den gleichnamigen Dokumentarfilm gleich daneben positionieren, so viel ist klar.
Dass man bei diesem Buch jedoch keinerlei Rock'n'Roll-Dekadenz à la Mötley Crüe oder Slash erwarten kann, sollte auch niemanden überraschen. Drogengeschichten und Alkoholmissbrauch werden hier jedenfalls geflissentlich ausgeklammert und das Saubermann-Image der Superstars somit gewahrt. Mit Rückblicken auf das Luderleben der Achtziger, das natürlich auch eine Gruppe wie Bon Jovi hautnah miterlebt hat, will man heutzutage wohl lieber nichts mehr am Hut haben…
Abschließen möchte ich nun mit den Worten Richie Samboras, die in Kürze nochmals ganz wunderbar zusammenfassen, worum es bei "When We Were Beautiful" geht:
»Wir sind eine echte Erfolgsstory. Wenn die Leute unsere Geschichte hören, bekommen sie einen Einblick, wie wir uns den Weg durch das Musikgeschäft gebahnt haben und wie sich die Beziehungen in der Band entwickelt haben.«
Externe Links:
|