Slash / Die Autobiografie
Die Autobiografie Slash - Die Autobiografie
Autor: Slash mit Anthony Bozza
Übersetzer: Bernhard Schmid
Medium: Buch
Label: Rockbuch Verlag/Edel, 2008 (1. Ausgabe)
ISBN: 978-3-927638-45-7, € 24.90

Review vom 17.02.2009


Ilka Heiser
Mein Bücherregal ist vollgestopft mit Biografien von Musikern aller Couleur, die sowohl unterhaltsam und witzig geschrieben sind, aber auch weniger interessante Abhandlungen über das Leben im Allgemeinen und im Besonderen behandeln. Aber mit keiner habe ich mich so schwer getan, wie mit den mir vorliegenden 'Ergüssen' von Slash. Mit Sicherheit liegt es nicht an den über 500 Seiten.
Ob nun die abwechslungsreiche Schreibe von Lemmy, das teils sarkastische und dennoch mit einem Augenzwinkern geschriebene Werk von Eric Burdon oder an die von Richard Coole geschriebenen Anekdoten über Led Zeppelin, bei denen ich mir vor Lachen fast in die Hosen gemacht habe…. - aber hier fehlt mir irgendwie das Fesselnde.
Liest sich das Teil am Anfang noch recht ansprechend, kommt mit der Zeit mehr und mehr die große Langeweile auf. Es beschleicht einen das Gefühl, das ganze Buch ist eine einzige Abhandlung des Protagonisten über seine Diebstahl-, Sex-, Alkohol und Drogen- sowie Zerstörungs-Eskapaden. Da braucht man sich auch nicht zu wundern, wenn der eine oder andere der hier erwähnten Wegbegleiter die hiesige Welt verfrüht als Toter verließ.
Erst gegen Ende der Biografie wird die Schreibe dann wieder interessant. Schade eigentlich.
Dazu kommt noch ein Manko, das für mich unverzeihlich ist: »Lesen bildet«, sagte einst meine Großmutter - Gott hab sie selig. Bei dieser Biografie waren lt. Inhaltsabgabe mehrere (fiktive??) Lektoren am Werk, die vermutlich alle entweder an Augenfehlern leiden oder aber eine Filzbrille tragen. Das gesamte Buch ist mit Fehlern übersät. Da fehlen teilweise halbe Sätze, die Rechtschreibung wird (vermutlich) nach eigenem Gutdünken ausgelegt, Buchstabendreher uvm. haben mich zum ersten Mal in meinem Leben an den Weisheiten meiner Großmutter zweifeln lassen. Und das Ganze zu d-e-m Preis!
Leider greift diese Schluderei mehr und mehr um sich (siehe auch hier). Über die Ursachen kann man nur spekulieren.
Slash, alias Saul Hudson, geboren 1965 in England in Stoke-on-Trent, hat unbestritten ein bewegtes Leben hinter sich und daher auch sehr viel zu erzählen.
Beginnend mit seiner Kindheit - die sicherlich oft nicht einfach war, zumal er ja ein so genanntes Mischlingskind ist (die Mutter ist Afroamerikanerin, der Vater ein Weißer (Brite)) - bis zu seiner Karriere als Rockstar präsentiert sich der Gitarrist mit dieser Autobiografie der breiten Öffentlichkeit.
Sein Vater betätigte sich als Maler und die Mutter als Modedesignerin und Kostümbildnerin. Gerade das Betätigungsfeld der Mutter führte dazu, dass sich Persönlichkeiten wie John Lennon und Ringo Starr (Beatles) oder auch Linda Ronstadt, James Taylor, Helen Reddy und viele andere bei den Hudsons die Klinke in die Hand gaben. Somit lernte der Junge schon frühzeitig ein schillerndes und ausgeflipptes Umfeld kennen und schätzen. Bald schon zog die Familie nach Los Angeles, um dem kleinkarierten, englischen Mief zu entkommen.
Nun wurde das BMX-Rad zu seinem besten Freund. Aber es dauerte nicht lange, bis er dieses gegen eine Gitarre eintauschte (seine erste Gitarre hatte übrigens nur eine Saite) und anfing, fleißig zu üben. Mit diesem Tausch wurde der Grundstein zu einer großartigen Rocker-Karriere gelegt. So blieb nicht viel Zeit für schulische Bildung, also begann man, diese nur noch sporadisch aufzusuchen und schließlich ganz hinzuschmeißen, denn es gab Wichtigeres in Slashs Leben: »Ich wollte Gitarre in einer Band spielen«.
Und seine angestrebte Karriere begann im Grunde klassisch: Er spielte in diversen Clubs in den unterschiedlichsten Bands, bis er 1985 den Volltreffer landete, der sein Leben grundlegend verändern sollte.
Er traf auf ein paar Typen, die mindestens genau so musikbesessen waren, wie er selbst: Hervorgegangen aus dem Line-up von L.A. Guns und Hollywood Roses firmierten sie sich zu
Guns N' Roses, die noch einen Gitarristen suchten. Zu deren beständigsten Mitgliedern gehörten neben Axl Rose (Vocals), Izzy Stradlin (Gitarre), Duff McKagan (Bass) sowie Drummer Steven Adler, die seine zukünftigen Mitstreiter werden sollten. Aber auch diese Truppe, die damals schon ehrlichen dreckigen Straßen-Rock'n'Roll spielte, hatte eine lange Durststrecke zu verkraften (»Wir waren eine Bande Heiden, die alles zu wissen meinten, aber in Wirklichkeit wussten wir nichts«), bis Geffen Records endlich das richtige Näschen hatte und die Truppe unter Vertrag nahm. Ein Schritt, den das Label vermutlich nie bereut hat. Auch die Managersuche gestaltete sich schwierig, da der Ruf der Band ihr voraus eilte, bis in Alan Niven ein fähiger Mann gefunden wurde, der ihnen recht schnell Gigs mit Größen wie Mötley Crüe und Aerosmith verschaffte und sogar einen Auftritt bei MTV, um ihr Album "Appetite For Destruction" zu promoten. Als Aerosmith ihre Tour absagten, ging die Band das erste Mal als Headliner mit Faster Pussycat und EZO on the road.
Natürlich kam, was kommen musste: Der Aufstieg einer großen Band am Rockstar-Himmel, nämlich Guns N' Roses, nahm seinen Lauf. Mit der folgenden Scheibe, "GN'R Lies", untermauerte die Band ihren Ruf, keine Eintagsfliege zu sein. Gleichzeitig nahmen aber auch die Eskapaden der Bandmitglieder immer schwerwiegendere Formen an. Wie sagte meine Großmutter? »Geld verdirbt den Charakter«!
Und mit der Veröffentlichung von "Use Your Illusion I" und "II" begannen sich die Querelen bis hin zu teilweise gewalttätigen Auseinandersetzungen bei Guns N' Roses zuzuspitzen. Diese sorgten übrigens für mehr Schlagzeilen in der Presse, als ihr großartiger Erfolg.
1990 erfolgte der erste Line-up-Wechsel, als Steven Adler wegen schwerer Drogenprobleme durch Matt Sorum ersetzt wurde.
Dennoch, die Truppe war endlich auf dem Höhepunkt ihres Erfolges und ging auf eine 24-monatige Welttournee. So traten sie u.a. am 20.01.1991 als Headliner bei Rock in Rio vor 180 000 Zuschauern auf.
Offensichtlich stieg den Mitgliedern der Band der Erfolg aber zu Kopf. Frontman Axl Rose hielt es zum Beispiel nicht für nötig, pünktlich auf der Bühne zu erscheinen und glänzte mehr und mehr durch Abwesenheit - nicht nur auf der Bühne, sondern auch hinter den Kulissen. Die Spannung zwischen den Musikern war so stark, dass es nur noch eines kleinen Funkens bedurfte, um endgültig zu explodieren. Als Rose es mit seinem divenhaften und exaltierten Verhalten - der gern auch mal randalierte, sich drei Monate depressiv in seine Wohnung einschloss oder Konzerte absagte, weil sich die Band vorher geprügelt hatte - auf die Spitze trieb, war das für Izzy Stradlin Grund genug, aus der Band auszusteigen. Gilby Clarke übernahm nun seinen Part. Von da an war der Musikerwechsel vorprogrammiert und 1995 stieg Slash, der zwischenzeitlich sein Projekt Slash's Snakepit gegründet hatte, weil ihm der musikalische Kurs der Band nicht gefiel, ebenfalls endgültig aus.
Das und die Gründung von Velvet Revolver (die sich teilweise aus ehemaligen Guns N' Roses-Mitgliedern rekrutierten) trug keinesfalls dazu bei, dass der Gitarrist sein Leben grundlegend änderte. Übelste Drogen- und andere Exzesse sowie unzählige Groupies als Zeitvertreib, säumten seinen Weg. All das war für seine Karriere nicht gerade förderlich.
Dazu kommt 2001 ein langwieriger, intensiver Rechtsstreit mit Axl Rose, bei dem es um Rechte und Profite an und aus Lizenzgeschäften und Merchandising geht und der ebenfalls an Slashs Nerven zehrt.
So verwundert es nicht, dass er nach all den gesundheitlichen und nervenaufreibenden Eskapaden den ersten Dolchstoß versetzt bekommt, der dazu führt, dass er mit 35 Jahren einen Herzschrittmacher implantiert bekommt.
Zeit also für ihn, sein Leben zu ändern und endlich clean zu werden. Was kann einem da Besseres passieren, als eine Frau kennenzulernen, in seinem Fall Perla, die er heiratet und mit der er zwei Söhne (London und Cash) bekommt.
Auch wenn es ab und zu noch Rückfälle von Tabletten- und Alkoholmissbrauch gibt - zumal seine Frau von Diätpillen abhängig wird, die nicht weniger gefährlich sind, gibt es doch endich Aussicht auf Besserung.
Und heute kann der Gitarrist von sich und seiner Frau behaupten, endgültig clean zu sein:
»Ich bin jeden Tag aufs Neue froh, die Kraft gefunden zu haben, mich für den positiven Weg zu entscheiden.«
Nun gut, ob mit diesem Buch nun alle Fragen über den Aufstieg und Fall einer der größten Bands, Guns N' Roses, beantwortet wurden, darf bezweifelt werden, zumal, wie ich ja bereits eingangs erwähnte, sich der Missbrauch diverser Aufputschmittel wie ein roter Faden durch das Buch zieht. Inwieweit da jede Erinnerung tatsächlich realistisch ist... »Merkwürdig, wenn man sein Leben so Revue passieren lässt; es gibt Abschnitte, die ich wie von außen erlebt habe, als wäre ich nicht mitten drin gewesen - ich habe einige der Geschichten hier gelesen, als hörte ich sie selbst zum ersten Mal.«
'Kennengelernt' habe ich, trotz all seiner 'Fehltritte', einen netten, sympathischen Zeitgenossen.
Eines verwundert mich bei allem, was ich gelesen habe: Dass Slash auf Axl Rose - trotz aller mit ihm erlebten Sch.... - nach wie vor noch große Stücke hält.
Und das animiert mich doch glatt dazu, noch einmal meine Großmutter zu zitieren: »Vögel, die morgens singen, holt abends die Katz'!«
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