Devon Allman's Honeytribe / Torch
Torch Spielzeit: 39:11
Medium: CD
Label: Livewire Recordings, 2006
Stil: Rock

Eine Platte, zwei Meinungen

Review vom 15.09.2006


Joachim 'Joe' Brookes, Norbert Neugebauer
Eine Platte, zwei Meinungen. Joe legt vor und Norbert schiebt nach.

Joes Meinung:
Viele Stilelemente vereint der Sohn von Gregg Allman in seiner Musik, die nun auf "Torch" veröffentlicht wurde. Ein Album, das mit 11 Songs sehr abwechslungsreich und kurzweilig geworden ist.
Devon Allman verfügt mit seinen 30 Jahren über eine gute, ausdrucksstarke Stimme, die sich im Laufe der Jahre mit Sicherheit noch entwickeln wird.
Allman ist mit seinen Honeytribes schon in der ersten Performance der CD auf Betriebstemperatur und der Titeltrack spiegelt das wider, was einem im Folgenden an so manchen Punkten zu Ohren kommt. Diesem Track geben Jackie Johnson und Susan Marshall eine soulige Komponente, die Allmans Stimme auffällig ergänzen.
Ebenso wird "Heaven Has No Mercy" durch die beiden Damen verstärkt, auch wenn ein weiterer Gast im Spotlight steht: Pedro Arevalo spielt feinste Slide auf seiner National Steel und sorgt damit für gehörige Abwechslung in diesem treibenden Song.
Die Percussion von Tony Antonelli setzt Duftmarken im Instrumental "Mahalo", das deutlich in Richtung Carlos Santana zeigt. Ein Song, der kompakt daher kommt und nur so vor Dynamik strotzt. Stimmig ist das kurze Intermezzo auf der akustischen Gitarre, bevor es wieder zum Thema zurückgeht.
Einer der beiden Exoten auf dem Album ist "No Woman, No Cry". Schön relaxt kann man den Marley-Song genießen. Allmans Wah Wah- und Pedro Arevalos dezente Slide-Gitarre geben dem bekannten Song einige Farbtupfer und Devon Allman kann seine Version auf der Habenseite verbuchen.
"511 Texas Avenue" widmet der Kopf der Honeytribes seinen verstorbenen Großeltern:
"I miss you every day that I walk this Earth." Große Worte, die er sentimental und gefühlvoll in 1 ½ Minuten mit der akustischen Gitarre zum Ausdruck bringt.
Geschwindigkeit ist keine Hexerei: Joe Bonamassas Finger fliegen im heftigen Bluesrocker "Mercy Mercy" über die Saiten. So hat er sich mit eigenen CDs und Live-Auftritten seinen Bekanntheitsgrad erspielt. So kennt man ihn und so liefert er auch hier seinen Beitrag ab…
Mit bestem Boogie-Blues hat Allman uns in "Why You Wanna Bring Me Down?" postwendend um den Finger gewickelt. Wiederholt taucht Pedro Arevalo mit seiner Slide-Gitarre auf der Musikerliste auf.
Einfach gelungen, wie alle Gäste auf "Torch" in Szene gesetzt werden. Deren durchweg für Aufmerksamkeit sorgenden Beiträge wurden hörbar in den Vordergrund produziert.
Drei Tracks sind auf das Quartett 'reduziert': Das ruhige "When I Call Home", in dem Devon zeigt, zu welchen Ausflügen seine Stimme in der Lage ist. Nein, nicht nur seine Stimme.
Mit der Gitarre weiß er auch über die Strecke von 40 Minuten zu überzeugen.
Jawoll, auch das geht (Stilvielfalt!!!): "Perfect World", ein schwerer Blueser mit mächtiger (Solo-) Gitarre, feinen Breaks und Hooklines. Devon Allman hat ein vorzügliches Händchen fürs Songwriting.
Durch heftige Einleitung mit der Wah Wah-Gitarre trifft "Something I Know" direkt ins Herz. Jack Kirkners Tasteneinlagen sind ein Genuss, besonders die Piano-Begleitung in den ruhigeren Passagen wirken Wunder!
Für den letzten Track nimmt Mark Oyarzabal die Jazz-Besen zur Hand, Kirkner spielt ausschließlich Piano in bekanntem Honky Tonky-Stil und Allman geleitet uns mit einer gefühlvollen Gitarre durch "Nothing To Be Sad About". Auch das geht!
Devon Allman's Honeytribe haben überzeugt und werden nicht wenige Musikinteressierte durch "Torch" auf sich aufmerksam machen. Die werden ihren Weg gehen, da bin ich mir sicher.
Norbert sieht das so:
Halt, nicht gar so doll loben, muss ich da meinem geschätzten Kollegen Joe zurufen!
Wo Allman draufsteht, ist auch Allman drin. Da nützen auch alle Beteuerungen des Sprösslings nichts, dass er die ersten 15 Lebensjahre keinen Kontakt zu seinem berühmten Vater pflegte. Dafür hat er dann mehr als nur offensichtlich die nächsten 15 bis zur Veröffentlichung des Honeytribe - Debüt-Albums den ABB-Stallgeruch aufgesogen und die Lektionen aus deren ersten Alben tüchtig gelernt. Bei "Torch" hör ich hinten und vorn die Macon-Formation heraus und deshalb muss sich Devon A. damit messen lassen.
Ich kann ihm und seinen drei Mitstreitern auch den Status 'Youngster' nicht zugestehen. Mit 30 hatten nicht nur die Brothers bereits ihren Höhepunkt hinter sich, Onkel Duane war sogar schon 5 Jahre im Guitar Heaven. Und sich dann noch so bei den Alten anzulehnen, zeugt weder von Eigenständigkeit noch von Selbstvertrauen.
Gut die Stimme röhrt (bei weitem aber nicht so wie die bluesgetränkte seines Vaters), ein anständiges Rockorgan, das aber des Öfteren an seine Grenzen stößt und nicht sonderlich variabel klingt. Am Gitarrenspiel kann ich auch nichts Außergewöhnliches entdecken. Auf jeden Fall hat Devon A. Dickey B. gut auf die Nikotin-Finger geschaut, was sicher kein schlechter Lehrmeister ist.
Der Titeltrack gehört zu den stärksten auf dem Album, ein Einstieg nach Maß, da pflichte ich Joe voll bei. Dann geht's aber los. Das Riff von "Mahalo" ist bei dem wunderbaren "Les Brers In A Minor" geklaut, selbst das Break wurde übernommen. Nur, dass es dann "Soul Sacrifice"-mäßig weitergeht (vielleicht heißt ein weiteres Familienmitglied Carlos?). Wer bei "When I Call Home" nicht über "Please Call Home" stolpert, der geht auch über's Wasser. Mit "Perfect World" ist wirklich ein schwerblütiger Shuffle gelungen, aber auch hier klingt's wohlbekannt, diesmal hat wohl 'Onkel Warren' Pate gestanden. Mit "Mercy Mercy" bewegt sich die Band wieder auf heimischen Geläuf ("Every Hungry Woman" with the "Statesboro Blues" is "Southbound"), und Joe Bonamassas Gefrickel mit dem Wha Wha, na ja, Geschwindigkeit ist keine Hexerei, da hast du schon recht, Joe!
Gut gefällt mir "Something I Know", d'accord, das ist ein sattes, abwechslungsreiches Stück Rock, obwohl auch hier Devon beim Croonen leichte Probleme hat. "Heaven Has No Mercy" kommt ebenfalls ins gute Töpfchen, woran Pedro Arevalo mit seiner National Steel und die beiden Damen großen Anteil haben. Auch "Why You Wanna Bring Me Down?" ist ein ordentlicher Rocker, für den Kick sorgt erneut Arevalo, diesmal auf der E-Slide.
So, dann kommen wir zu den 'Exoten', zu denen ich auch den Schlusstrack zähle. Und "Nothing To Be Sad About" ist für mich sogar das beste Stück auf der Scheibe, das zeigt, dass der nicht mehr wirklich junge Devon A. vom Onkel Duane A. doch auch Slide-Talent mitbekommen hat. Und da wird überhaupt nicht in irgendeine bestimmte Ecke geschielt, sondern das spielt die Band locker runter und wirkt gar nicht mehr so angestrengt wie auf der restlichen Produktion. Das akustische Stückchen "511 Texas Avenue" ist das Pendant zu "Little Martha", erinnert mich aber auch sehr an irgendwas von Hot Tuna. Und "No Woman, No Cry"? - Bob Marleys charismatische Reggae-Hommage an seine Heimat und Freunde wirkt im Sassern-Lager wie Merlene Ottey mit Gummistiefeln und Kopftuch beim Stallausmisten. Trotz der Slide. Nein, das ist für mich einfach nur falsch am Platz!
Joe lobt die Stilvielfalt, die mir jedoch eher wie die Suche nach dem 'Was-wollen-wir-eigentlich?' vorkommt. Für ein Debüt nicht schlecht, obwohl mir irgendwie im Kopf rumspukt, dass da im Hintergrund 'Big Daddy' die Fäden gezogen und dem 'Jr.' samt seinen Kumpels auch ein paar namhafte 'Special Guests' spendiert hat. Im Fazit für mich ein durchschnittliches Rockalbum, das seine Substanz aus dem ABB-Fundus bezieht und auch weitgehend die gleichen Zutaten verwendet (das zweite Schlagzeug wird halt durch pluggernde Handtrommeln ersetzt, aber selbst die unterschwellige Live-Atmosphäre ist zugeregelt). Aber deren letztes Studio-Opus "Hittin' The Note" war da ja auch nicht viel anders. Als wirklich positiv sind mir die Beiträge von Jack Kirkner an seinen Keyboards hängen geblieben. Warten wir mal ab, ob sich Devon Allman's Honeytribe aus dem gewaltigen Schatten lösen kann. Und zu einem Meinungsaustausch mit Blues Brother Joe bin ich dann gern wieder bereit!
Line-up:
Devon Allman (vocals/guitars/backing vocals)
Mark Oyarzabal (drums/backing vocals)
George Potsos (bass)
Jack Kirkner (organ/wurlizer/piano)
Jackie Johnson (backing vocals - #1, 8)
Susan Marshall (backing vocals - #1, 8)
Pete Matthews (chorus harmony vocals - #11)
Tony Antonelli (percussion - #2)
Pedro Arevalo (slide-/lead guitar - #3, 9/national steel - #8)
Joe Bonamassa (lead guitar - # 6)
Tracklist
01:Torch (3:12)
02:Mahalo (5:20)
03:No Woman, No Cry (3:42)
04:When I Call Home (4:39)
05:Perfect World (3:36)
06:Mercy Mercy (2:45)
07:Something I Know (4:48)
08:Heaven Has No Mercy (3:41)
09:Why You Wanna Bring Me Down? (2:52)
10:511 Texas Avenue (1:29)
11:Nothing To Be Sad About (3:02)
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