Mike Andersen / Echoes
Echoes Spielzeit: 41:49
Medium: CD
Label: Custom Records, 2010
Stil: Blues, Soul, R&B

Review vom 01.09.2010


Joachim 'Joe' Brookes
Die gesamte Verpackung ist schwarz-weiß. Wo ist Mike Andersens Haarpracht geblieben? Da hat die Frisörin/der Frisör aber ganze Arbeit geleistet. Den Mike hätte ich fast nicht wiedererkannt. Nach "My Love To The Blues" (2002), Tomorrow (2004) und einer EP aus dem Jahr 2006 veröffentlichte der große Däne wieder einen Longplayer und der beschränkt sich keineswegs auf nur zwei Farben.
Gegenüber "Tomorrow" gab es lediglich einen Wechsel der Rhythmusabteilung. Andersens Bruder Mads (Schlagzeug) und Dave Stevens (Bass) wurden durch Jens Kristian Dam sowie Mikkel Fisker ersetzt. Selbst bei den Gästen gab es kaum Änderungen. War Andersen mit dem Rapper Al Agami zuletzt sehr innovativ so heißt es nun, einen anderen Mann willkommen zu heißen: Boo Boo Davis ist sein Partner im Howlin' Wolf- Cover "Evil". Davis singt zusammen mit dem Protagonisten und hat seine Harp auch gleich mitgebracht. Entstanden ist eine richtig beeindruckende Version des Originals. Unterschiedlicher können zwei Stimmen fast nicht sein, wenn man weiß, über welch urwüchsiges Organ Boo Boo verfügt.
Im musikalischen Kosmos eines Mike Andersen spielte der Blues immer schon eine Rolle. Allerdings hat er seinen Fächer der Einflüsse weiter geöffnet und R&B sowie viel Soul stehen dem Künstler ungemein gut zu Gesicht. Da ist der zweite und mithin letzte geliehene Song nur ein, wenn auch toller, Türöffner für den R&B à la Andersen. Bei der Bobby Womack-Nummer überlässt er das Gitarren-Feld einem gewissen Johannes Noerrelykke, der ansonsten bei Vincent Van Go Go beheimatet ist. Außerdem hat er für die angesagte Singer/Songwriterin Tina Dico gearbeitet. Noerrelykkes Sechssaiter klingt etwas schärfer im Ton als Andersens Gitarre und mit seinen Backing Vocals ist er ein kongenialer Kompagnon.
Das Songwriting, zusammen mit dem Trompeter Rasmus Boegelund und dem Saxofonisten Morten Elbek, hat Überflieger-Qualitäten. Was in den weiteren acht Kompositionen geboten wird, ist zum mit der Zunge schnalzen. Da ist es echt schwer, einen Song herauszupicken. Die sind alle von einem sehr hohen Niveau.
"Information Blues" ist gar kein lupenreiner 12-Takter und "Restless To The Bone" hat den Blues ... mit verlangsamtem Tempo. Claus Sand serviert dazu äußerst jazzige Riffs auf dem Piano. Mit dieser Rhythmik, diesem Gitarrenton und diesen Bläsern muss man erst einmal zweimal hinschauen, ob da bei den Credits nicht B.B. King steht. Nein, es sind Andersen und Elbek.
"Someone Toughened You" ist eine herrliche Lounge-Jazz-Soul-Ballade erster Güte. Sands Keyboards geben dem Track eine wunderschöne Fülle und wenn dann die Bläser aus dem Hintergrund nach vorne krabbeln, ist mächtig viel Stimmung angesagt. Mit der Albumeröffnung wird der Hörer in den Bann der Platte gezogen. Über einem federnden Reggaerhythmus wird bis zu einem ruhigeren Zwischenspiel gefunkt, was das Zeug hergibt. Fette Bläserstakkati stechen immer wieder unter die Haut und dann darf man dazu auch noch tolle Tasteneinschübe genießen. Das ist ein Opener nach Maß und Andersen genießt es förmlich, im tollen Intermezzo die Höhen seiner sehr guten Stimme auszuloten.
"Echoes" beinhaltet eine fantastische Mischung aus flotten Stücken, die den Groove nicht außer Acht lassen und ruhigeren Nummern, die ein betörendes R&B-/Soul-Feeling haben. Andersen ist ein begnadeter Gitarrist, der seine Fähigkeiten und Fertigkeiten in den Dienst der Sache stellt. Die Lieder sind ganz prächtig arrangiert und der Aufbau der Songs hat nichts Klischeehaftes, sondern ist stets zielgerichtet auf die gewünschte Stimmung. So kommt es zu vielen Überraschungsmomenten, die durch sehr unterschiedliche Instrumente oder den Gesang (auch mit den tollen weiblichen Chorussen) in Szene gesetzt werden.
Aus den verschiedenen übergeordneten Genres empfehle ich neben den bereits angesprochenen Songs: "More Of You", "Evil" und "Over You" mit akustischer Gitarre. Konzentriert man sich lediglich auf die Veröffentlichungen der Longplayer, hat Mike Andersen mit "Echoes" einen weiteren großen Schritt hin zu einer sehr gut ausgeloteten CD mit viel Soul, R&B und natürlich Blues gemacht. Dicke Empfehlung meinerseits!
Line-up:
Mike Andersen (vocal, guitar)
Claus Sand (piano, organ, Rhodes, Wurlitzer, clavinet, Arp synth)
Rasmus Boegelund (trumpet)
Morten Elbek (saxophone)
Mikkel Fisker (bass)
Jens Kristian Dam (piano - #5, ace tone - #8, drums, percussion)

Guests:
Boo Boo Davis (vocal, harmonica - #5)
Johannes Noerrelykke (backing vocals - #1,3, rhythm guitar, guitar solo - #3)
N.O. Thorning (piano - #2,10)
Josef Baumgartner (organ - #2, Wurlitzer - #8)
Palle Hjorth (mellotron - #4)
Mikkel Raki Balele Sortstjerne (congas - #7)
Niels Mathaisen (tenor saxophone - #10)
Nikolaj Boegelund (trombone - #8)
Lasse Lauridsen (baritone saxophone - #1,8)
Gregory Boyd (backing vocals - #3,8)
Sisse Kold (backing vocals - #6)
Laura Kjaergaard (backing vocals - #7)
Nina Luna (backing vocals - #7)
Pia Troejgaard (backing vocals - #7)
Tracklist
01:Still Carry A Torch (3:49)
02:Over You (4:02)
03:Woman's Gotta Have It (4:12)
04:Someone Toughened You (4:10)
05:Evil (4:51)
06:Thinking Of You (3:46)
07:More Of You (4:25)
08:Games (5:01)
09:Information Blues (3:14)
10:Restless To The Bone (4:18)
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