Richie Arndt / Mississippi – Songs Along The Road
Mississippi Spielzeit: 42:26 (CD 1); 49:11 (CD 2); 58:44 (CD 3)
Medium: Tripel-CD
Label: Fuego, 2015
Stil: Blues

Review vom 11.11.2015


Joachim 'Joe' Brookes
Aus Matthias Claudius' Gedicht "Urians Reise um die Welt":
»Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was verzählen[...]«
Okay, Richie Arndt ist nicht um die ganze Welt gereist, hat aber definitiv etwas zu erzählen. Klapp, klapp, klapp und vor einem liegen drei in einem wunderschönen Digipak befindliche CDs und ein vielseitiges Booklet. Welcher Blues-Fan träumt nicht davon, einmal die amerikanische Wiege des Zwölftakters zu besuchen?
Vielleicht ist der Wunsch bei Blues-Musikern noch viel größer. Richie Arndt hat sich seinen Traum erfüllt und war dort, wo man Juke Joints, die Frontporch eines Hauses, die Crossroads, das Grab von Robert Johnson oder das B.B. King-Museum besuchen kann.
Die erste Scheibe enthält 11 Songs, die sich um den berühmten Fluss und sein Delta ranken. Auf den anderen beiden Silberlingen erzählt Richie Arndt von seiner Reise an den Mississippi. Bei Train Stories hatte er die Rolle schon einmal inne.
Der Hörer bereitet sich auf die anstehende Reise mit der 'Songs'-CD vor und lässt sich von Richie Arndt und diversen Begleitmusikern vortrefflich in Stimmung bringen.
Ob Traditional, Lieder von Robert Johnson, H. Ledbetter, Chuck Berry, Hank Williams,
Marc Cohn oder Elvis Presley ... der Blues hat nicht nur in den Originalen viele Facetten. Mittendrin gibt der Protagonist sein eigenes "Mississippi Flowride" zum Besten. Verführerisch wie unterschiedliche Gaumengenüsse folgt auf den authentischen Slide-Juke Joint-12-Takter "Backwater Blues" ein rockendes Instrumentalstück mit einer hinlangenden E-Gitarren-Kost. Harper
Dieter Kropp ist die kongeniale Ergänzung zu Richie Arndts Virtuosität auf sechs Saiten.
Die herrlichen Songs haben natürlich einen Bezug zu den Erlebnissen auf den weiteren Platten. Aus Richie Arndts Mund gesungen, hört man die Klassiker immer wieder gerne. Mit eingängig eingesetztem Bottleneck wird man Zeuge einer verdammt rockenden Ausgabe der Robert Johnson-Nummer. Man weiß, wie sehr das Herz des Ostwestfalen auch für den Blues Rock schlägt. Klasse Wah Wah-Pedal-Aktionen unterstützen den Eindruck vehement.
"Strange Fruit", der Begriff für die Lynchmorde an der schwarzen Bevölkerung und Hit für Billie Holiday, wird auf "Mississippi-Songs Along The Road" zu einem fast fünf minütigen Festival der auch jazzigen Klänge aus den Straßen von New Orleans. Der CD-Player trägt schwarz und der Hörer achte in diesem Stück bitte ganz besonders auf die E-Gitarre, die in einer Art Nebenrolle den von den Blasinstrumenten Posaune/Tuba angeführten Trauermarsch begleitet.
"Ol' Man River" wird ins bluesige Country-Genre getunkt und wer meint, den Elvis Presley-Schmeichler "Love Me Tender" könnte man sich hier sparen, hat die Rechnung ohne Richie Arndt gemacht. Mit Kevin Hemkemeier (Kontrabass), einem beeindruckenden Matthias Klause-Gauster (Flügel), Karl Godejohann (Schlagzeug) und dem Frontmann kommt hier jazzige Lounge-Stimmung auf und ist so die etwas andere Überleitung zu Richie Arndts Mississippi-Reisegeschichten.
Im ersten Teil begleiten wir Richie Arndt von 'Memphis ins Delta'. So ist der kurz angespielte Song "I Never Saw The Mississippi" Realität geworden und beide Hörbuch-Platten beeinflussen in mehr als Spielfilmlänge das Kopfkino des Hörers, denn die Erzählungen werden durch vor Ort aufgezeichnete Stimmungen nicht nur authentisch, sondern plastisch. Man ist förmlich gefesselt von den Ereignissen, die schon am Frankfurter Flughafen beginnen. Von Frankfurt nach Chicago und im Flugzeug die Bekanntschaft mit einem indischen Heavy Metal-Drummer.
In Memphis gehören die Sun-Studios zu den Zielen und der Sam Phillips-Rock'n'Roll. Was hat es mit der Nacht zum 04. Dezember 1956 oder dem Peabody Hotel auf sich? Klar, die Beale Street darf natürlich nicht fehlen und die beschriebenen Sicherheitskontrollen bringen Realität ins Spiel.
Es geht auf dem Highway 61, auch Blues-Highway genannt, weiter ans Mississippi Delta. Skunks und die Klimaanlage im Auto werden ein Thema und Delta ist jetzt nicht mehr gleich Delta ... Richie Arndt passt auch perfekt in die Rolle des Geografie-Lehrers. Dann das kleine Holzhaus am Rande des Highways, das durch Marc Cohns Song "Walking In Memphis" berühmt wurde.
Auf den Baumwollfeldern wird jetzt vorwiegend Soja angebaut. Worksongs wurden zum Blues ganz unterschiedlicher Emotionen. Charlie Patton, der reisende Blues-Vater wird erwähnt. Beeindruckend werden Songtitel mit Ereignissen der lokalen Geschichte verknüpft.
Clarksdale und Umgebung... wie eine heimisch-geniale Idee am Crossroads-Symbol zum in der Schlange stehen wird ... der Tod von Bessie Smith ... die Hopson Plantage ... eine unruhige Nacht im Riverside Hotel. Der Blues bekommt durch die Reiselust der Delta-Musiker Verästelungen.
Im zweiten Teil führt uns Richie Arndt vom Delta bis an die Golfküste. Immer noch auf dem Highway 61 kommt man nach Cleveland. Erlebnisse in der Bretterbude, auch Juke Joint genannt. Die historische Farm und vergebliche Versuche, "Crossroads" aufzunehmen. Indianola ... B.B. King-Museum.
Die zwei Gesichter der Stadt Greenwood. Treffen mit Sylvester Hoover ... die ergreifendsten Erlebnisse der Reise ... Shotgun Houses. Über die nicht gerade leckeren Grits am Morgen geht es nach New Orleans. Vielmehr Vielfalt geht nicht mehr. Das letzte Ziel ist Ocean Springs ... Schwimmen unmöglich. Mit der Southern Hospitality und den Worten »Ich werde auf jeden Fall wieder hinfahren. Es gibt noch viel mehr zu sehen.« endet der Reisebericht.
"Mississippi-Songs Along The Road" ist das Schlüsselloch, durch das der Blues-Fan schon immer schauen wollte, um eine Reise ins Delta quasi livehaftig zu erleben.
"Mississippi-Songs Along The Road" ist ein geschichtlich-zeitgenössisches Dokument der Extraklasse.
"Mississippi-Songs Along The Road" ist Pflicht für jeden Blues-Fan.
Line-up:
Richie Arndt (vocals, guitar)
Wolfgang Brammertz (organ)
Björn Diewald (lap steel, keyboards - #2,5)
Bianca Diewald-Shomburg (choir/Tammy)
Christiane Eiben (choir - #2,3,9)
Karl Godejohann (drums - #3,7,8,10,11)
Jens-Ulrich Handreka (electric bass - #1,2,5,6,9)
Kevin Hemkemeier (upright bass - #3,7,8,10,11)
Matthias Klause-Gauster (grand piano - #3,7,8,10,11)
Dieter Kropp (harmonica - #1,4,5)
Stephan Schulze (trombone, tuba - #7,10)
Tine Vonhoegen (choir - #2,3,9)
Peter Weissbarth (1,2,5,6,9)
Tracklist
CD 1: Songs
01:Memphis, Tennessee (2:23)
02:Swing Low, Sweet Chariot (3:18)
03:Walking In Memphis (6:00)
04:Backwater Blues (6:21)
05:Mississippi Flowride (4:12)
06:Crossroads (4:07)
07:Strange Fruit (4:53)
08:Ol' Man River (4:50)
09:Jambalaya & Iko Iko (4:23)
10:Do You Know What It Means To Miss New Orleans (4:13)
11:Love Me Tender (3:21)

CD 2: Hörbuch 1
Von Memphis ins Delta

CD 3: Hörbuch 2
Vom Delta bis an die Golfküste
 
Externe Links: