Zuletzt hatten Richie Arndt & The Bluenatics einen riesigen Erfolg mit Rorymania als auch illustren Gästen wie einem sich in diesen Tagen neu orientierenden Henrik Freischlader, dem Münsteraner Gregor Hilden sowie einem mittlerweile bei der Hamburg Blues Band ausgestiegenen Alex Conti. Nach dem überaus erfolgreichen Album baute Arndt auf Konsequenz und ging mit just den Platten-Gitarristen und seinen Bluenatics auch auf eine ausgedehnte Mehretappen-Tour. Der geschätzte Bluesbruder Jürgen Bauerochse brachte damals seine Begeisterung in einem Konzertbericht zum Ausdruck.
"Rorymania" ist schon ein wenig Vergangenheit.
Selbstredend wandert dieses Themen-Schmuckstück an Musik immer noch in diverse Player an verschiedenen Orten.
Ja, die Platte hatte ein Thema, auch wenn es sich dabei um eine der schillerndsten Personen des Blues handelte: Rory Gallagher.
Im übertragenen Sinn unterliegt die neue Platte von Richie Arndt auch einem roten Faden und das sind Songs über Züge, beziehungsweise deren Strecken. Arndt nennt das kurz und knapp "Train Stories".
Das Album beinhaltet zwei Scheiben und ein Booklet sucht man vergeblich. Digipack aufklappen… zwei Silberlinge. CD 1 trägt den Titel 'Songs' und Nummer zwei 'Stories'.
Stories? Das ist neu! Vielleicht auch nicht ganz, wenn man bedenkt, dass ein Bugs Henderson es fast schon zu einer Tradition hat werden lassen, seine Alben mit »Audio Liner Notes« zu bestücken.
Richie Arndts 'Stories'-CD ist dann doch etwas anderes und viel mehr, als nur erklärende Worte zu den Stücken, wie bei Henderson. Der in Bielefeld geborene Musiker liefert mit der zweiten CD so etwas wie ein Hörbuch ab und wir lernen ihn in einer neuen Rolle kennen… als Geschichtenerzähler. Allerdings ist Platte Nummer zwei nicht nur ein gesprochenes Booklet, obwohl dieser Begriff dem Silberling schon nicht mehr gerecht wird, sondern wir hören auch weiterhin noch Musik (zirka 20 Minuten).
Womit wir wieder bei der ersten CD sind, denn dort gibt es ausschließlich Musik.
Und was für welche! Arndt ist ein bekennender 'Train Song'-Sammler und zusammen mit Felix Janosa auch -Schreiber.
Normalerweise mache ich das ja nicht, aber bezüglich der 'Musik'-Platte falle ich gleich mit den Tasten in die Rezension, um die Spannung zu entspannen: Ein Hammer-Teil hat der Protagonist da mit seinen Bluenatics, bereits genanntem Felix Janosa (keyboards) und den Gästen Kellie Rucker (harp, vocals), Manfred Leuchter (accordion), Werner Lauscher (acoustic bass) sowie Marion Klein (percussion) im Aachener Studio von Alex Jacobi eingespielt. Eine Stammadresse für Arndt.
Ohne Zweifel hatte man für "Rorymania" bereits ein goldenes Händchen bewiesen, die Gallagher-Songs mit einer persönlichen Note zu versehen.
So ist es auch hier mit den acht Cover-Tracks. Ganz groß geschrieben und sehr unterschiedlich sind die Bahnhöfe, aus denen die 'Train Songs' stammen.
Mit dem Lennon/ McCartney- Song "One After 909" als Opener setzt man bereits ein dickes Country Blues-infiziertes Ausrufezeichen. Kellie Rucker hat im ersten Waggon ihre Platzkarte neben Arndt reserviert, denn sie begleitet ihn gesanglich über die gesamte Zugfahrt. An der Harp ist sie auch ausreichend oft meisterlich unterwegs.
Nashs "Marrakesh Express" wird, dank Klein sowie Leuchter zu einem Orient-Express mit Slide-Gitarre. Klasse!
Ganz tief in die Blues-Kiste greift man mit Junior Parkers "Mystery Train".
Wir wechseln in einen Hochgeschwindigkeitszug und Rucker sitzt im Kommandostand, denn mit den Lead Vocals und der Harp ist das ihr Song. Die Schweißnähte der Schienen takten einen herrlichen Groove und nach einer energetisch gerifften E-Gitarre schultert Arndt für die erste Eigenkomposition den akustischen 6-Saiter. "California Sunsets" heißt die Strecke und... ach, einfach herrlich, dieses nicht minder groovend sonnendurchflutete Lied, mit einer durchgehend wunderschön solierenden E-Gitarre.
Leadbellys "Rock Island Line" ist der Brillant unter den Diamanten. Zum Niederknien, wie Arndt sein Arbeitsgerät spielt. Toller Chorus und Rucker lässt durch das geöffnete Fenster ein wenig Gospel-Feeling durch das Abteil wehen.
Blues Rock ist mit einem weiteren Privat-Zug angesagt. Das kennt man und weiß es immer wieder zu schätzen, wenn Arndt & Co. auf diesem Schienenstrang unterwegs sind. Vortrefflich, dieses "Iron, Speed & Steam", kann ich nur schreiben.
"Downtown Train"... ein guter alter Bekannter steigt zu. Schön, dass man sich wiederhört. Soweit ich mich erinnern kann, haben wir uns zuletzt im Jahr 2000 hier getroffen, allerdings ohne Janosa an den Keyboards. Eine sehr gelungene Auffrischung, Leute. Genauso wie "Get On Board", dem wir schon einmal auf dem "Voodoo"-Bahnsteig begegnet sind.
Der Zugführer und seine Begleiter ziehen für Tom Waits' "Down There By The Train" nicht die Notbremse. In ruhiger Fahrt erfreut man sich an der wunderschönen Landschaft, auch weil Leuchter wieder dabei ist.
Mit der Arndt/ Janosa-Komopsition "Breakneck Train" hat man abermals den wuchtigen Blues Rock-Triebwagen angekuppelt. Heulende Wah Wah-Gitarre, pumpender Bass und nach vorne abgehendes Schlagzeug. Richie Arndt & The Bluenatics, so wie wir sie mögen.
Kellie Ruckers "Aching Train" stellt die Weiche in Richtung Country Blues und ihre leicht angeraute Stimme ist einfach klasse.
Für Tab Benoits Swamp-12-Takter benötigen die Bahnschwellen seitliche Verstärkung, abgeliefert von Ruckers Mississippi-Saxofon. Super Groove und ebenso interpretiert. Der Rezensent befindet sich wegen Ruckers Solo abermals auf den Knien.
Wir erreichen die Endstation der ersten Fahrt mit einem akustischen Lied, das auf den Namen "Just Before I Go" hört. Eine herrliche Ballade, mit einem tollen Arndt-Solo, schließt die 'Songs'-CD ab und man hat so viele wunderschöne bekannte, wie neue Landschaften erlebt, sodass diese Reise ganz oben auf den Buchungen des Jahres 2009 steht.
Die Hörspiele gehen mit der bereits erwähnten 'Stories'-Platte weiter.
Der »qualvolle Hang« zum Sammeln von irgend welchen Dingen »ist eine echt maskuline Eigenschaft.«
Und weiter sagt Richie Arndt: »Keine Angst, dies wird keine wissenschaftliche Abhandlung, sondern einfach nur ein Booklet zum Hören. Meine kleine Geschichte der Train-Songs.«
Diese Story erzählt er auf vortreffliche Art und Weise.
Er zieht einen Vergleich zwischen dem Diesseits sowie Jenseits des Atlantiks und lockert diese Geschichten durch passende Musik-Stücke auf. John Lee Hookers "Hobo Blues" oder Jimi Hendrix' "Hear My Train A Comin'" gesungen und auf der akustischen Gitarre gespielt, sind nur zwei Beispiele perfekt ausgewählter Tracks.
Das Arndt-Booklet ist richtig gut.
Man hört ihm gerne zu und so ganz nebenbei erzählt er sich an der Geschichte der Eisenbahn entlang hangelnd die Story des Blues.
Klasse, toll, abwechslungsreich... Nimm die Zeit für gute Musik mit "Train Stories".
Line-up:
Richie Arndt (vocals, guitar, Erzähler)
Jens-Ulrich Handreka (bass)
Frank Boestfleisch (drums)
Felix Janosa (keyboards)
Gäste:
Kellie Rucker (vocals, harp)
Manfred Leuchter (accordion)
Werner Lauscher (acoustic bass)
Marlon Klein (percussion)
Tracklist |
CD 1: Songs
01:One After 909 (2:35)
02:Marrakesh Express (2:54)
03:Mystery Train (3:14)
04:California Sunsets (3:05)
05:Rock Island Line (4:08)
06:Iron, Speed & Steam (3:01)
07:Downtown Train (3:56)
08:Down There By The Train (4:45)
09:Breakneck Train (3:06)
10:That Evening Train (4:24)
11:Get On Board (3:01)
12:Aching Train (3:21)
13:Night Train (5:58)
14:Just Before I Go (3:55)
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CD 2: Stories
01:Kapitel 1 (8:57)
02:Railroad Bill (3:22)
03:Kapitel 2 (7:43)
04:Hobo Blues (2:20)
05:Kapitel 3 (5:36)
06:Hear My Train A Comin (2:16)
07:Kapitel 4 (5:28)
08:Midnight Special (1:51)
09:Kapitel 5 (2:04)
10:Honky Tonk Train Blues (3:11)
11:Kapitel 6 (5:00)
12:Five Hundred Miles (2:17)
13:Kapitel 7 (3:46)
14:Empire State Express (2:06)
15:Kapitel 8 (3:06)
16:Rock Island Line (1:28)
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Externe Links:
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