Mann, ist das schon wieder sechs Jahre her - B.B. & the Blues Shacks bei den
Schmölzer Blues Tagen?
Das war auch einer der ganz heißen Gigs am Schloss, damals mit R.J. Mischo
als Gast. Was die beiden Harper da auf der kleinen Bühne rausgelassen haben - allererste Sahne. Und dazu der Gitarrist auf seiner Halbakustik-Klampfe, der mit seinem Klimper-Sound sämtliche Paulas und Strats des Abends in die Ecke stellte. Auch die beiden anderen, am Kontrabass und am Schlagzeug machten schön Dampf. Eine richtig scharfe Bluesband, die da das Zelt auf den Kopf stellte!
Nach dem schweißtreibenden Gig waren die beiden Arlt-Brüder noch richtig aufgeheizt, aber hatten durchaus Bock, sich mit ihren neugewonnenen Fans abzugeben. So zeigte mir Andreas seine beiden Gitarren, eine schöne alte Gibson ES 335 und ein blasses nach Plastik aussehendes Teil, das ich nicht kannte: »Das ist eine Danelectro, gar nicht teuer, kriegst du für 600 Mark…« Und der smarte Michael war sogar erstaunt, als ich fragte, ob er sich einen Moment mit mir unterhalten würde! »Ja, es macht verdammt viel Spaß in so einem Zelt auf Tuchfühlung mit dem Publikum zu spielen und das hat auch den Mischo richtig angeturnt - das habt ihr doch gehört oder?«
So und nun liegt mir ihr mitgeschnittener Auftritt vom 7. und 8. Oktober 2005 im Hildesheimer Lokal Vier Linden mit seinem schönen alten Ballsaal vor. Das Bremer CrossCut-Label hat sich wirklich nicht lumpen lassen und seinen Schützlingen eine CD und eine DVD in satter Aufmachung spendiert. Beide sind nicht gleichen Inhalts, allerdings sind sechs Titel identisch. Ich stelle hier die DVD vor.
Die Band gehört sicher zu den besten deutschen Bluesformationen und zu den umtriebigsten dazu. Gegründet Anfang der 90er Jahre haben sie mittlerweile weit über 1500 Konzerte gespielt, in West- und Osteuropa, in Russland und auch in den USA. Derzeit sind sie wieder international unterwegs, am 01.12. beenden sie eine fünfwöchige Tour mit Auftritten in der Schweiz, in Dänemark, Holland, Spanien und Polen, anschließend geht es weiter durch Deutschland und Österreich (s. Tourtermine in RockTimes).
Gleich vornweg. Der Stil, schon immer retro-orientiert, hat sich noch eindeutiger zeitlich 'nach hinten' verlagert. R&B mit einer ganzen Menge Swing ist nun klar tonangebend, der Blues ist zwar auch noch gut vertreten, aber nicht mehr so dominant. Die Musik verbreitet Spaß, den Spaß der Fünfziger und der frühen Sechziger Jahre. Schmalztollen, Koteletten, Pettycoats und Borgwards mit Plastikblumen am Amaturenbrett, das taucht da im Geiste auf. Und auf der Bühne Schnarrbass, bauchige Gitarren, ein Flügel, Tanzmucke-Ludwig-Schlagzeug und das typische 'Fahrradlampen'-Mikrophon der Nachkriegszeit.
Mit "Cool Drinks" (bzw. "Hot Shot Bop" auf der CD) heizen die Jungs gleich kräftig ein. Dann kommt Sänger und Harper Michael Arlt auf die Bühne und croont erstmal in bester Sam Cooke-Manier "You Can Always Depend On Me". "Let's Get Crazy" ist ein gekonnter R&B-Rocker im Stil von Elvis. Aber dann ist Jump-Blues-Time! Bei "She's Got Her Eyes On Me" quetscht der jüngere Arlt erstmal ein Intro aus der Mundharmonika, dass sich die Haare aufstellen. Was hat der für einen kraftvollen Ton drauf! Und Andreas zeigt, was er für ein Klasse-Mann auf der Gitarre (immer noch die ES 335) ist. Da sitzt jeder Lick, jede Single Note - kein Frickler, sondern einer, der gekonnt Spannung aufbaut. Dann wieder die Harp - yeah, that's really deep blue! Beim "Mad Man Blues" markiert Michael gekonnt den Macker und lässt ein weiteres Dampf-Solo aus seinem Mississippi-Saxophon raus.
Dagegen ist "Can't Hide Love" 'very laid back', ein lockerer Shuffle. Ein paar Zacken schärfer folgt dann "Truckload Of Worries", bei dem Dennis Koeckstadt den Flügel schön rollen lässt - das ist Boogie (und nicht das ewig gleiche Runtergeschrubbe von Status Quo & Konsorten)! "Stompin' And Rollin'" fetzt genauso, wie es der Titel verspricht, ein Rock'n'Roll á la Bill Haley, aber mit 78 UpM gespielt. Langsamer Chicago Blues mit "Good Night's Sleep" und einmal mehr Andreas im Stil der drei großen Kings. Bei "Lowdown Ways" shuffelts noch einmal kräftig. Für die letzten beiden Tracks auf der DVD steigt der Kanadier Johnny Ferreira mit dem Sax ein und die Band schaltet wieder auf die 50er Jahre um. "If That Ain't Love" ist ein astreiner R'n'R mit scharfem Jerry Lee Lewis-Piano, bevor die Band ihr begeistertes Publikum (der 800 Mann-Saal war an beiden Abenden ausverkauft) mit dem Schleicher "Talk To Me" und einem nochmals perfekt aufcroonenden Michael Arlt heimschickt.
Die beiden Brüder sind hervorragende Blues-Instrumentalisten. Andreas spielt seine Gitarren 'clean' und ist auf der Bühne eher zurückhaltend, aber trotzdem absolut präsent und tonangebend. Michael hat seit Schmölz noch einmal zugelegt und kann sich mit seiner kraftvollen, expressiven Harp-Technik wohl schon mit den Besten der Welt messen. Bei den R&B-Nummern ist er als Sänger Klasse, aber bei den reinen Bluessachen da fehlt ihm doch etwas die Stimmsubstanz. Die Rhythmusabteilung arbeitet gewohnt gut, als absoluter Gewinn erweist sich die Hinzunahme von Dennis Koeckstadt, der sein Licht im Bonusteil etwas sehr unter den Scheffel stellt.
Die alternativ auf der CD enthaltenen Titel ähneln vom Stil her ihren Pendants auf der DVD. Beide Scheiben sind vom Sound her astreine Produktionen. Wie auch bei der Bühnengestaltung wurde hier auf die 'Retro'-Atmosphäre viel Wert gelegt. Die Bildführung der drei Kameras unter der Regie von Markus Wustmann ist nur anfänglich etwas 'sprunghaft', fängt aber dann das Bühnengeschehen und die Emotionen der Musiker gut ein. In den Home Stories im Bonusteil (ca. 25 Min.) stellen die Bandmitglieder ihre Instrumente vor und erzählen über ihre Spieltechniken, was nicht nur für Musikerkollegen interessant ist. Drummer Andreas Bock fehlt dabei - er wurde mittlerweile von Bernhard Egger ersetzt. Dazu gibt's noch einen Song aus der Kneipe (ob die wohl immer ihre Instrumente zum Kaffeetrinken mitnehmen?) Und was höre ich da von Andreas beim Rundgang durch sein Gitarrenzimmer: »Das ist eine Danelectro, kriegst du an jeder Ecke für 300 Euro... «
Anhand der gleich hohen Qualität der zwei Scheiben gibt es für mich nur eine Empfehlung: Beide kaufen - und hingehen, wenn die Shacks mal in der Ecke spielen!
Line-up:
Andreas Arlt (Guitar)
Michael Arlt (Vocals, Harmonica)
Dennis Koeckstadt (Grand Piano)
Henning Hauerken (Upright Bass)
Andreas Bock (Drums)
Special guest:
Johnny Ferreira (Tenor Sax)
Tracklist |
DVD:
01:Introduction
02:Cool Drinks
03:You Can Always Depend On Me
04:Let's Get Crazy
05:She's Got Her Eyes
06:Mad Man Blues
07:Can't Hide Love
08:Truckload Of Worries
09:Stompin' And Rollin'
10:Good Night's Sleep
11:Lowdown Ways
12:If That Ain't Love
13:Talk To Me
Bonus: Home Stories
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CD:
01:Hot Shot Bop
02:You Can Always Depend On Me
03:Let's Get Crazy
04:She's Got Her Eyes On Me
05:Can't Hide Love
06:Lose My Mind
07:Stompin' And Rollin'
08:Good Night's Sleep
09:Hear My Baby Naggin'
10:Letter From My Baby
11:Ain't A Home No More
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Externe Links:
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