Die Szene in Oberfranken Teil IV
Party Hello - Goodbye;
Festivals und Musikkneipen




Zwischenruf vom 01.09.2006


Norbert Neugebauer
Open Airs und Zeltfestivals
Dieser Teil über das aktuelle Rockleben in Oberfranken sollte mit der Vorschau auf die 14. Schmölzer Blues Tage beginnen. Statt dessen reiht sich nun auch dieses Event bei denen ein, die zumindest 2006 nicht mehr auf dem Kalender der Musiksüchtigen stehen.
LuftgitarreKleinere Festivals, vor allem Open Airs von lokalen Ausrichtern ohne großes kommerzielles Interesse, die hauptsächlich einem speziellen Publikum Live-Musikgenüsse ermöglichen, gibt es bei uns teilweise kontinuierlich seit Jahrzehnten. In den vergangenen beiden Jahren haben aber gleich mehrere ihre Aktivitäten aus unterschiedlichen Gründen eingestellt. Die 'Eintagsfliegen' lasse ich mal weg.
So ging das 17. Alternate-Festival in Peesten (Gemeinde Kasendorf) bei Kulmbach unter der Regie von 'Brandy' Schäck am 24.7.2004 zum letzten Mal über die Bühne. Neben angesagten Szene-Bands waren meist auch lokale Gruppen mit von der Partie. Nachdem der Organisator 2005 nicht mehr weitermachen wollte, holte der gastgebende Verein Coverbands mit wenig Resonanz auf seinen Sportplatz, heuer ist das Open Air komplett ausgefallen. Der 'Brandy' hat aber signalisiert, dass es mit ihm eine Fortsetzung geben könnte.
Ebenfalls 2004 kam das unerwartete Finale für Oberfrankens ältestes Open Air, der Live Music Night in Klosterlangheim. Seit 1984 wurde dort auf den ehrwürdigen Kellern ein vorwiegend blueslastiges Programm geboten. Der Eigentümer kündigte kurzfristig vor dem Festival 2005 die Spielstätte, näheres war dazu nicht zu erfahren. Inzwischen haben die Veranstalter, der Fanfarenzug und die St. Georgs Pfadfinder aus Lichtenfels, ihr Programm komplett ins dortige Stadtschloss verlegt, in dem sie auch schon seit 2000 Konzerte durchführen.
Woodstock Open AirZwei vom Line-up ähnliche Termine sind/waren das Rock im Wald in Neuensee bei Lichtenfels und das Feilitzsch Open Air bei Hof/Saale. Das RIW gibt's seit 1995 und hatte am 16./17. Juni 2006 elf Bands gelistet, darunter die beiden schwedischen von Mother Misery und The Bones. In Feilitzsch steppte von 2000 bis 2005 der Bär, nach den letzten beiden verregneten Open Airs genehmigte sich der Veranstalter (Zentralverein Feilitzsch e.V.) nun aber eine Auszeit. Beide Veranstaltungen haben/hatten eher die jüngere Generation im Blickfeld und sind jeweils zum guten Teil mit fränkischen Bands bestückt (gewesen).
Woodland e.V. versteht sich als 'Non-Profit-Verein', der in Naila das gleichnamige Festival auf die Beine stellte und sich um die Förderung junger Künstler kümmern will. Die Macher aus drei Jugendorganisationen holten eine recht attraktive Mischung mit beachtlichen Headlinern, u.a. Liquido, Fools Garden, The Busters, Waikiki Beach Bombers, Die Springer, Rich Hopkins & Luminarious oder Mutabor zusammen mit Bands aus der weiteren Region auf ihre Wiese und hatten bei ihren drei Open Airs bis 2005 lt. HP 3000 Besucher. Dass dabei finanziell zumindest einmal etwas hängen geblieben sein muss, war aus einer Spende an den örtlichen Kindergarten zu ersehen. In diesem Jahr gab es ein neues Konzept unter dem Titel 'Naila rockt' und lockte, ebenfalls als Open Air, mit dem hierzulande wohlbekannten Headliner Fiddler's Green ein »trendorientiertes« partywütiges Volk an.
LuftgitarreNoch jung ist dagegen das ARTiG-Festival auf dem Landesgartenschau-Gelände in Kronach, das 2006 erst zum zweiten Mal stattfand. Verantwortlich dafür zeichnet der Jugend- und Kulturtreff Struwwelpeter. Allerdings gab es einen Vorläufer, das 'InGe Rockt'. Der Umzug vom ungemütlichen Industriegelände in den schönen Park hat sich allerdings noch nicht so ausgezahlt, wie es zu wünschen wäre. Obwohl das Programm eher für Jüngere zugeschnitten ist, waren doch auch jeweils Bands (z.B. The Seer, Sexto Sol oder die Pressgang aus England) eingeladen, die 'gesetzteren' Rockfans durchaus gefallen sollten.
Liedermacher-Musik und auch Rock ist beim Tambacher Sommer (bei Coburg), auf der Plassenburg in Kulmbach oder bei den 'Songs an einem Sommerabend' auf Kloster Banz (nahe Bad Staffelstein) zu hören. Beim diesjährigen Coburger Open Air gastierte Simply Red.
Very special: Die Schmölzer Blues Tage
Nina T. Davis und T. BlacksmithUnd nun hinterlassen die Schmölzer Blues Tage einen dicken weißen Fleck in meinem Terminkalender. Wie alle Jahre war das erste September-Wochenende für das Zelt-Festival in Küps vor den Toren der Stadt Kronach reserviert gewesen. Seit 1993 hatten Tom Karger und Uwe Angermüller mit ihren Freunden jeweils an drei Tagen Künstler in ihr Dorf geholt, die die unterschiedlichsten Spielarten des Blues auf die kleine Bühne brachten. Das Line-up der bisherigen 13 Blues Tage kann sich sehen lassen. Die halbe deutsche Blues-Prominenz und auch viele internationale Acts fanden sich ein und waren in der Regel genauso begeistert wie die Fans von dieser besonderen Veranstaltungsreihe.
Los ReyesSchmölz ist ein Amateur-Festival, von Liebhabern in erster Linie für sich und die Musikbegeisterten im Umkreis gemacht (was allerdings treue Fans aus ganz Deutschland nicht ausschließt). Entsprechend hemdsärmelig geht's auch zu, die bewährte Crew weiß, wo angepackt werden muss. Hauptsache, das 300 Mann-Zelt steht und das süffige Frauendorfer Bier aus der nahen Fränkischen Schweiz (dem Gebiet mit der weltweit größten Brauereidichte!) ist da. Der Rest - werd scho! Da kommen die Veranstaltern auch nicht ins Schwitzen, wenn die erste Band des Abends noch irgendwo auf der Autobahn weit ab unterwegs ist (The Moochers, die sich, 1997 direkt aus Manchester kommend, gründlich verfahren hatten). Kurzerhand werden die lokalen Blueser zusammengetrommelt und eine Jam-Session organisiert. Die Nacht ist ja noch sooo lang… Zumindest bis die Polizei kommt, weil die traditionell letzte Bluesrock-Combo um 2 Uhr noch einmal kräftig aufdrehen muss.
Eb DavisFür einen der heißesten Gigs sorgte Memo Gonzales mit den Bluescasters (ebenfalls 1997), Eb Davis mit seiner Superband gastierte mehrfach, für ungewöhnliche Töne waren vor allem die Ostblock-Künstler aus Polen (Schau Pau Acoustic Blues, 1998) oder Ungarn (Dr. Valter & The Lawbreakers, 2002) zuständig, während von den Skandinaviern und Italienern eher herkömmlicheres Handwerk (Monaco Blues Band, 1999, Lightnin' Moe & his Peace Disturbers, 2002 - Mama Blue Blues Band, 2002, Hotel LaSalle, 2005) zu hören war.
Neue Facetten brachten ausgerechnet die 'Exoten' T-99 aus Holland und Los Reyes Del K.O. aus Spanien (beide 2004) ein. Neben diesen internationalen Spitzenkönnern erhielten auch deutsche und einheimische Bands immer wieder die Chance, sich vor einem begeisterungsfähigen Fachpublikum zu präsentieren. Voodoo Chile (als echte Lokalmatadore) nahmen gleich ihre erste CD "Live in Schmölz" hier auf.
Henrik FreischladerEhrlich gesagt, mich haben oft sogar die nationalen Bands mehr vom Hocker gerissen. Die schwäbischen Zydeco Playboys waren die absoluten Partykings (1997), Jessica Born und die Foolhouse Blues Band aus Frankfurt gefielen mir mit jazzigen Blue Notes, ein Feuerwerk, vor allem auf der Lapsteel, brannte Michael van Merwyk mit Blue Soul aus dem Sauerland ab, die Hildesheimer B.B. & The Bluesshacks mit R.J. Mischo ließen die Fans der traditionelleren Spielweisen und der Harpsounds jubeln und dann zeigte im letzten Jahr auch noch ein ganz Junger aus Wuppertal, wo's künftig lang geht - Henrik Freischlader.
Das Besondere an Schmölz ist, dass sich die Bands und die Fans unmittelbar gegenüber stehen. Vor der halbmeterhohen Bühne (natürlich ohne Absperrung) ist dick Kies aufgeschüttet, weil's meistens regnet und sich dann schon mal ein Bächlein durchs Zelt schlängelt. Oder aber es ist so heiß, dass das Kondenswasser von der Zeltdecke tropft. Vor allem den internationalen Gästen, die meist in einer nahen Burg nächtigen, schmeckt das fränkische Kellerbier. Kein Thema, dass sich die nach den Gigs noch im Zelt aufhalten und kräftig mitbechern. Des Öfteren ist auch schon mal ein Musiker verschwunden, der beim Altstadtfest in Kronach wieder auf- oder irgendwo in einem gastfreundlichen Bett untertaucht. Am Sonntag gibt's eintrittsfrei meist Akustisches oder auch eine Jam bis in den Abend. Das Dorf kommt zum Frühschoppen, bleibt zum Mittagessen (Braten mit Klößen) und auch bis zum Kaffeetrinken, solange halt noch irgendjemand ausschenkt und Musik macht. Aber in dem Jahr ist nix, weil bei Tom und Uwe der Beruf Vorrang hat und so geht's mir wie den Machern: »Leise tönt's aus dem Gehölz, leckt mich am Arsch, 2006 kein Blues in Schmölz!«
Hallen, Clubs und Kneipen
CoppeliusWas ist mit den festen Lokalitäten? Bei den großen Hallen derzeit nichts Neues. Viel Programm für zu teures Geld. Und die Freiheitshalle in Hof sucht noch immer einen Sponsor für die Sanierung. Der Live Club in Bamberg hat ab und zu noch interessante Gigs, aber inzwischen mit den Haas-Sälen und der Blues-Bar zwei Ableger, in denen regelmäßig kleinere Auftritte stattfinden. Ebenfalls in der touristischen Sandstraße bietet der Jazzclub sein spezielles Programm. Eine sehr interessante Lokalität ist der urige Nepomuk in Altenkunstadt, der offensichtlich die richtige Mischung für ein breitgefächertes Publikum gefunden hat und auch der Schauplatz der bisherigen 'Gator Parties' war (für 2006 bisher noch keine Ankündigung …). Zwei Nummern kleiner, aber mindestens genau so gemütlich, ist das Desert Pinguin in Kulmbach, eine Musikkneipe mit besonderem Programm.
LiveprojektRaum HO. Seit 2004 gibt's den Rock Keller in Schwarzenbach/Saale, ein rustikaler Club, zwar etwas schmal, aber auch recht ansprechend. Der Musik-Schwerpunkt liegt bei Blues Rock und Southern Rock, aber auch Cover-Bands und lokale Größen treten regelmäßig auf. Der Keller dient als Hauptquartier für Flatman. In der Stadt Hof ist der Alte Bahnhof die Musikkneipe mit der längsten Tradition, in der schon in den 70er Jahren internationale und nationale Künstler von Rang auftraten. Auch heute ist noch ab und zu Live-Musik angesagt, allerdings meist lokale Bands, die die nicht allzu große Bude voll machen. Obligatorisch startet hier das Liveprojekt sein neues Programm.
Gwyn AshtonSeit September 2005 ist Hof um eine anspruchsvolle Location reicher - das Kult. Eine Veranstaltungshalle im Gewerbegebiet mit 500 m² , deren dritte Ausbauphase im Herbst 2006 mit einem Bistro abgeschlossen ist. Bislang wurden die unterschiedlichsten Musikrichtungen gespielt, zuletzt war der Saal beim 'Franken Schwarz Festival' gerammelt voll. Ein paar Kilometer die Saale runter gibt's den Folk Club Isaar im alten Dorfwirtshaus. Der FCI ist ein Verein mit rund 100 Mitgliedern, der bis auf den Sommer monatlich Folkkünstler und Anverwandte in den kleinen Saal holt. Mal treten Stars wie Show of Hands aus England auf, mal die Kumpel von Ichwaasaned oder das Freie Fränkische Bierorchester. Urtümlicher und ursprünglicher geht's nicht, unten gibt's Kochkäs und Pressack, oben feinste akustische Musik auf Tuchfühlung.
In Kronach veranstaltet das Struwwelpeter Konzerte mit unterschiedlichen Sounds; Punk, Alternative, Folk, Latin, Ska - alles geht. Und in meiner Heimatgemeinde Nordhalben ist derzeit die Luft mit Rock-Konzerten in der Nordwaldhalle raus. Unser Verein ATSV erlaubt sich einmal pro Jahr einen Gig zu veranstalten, je nachdem, nach was dem Vorstand grad der Sinn steht.
Übrigens: Bei meinen Nachfragen bei den verschiedenen Organisatoren bekam ich mehrfach keine Antwort. Dass die PR in RockTimes noch immer die günstigste ist (weil sie nix kostet) und auch was bringt, hat sich wohl noch nicht überall rumgesprochen. Auch das zeigt, dass erfolgreiches Veranstalten gelernt sein will!
Impressionen
Show Of Hands    Fabio Drusin    Fast Eddy
Lizard      Johnny Neal      Mischa den Haring
Meinhart    Oskar Bauer    Dr. Valter
Matt Wash
Externe Links: