Jim DeRogatis und Greg Kot / Beatles gegen Rolling Stones
Beatles gegen Rolling Stones 192 Seiten
Hardcover
Medium: Buch
Hannibal Verlag
Auflage: 2011
ISBN 978-3-85445-347-5
39,99 EUR (D)

Review vom 01.12.2012


Sabine Feickert
"Beatles gegen Rolling Stones – Die großen Rock'n'Roll-Rivalen" so reißerisch betitelt der Hannibal-Verlag sein knapp 200-seitiges Werk in superedler Aufmachung. Groß und schwer lädt es zu Mußestunden im Lesesessel ein, für notorische im-Bett-Leser ist es eher unhandlich. Wie die Mitte einer Schallplatte wirkt die Titelseite und dort, wo beim Vinyl ein schnödes Papieretikett klebt, ziert ein Wackelbild den Buchdeckel. Je nach Blickwinkel sind da die brav gestylten Pilzköpfe oder die exzentrischen Stones zu sehen.
Bei zwei Autoren, Jim DeRogatis und Greg Kot, bietet es sich natürlich in dem Fall an, jeder Band einen Autor als 'Sprachrohr' an die Seite zu stellen. Im Prinzip war das auch schon vom Konzept her so gedacht, aber in der Praxis war das Händchen bei der Auswahl dieser Autoren vielleicht nicht gar so glücklich. Zwar sind sie erfahrene Musikjournalisten, moderieren gar gemeinsam "Sound Opinions", die 'einzige Rock'n'Roll-Talkshow der Welt' beim Chicago Public Radio, sind jedoch beide zu jung, um die Anfangszeiten der Bands miterlebt zu haben. Beide mögen eigentlich beide Bands - sie einigten sich dann darauf, wer wen 'vertritt'. Und auch wenn sie ihre Positionen dann schon recht konsequent vertreten, das wirkliche Herzblut für DIE Band vermisse ich ein wenig.
Doch damit genug, ansonsten gibt es wenig zu meckern. Nicht nur die oben schon erwähnte äußere Ausstattung ist vom Feinsten, auch das Durchblättern und Schmökern macht Spaß. Feines Bildmaterial ist da versammelt.
Thematisch gegliedert ist das Buch in mehrere Bereiche. Zu jedem davon führen Jim DeRogatis und Greg Kot ihre Diskussionen, die manchmal auch eher die Zusammentragung (nicht unbedingt neuer) Fakten sind. Bei den "Schöpfungsmythen" beispielsweise werden Geschichtchen und Anekdötchen ausgetauscht und die ersten paar Alben durchgehechelt, aber weitgehend im Konsens verharrt.
Wenigstens gelegentlich wird in die Polemikkiste gegriffen, so beim Thema "Die Sänger, nicht der Song", wo Greg Kot dann solche Äußerungen loslässt wie »Keith Richards' Backing-Vocals klangen wie die Stimme eines Besoffenen, der zufällig in eine Aufnahmesession hineingeplatzt war und den Part beim Einsingen lernte.« Aber gleich danach schwächt er das schon wieder ab, indem ER, der eigentlich die Beatles vertreten soll, die Besonderheiten der Stimme Jaggers sachlich lobend charakterisiert.
Weitere mehr oder weniger kontrovers diskutierte Themen sind Psychedelia, die bei beiden Bands Einzug hielten und das Schaffen maßgeblich beeinflussten. Zudem werden die Gitarristen, Bassisten und Drummer verglichen, ihre Besonderheiten und Eigenheiten sowie Stärken und Schwächen seziert. Separat behandelt werden die Doppelalben Exile On Main Street versus "Das Weiße Album". Zuletzt folgt ein Exkurs über Ende – Übergang – Neubeginn in den späten Sechzigern und frühen siebziger Jahren.
Zwischendurch erleichtern großzügige ausklappbaren Zeitleisten die Zuordnung in den zeitgeschichtlichen Kontext.
Dazwischen gibt DeRogatis Buchtipps über beide Bands, stellt ihre Filme vor und listet seine liebsten Drumsequenzen von Charlie Watts und Ringo Starr auf. Greg Kot analysiert Bass und Gitarren beider Gruppen.
Belesene Fans werden hier kaum etwas Neues erfahren, können sich aber vielleicht für die edle Aufmachung und das hochwertige Bildmaterial begeistern. Auch der mehrfach geäußerte Ansatz der beiden Autoren, die altbekannten Songs ganz unvoreingenommen neu zu entdecken, kann sicherlich funktionieren.
Insgesamt macht das Buch durchaus Spaß und verlockt zum Schmökern und dazu, die alten schwarzen oder silbernen Scheiben mit offenen Ohren wiederzuentdecken. Es passt ganz sicher unter den Weihnachtsbaum derjenigen Musikliebhaber, die schon viel haben und sich über die typischen 'SOS-Geschenke' (Socken, Oberhemd und Schlips) eher weniger freuen.
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