Believe / The Warmest Sun In Winter
The Warmest Sun In Winter Spielzeit: 50:00
Medium: CD
Label: Metal Mind Productions, 2013
Stil: Prog Rock

Review vom 25.01.2014


Boris Theobald
"The Warmest Sun In Winter" - und dahinter ein Ausrufezeichen. Wie schön Believe doch schon allein durch diesen Titel ihres Albums ausdrücken, welche musikalischen Gefühlswelten sie darauf präsentieren ... Es herrscht Winter, aber dennoch ist da eine Sonne, die selbst in der kältesten Umgebung Wärme zu spenden im Stande ist. "The Warmest Sun In Winter" blickt tief in eine verletzte Seele, sucht Hoffnung und gibt Kraft. Dieses fünfte Studioalbum der Band aus Polen erzeugt seine Botschaften aus introvertierten Stimmungen heraus. Das ist für Believe nichts Neues, wird aber auf "The Warmest Sun In Winter" noch ein Stück weit stärker betont als auf dem Vorgänger World Is Round. Diese Gefühlslage beschreiben Believe aber unheimlich elegant - irgendwo schwebend in der Mitte zwischen bedrückt und hoffnungsvoll.
Details sind wichtig im Klangkosmos von Believe - jeder Ton, der gehört wird, will auch gefühlt werden. Eine simple, aber rhythmisch fein verproggt dosierte Keyboardmelodie eröffnet nach dem Intro "The End" das Stück "Beginners". Verspielte Flötenklänge kommen hinzu, bevor ein Kaskaden-ähnliches Riff von Mirek Gils Gitarre die Nummer augenblicklich groß und episch macht. Es entsteht viel Energie. Sehr heavy wird man dennoch nie, obgleich intensiv. Und wenn Sänger Karol Wróbleski nach fast zweieinhalb Minuten erstmals den Mund aufmacht, begleitet nur von Akustikgitarre, dann scheint kurz alles stillzustehen und bloß zu atmen. Aber doch; die Sekunden auf dem Display ticken weiter. Wróbleski ist ein exzellenter Emotionskünstler. Dieses leichte Beben in seiner ruhigen Stimme ist bewegend; die Intensität seiner kraftvollen Stimme mitreißend.
Schade, dass diese intensiven, 'lauten' Momente nicht sehr oft vorkommen. Mit dem Titeltrack "The Warmest Sun In Winter" nimmt sich die Band anschließend eher noch etwas zurück. Aber es gilt dasselbe wie beim langen "Heartless Land": Diese malerischen Melodielandschaften sind einfach grandios schön. Jeder Ton sitzt. Und wenn dann noch ein schon beinahe übertrieben markanter (aber genau so MUSS er hier!) Fretless Bass dazu pulsiert und dem Hörer durch Mark und Bein geht, dann verfliegt auch die letzte Sorge um etwaige Kitschgefahr. "Heartless Land" zieht sogar noch mal das Tempo an und setzt schwere verzerrte Gitarren ein. Auch diese integrieren sich aber in diesem butterweichen, Seelen reinigenden Flow. Es entstehen fesselnde Crescendi - ein bisschen vermisst man dennoch experimentellere Tracks mit deutlichen Ecken und Kanten wie "Cut Me Paste Me" oder "Guru" vom Vorgängeralbum.
Auch, wenn etwas zu fehlen scheint, um "The Warmest Sun In Winter" so 'rund' und zu einem wirklich überaus großen Album wie "World Is Round" zu machen, so zeigt es trotzdem keine echten Schwächen. Das straighte "Words" ist vielleicht das schönste Beispiel dafür, wie eine leichtfüßig-schwebende Nummer im Chorus plötzlich eine große, kraftvolle Atmosphäre entwickelt. Außerdem liefert Mirek Gil hier die überwältigendsten seiner leidenschaftlichen Soli ab (hat oft etwas von Enchant). "Unborn/Turn Around" erinnert mit seinem Trance-artigen Vibe ein bisschen an geradlinige Spät-70er-Genesis. "Please Go Home" mit seiner schlichten, aber eindringlichen Hookline lebt vom wunderbaren Zutun der Violinistin Satomi, die früher festes Mitglied der Band war und nun leider 'nur' noch als Gastmusikerin auftritt.
Einen zweiten Auftritt hat sie beim Song "The Bright Day", der das Album mit einer erbauenden Portion positiver Energie abschließt. Dass diese Nummer als Hidden Track, quasi versteckt hintangestellt wurde, passt irgendwie in das Gesamtkonzept. Hinter den Titel "The Warmest Sun In Winter" gehört sich vielleicht doch kein Ausrufezeichen, sondern ein Fragezeichen. Denn wir werden Ohrenzeuge so mancher Sinnsuche - und die klingt, auch wenn der ein oder andere unerwartete Moment gut getan hätte, traumhaft schön.
Line-up:
Mirek Gil (guitars)
Karol Wróblewski (vocals)
Konrad Wantrych (keyboards)
Przemek Zawadzki (bass guitar)
Vlodi Tafel (drums, percussion)

Special Guest:
Satomi (violin - #6,8)
Tracklist
01:The End (1:49)
02:Beginners (8:05)
03:The Warmest Sun In Winter (5:36)
04:Words (5:45)
05:Unborn / Turn Around (8:07)
06:Please Go Home (4:51)
07:Heartless Land (10:53)
08:The Bright Day (2:29) [Hidden Track]
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