Betontod / Antirockstars
Antirockstars Spielzeit: 43:43
Medium: CD
Label: Better Than Hell / Edel, 2011
Stil: Rock, Punk

Review vom 30.08.2011


Daniel Daus
Eigentlich habe ich mit solcher Musik wie der von Betontod nur wenig oder fast gar nix am Hut. Bezug habe ich zu diesem Quintett aber dennoch, zumindest indirekt. Zum einen stammt die Band aus dem gleichen Ort, in dem ich wohne, nämlich Rheinberg, zum Zweiten habe ich lange Jahre zusammen mit ihrem Gitarristen Frank Vohwinkel fast jeden Freitag-Nachmittag (Hallen-) Fußball gespielt, auch wenn das mittlerweile schon ein Weilchen her ist.
Damals steckte die Band noch in den Kinderschuhen und wurde von den meisten Anwesenden, inkl. mir, doch ein wenig belächelt. Wenn der gute 'Eule' in seinem Borussia Dortmund-Trikot anschließend direkt zum nahegelegenen Proberaum gewandelt war, schepperten von dort aus zu unserer 'Bier-danach-Runde' doch recht suspekte Töne herüber. Manchmal streifte er auch die Lederjacke direkt über, zumeist, wenn seine schrillen Kumpels ihn für einen Gig am Abend direkt an der Halle einsammelten. Ich hätte zu diesem Zeitpunkt, ehrlich gesagt, keinen Pfifferling darauf verwettet, dass diese Burschen es mal musikalisch zu was bringen würden. Aber Totgesagte leben ja bekanntlich länger, Betontod-gesagte scheinbar noch etwas mehr.
Fakt ist aber, dass sie in all den Jahren (jetzt schon 20!) mit unzähligen Auftritten hierzulande sowie auch international und mittlerweile fünf Alben zu einer doch beachtenswerten Truppe herangereift sein müssen, sich sogar Herr eines eigenen Plattenlabels (mit professionell begleitetem Vertrieb und Promotion) nennen dürfen und auch mit Teilnahme wie u.a. bei der GOND- und dem Wacken-Festival den Status vieler lokaler und regionaler Durchschnittsbands längst hinter sich gelassen haben. Für mich sind sie vor allem aufgrund der selbstgeschriebenen Songs und der damit verbundenen Kreativität zur einzig verbliebenen, ernst zu nehmenden Band Rheinbergs (eine Stadt, die Jahr um Jahr leider lieber Formationen protegiert, die zum x-ten Male durchgekaute Covermusik abliefern, was bei mir immer wieder den einen oder anderen Brechreiz auslöst...) avanciert.
Was ich auf "Antirockstars" geboten bekomme, ist natürlich nicht unbedingt filigranes musikalisches Handwerk, noch irgendwelches hochgeistiges Dichtgut in den Texten. Die Band präsentiert jedoch einen unbekümmerten 'Geradeaus-Hau-Drauf-Rock', der in Eintracht mit einem recht häufig proklamierten, aber durchaus glaubwürdigen Wir-Gefühl daherkommt. Der Einfluss der Toten Hosen (deren langjähriger Drummer Wolfgang Michael Rohde alias Wölli ist ja auch ein früher Förderer der Jungs) ist natürlich omnipräsent, in meinem, in dieser Sparte begrenzten Hörspektrum vielleicht noch Zeltinger, aber auch dezente Anleihen von internationalen Acts wie u.a. sogar Motörhead oder überraschender Weise Thin Lizzy/Gary Moore, schimmern jetzt durch ihre Musik. Diverse Passagen aus dem Melodic Metal-/Rock-Bereich sind mittlerweile verinnerlicht und manchmal hört man sogar Twin-Gitarren.
Meine persönlichen Favoriten des Albums sind "Nebel", bei dem eine auf der Promo nicht genannte junge Frau (im Stile der Humpe-Sisters) gesanglich einen schönen Gegenpart zu Oliver Meisters (mir auf Dauer oft zu monotonen) Gröhlgesang bildet, "Keine Popsongs!" (mit schön formulierter Kritik an der Plattenindustrie), das mit richtig guter Gitarrenarbeit bestückte "Wenn der Sturm beginnt" oder auch das mit einigen Tempovarianten gebrachte und teilweise recht atmosphärische "Nie Vergessen".
Nahezu hitverdächtig (mit ein bisschen Glück) dürfte "König Alkohol" sein, ein Gute-Laune-Song mit leicht mitzugröhlendem Refrain (erinnert mich ein wenig an Rio Reisers "König von Deutschland"). Auch "Steh auf!" besitzt relativ hohen Wiedererkennungswert. Am Ende, wenn Betontod bei "20 Jahre" die eigene Bandgeschichte ein wenig Revue passieren lässt, wird's zu überraschenden, ruhigen Akustikgitarren- und Pianoklängen sogar richtig melancholisch.
Dazu stelle ich fest, dass Betontod eine Vorliebe für tätowierte Damen haben muss, auch das Coverbild des neuen Werkes präsentiert wieder (wie auch schon bei Glaube Liebe Hoffung zuvor) eine reichhaltig am Körper verzierte junge Dame! Die Produktion ist druckvoll und knackig umgesetzt. Insgesamt ist "Antirockstars" eine empfehlenswerte Scheibe für Freunde von authentischer, etwas gröberer, deutscher Feierrockmusik geworden!
Line-up:
Oliver Meister (Gesang)
Mario Schmelz (Gitarre)
'Eule' Frank Vohwinkel (Gitarre)
'Ado' Adam Dera (Bass)
Maik Feldmann (Schlagzeug)
Tracklist
01:Gloria
02:Gasolin
03:Nebel
04:Auf eine gute Zeit
05:Keine Popsongs!
06:Wenn der Sturm beginnt
07:Steh auf!
08:König Alkohol
09:Mit Vollgas durch die Hölle
10:Blut
11:Nie Vergessen
12:Am Ende
13:20 Jahre
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