Björn Berge - 02.03.2012, Quasimodo, Berlin
Rocktimes Konzertbericht
Björn Berge
Quasimodo, Berlin
02. März 2012
Stil: Acoustic Music
Fotos: Holger Ott


Artikel vom 11.03.2012


Mike Kempf
Björn BergeEigentlich bin ich kein sonderlicher Fan von Unplugged-Konzerten, schon gar nicht, wenn es sich um einen Alleinunterhalter handelt. Doch Bjørn Berge hatte sich mit seiner letzten Veröffentlichung, Blackwood, im vergangenen Jahr mein persönliches Highlight in der Kategorie 'CD des Jahres 2011' erspielt.
Björn BergeMein Kollege Holger und ich hatten uns vorab für ein Interview mit ihm in seinem Hotel verabredet. Wie es sich für einen 'Star' gehört, ließ er uns erstmal ein Viertelstündchen warten, um anschließend jede von uns gestellte Frage sehr offenherzig zu beantworten. Während ich die Kameras und Aufnahmegeräte bediente, entwickelte sich zwischen Bjørn und Holger eine sympathische Konversation, die man durchaus mit freundschaftlichem Charakter beschreiben kann. Der Sekundenzeiger drehte unaufhörlich seine Runden und nach einer knappen halben Stunde hatten wir das Frage- und Antwortspiel im Sack. Durch die Zeitverzögerung hieß es für uns mit schnellem Stechschritt in Richtung zu einem unserer favorisierten Clubs, dem Quasimodo, zu marschieren.
Björn BergeDort fast zu spät angekommen, konnten wir - welch großes Glück - noch zwei Sitzplätze direkt vor dem Soloartisten ergattern. Um die anderthalb Stunden Wartezeit gut zu überbrücken, werteten wir das Interview in groben Zügen aus und stellten fest, dass Berge uns mit reichlich Infos versorgt hatte. Während des Plauderns betrachtete ich die Bühne und konnte mich nicht erinnern, jemals auf den Holzplanken des Clubs weniger musikalisches Equipment entdeckt zu haben, als an diesem Freitagabend. Zwei Akustikgitarren, einige Pedale, ein Gesangsmikro, Kabel, ein Slideröhrchen, zwei Monitore, und das war schon alles, was der Norweger benötigte.
Björn BergeTour-Begleiter Eric hatte gerade mit seinem letzten Klebstreifen ein Pedal fixiert, den Lüfter angeschaltet und die Wasserflasche geöffnet, als der groß gewachsene Gitarrenchamp die Bühne betrat und den Anwesenden gleich mit dem ersten Song zeigte, wo der Hammer hängt. Und dieser Hammer, wenn man allein nur sein flinkes Gitarrenspiel in Betracht zog, hing ziemlich weit oben. Sehr weit oben!
Björn BergeBerges recht tief angelegten Gesangsvorträge waren ebenfalls nicht von schlechten Eltern, passten sich glänzend seinem Gezupfe an und verliehen seinen Songs das gewisse Etwas. Mir fiel sofort sein außergewöhnliches Fingerpicking auf, das er stilistisch ans Banjo-Spiel angelehnt hatte. Sein Daumen, sowie sein Zeige- und Mittelfinger zauberten Pickings und zelebrierten ein Gitarreninferno, wie ich es in dieser Form noch nie geboten bekam. Teilweise flitzten seine Finger in einer kaum nachvollziehbaren Geschwindigkeit über die zwölf Saiten seiner Cole Clark-Fatlady 2A 12-String. Aktionen, die ich problemlos mit einem Wort auf den Punkt bringen kann: Weltklasse!
Wenn er das Bottleneck über den kleinen Finger seiner linken Hand zog, bevorzugte er meist seine zweite Klampfe, eine Cole Clark-Fatlady 2A, und präsentierte den Anwesenden erstklassige Slide-Einlagen. Zwischendurch verstand er es, mit witzigen Dialogen für so manchen Heiterkeitsausbruch im Club zu sorgen und sammelte damit bei den Fans reichlich Sympathiepunkte.
Björn BergeDass er während seiner 15-jährigen Solokarriere bereits zweimal mit den norwegischen Grammy-'Spellemannsprisen' ausgezeichnet wurde, wunderte mich nicht. Berge erntete von mir zahlreiche ungläubige Blicke und ich fragte mich, wie sein Gehirn wohl gestrickt sein muss, um die Koordination zwischen seinen flinken Fingern, seinem Gesang und seinem rechten Fuß, den er für die 'Drumeinlagen' nutzte, indem er oftmals taktvoll ein Pedal malträtierte, fehlerfrei hinzu bekommen?
Björn BergeSein aktuelles Album "Blackwood" stand im Mittelpunkt der Tracklist, so dass die Fans in den Genuss von Songs wie "In & Out", Joni Mitchells "Woodstock", "Accused" oder "Blues For One", um nur Einige zu nennen, kamen. Dabei kristallisierte sich ein Musikstil heraus, der hauptsächlich aus Blues und Folk bestand, aber auch Jazz-, Rock- und Funkelemente aufwies und in der Gesamtheit den typischen Berge-Stil zum Vorschein brachte.
Björn BergeAls nach zwei Stunden die Messe gelesen war, vernahm ich nur zufriedene Gesichter, die lediglich dadurch getrübt wurden, dass der Gitarrenhexer 'Made in Norge' nicht eine einzige CD zum Verkauf anbot. Warum das so war, weiß ich nicht, doch ließ er mit Sicherheit einige 'Euronen' liegen, denn nach der Vorstellung hätte es sicherlich reißenden Absatz gegeben. Wie dem auch sei, Bjørn Berge wurde ganz fett in unseren Notizbüchern unterstrichen. Und zwar mit dem Vermerk, dass wir uns auch im nächsten Jahr von seinen Gitarrenkünsten überzeugen lassen wollen.
Unser Dank gilt dem Team vom Gordeon-Music für die Organisation des Interviews und der Familie Spießberger vom Quasimodo fürs problemlose Akkreditieren!
Line-up:
Bjørn Berge (guitar, vocals)
Björn Berge           Björn Berge             Björn Berge
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