The Black Crowes / Warpaint (Live)
Warpaint Live Spielzeit: 63:29 (CD 1), 33:02 (CD 2)
Medium: Do-CD
Label: Silver Arrow Records, 2009
Stil: Rock

Review vom 11.07.2009


Markus Kerren
Es soll ja tatsächlich Leute geben, die behaupten, dass The Black Crowes nach ihrem zweiten Album "The Southern Harmony And Musical Companion" (1992) nichts oder zumindest nicht mehr viel auf die Reihe bekommen haben. Eine vollkommen unhaltbare Aussage, wenn ihr mich fragt! Klar waren die darauf folgenden Alben nicht mehr ganz so eingängig und vielleicht auch insgesamt nicht mehr so zugänglich wie die Millionen-Seller der aus Atlanta im Bundesstaat South Carolina stammenden Truppe, und mit "Lions" gab es tatsächlich auch ein schwächeres Album. Und dennoch sind die Crowes eine der authentischsten Combos, die den Rock'n'Roll der Siebziger nicht nur am Leben erhält, sondern ihn auch liebt und lebt.
Nachdem sich die Gebrüder Robinson ca. 2004/05 nach einer jahrelangen Pause wieder zusammengerauft hatten, beackerte die Band erstmal unermüdlich die Bühnen der USA (mit klitzekleinen Abstechern nach Europa), bevor schließlich im März 2008 (in Deutschland) das Comeback-Album Warpaint erschien. Mit einem grandiosen Stilmix aus Rock, Blues, Country, Soul und gar (etwas) Funk ausgestattet, war die Scheibe eine Rückkehr zur Form vergangener Tage, der als einziger Makel vielleicht ein weiterer Rocker gut zu Gesicht gestanden hätte. Wie dem auch sei, es folgten weitere Mammut-Tourneen (erneut fast ausschließlich durch die USA), bevor man sich entschloss, das gesamte letzte Studiowerk auch als Live-Version zu veröffentlichen.
So jammerschade ich es damals auch fand, dass Marc Ford noch vor der Produktion von "Warpaint" zum zweiten Mal aus der Band ausschied, so sehr muss man es auch als Glücksgriff für die Crowes bezeichnen, dass sie den North Mississippi All Stars-Gitarristen Luther Dickinson als Nachfolger gewinnen konnten. Generell ein sehr guter Gitarrist, glänzt Dickinson am meisten, wenn er das Slide-Röhrchen anlegt und zu einem seiner vielen beherzt bluesigen Soli ansetzt.
Zu den Tracks an sich brauche ich nicht mehr allzu viel zu sagen, da dies mein ehemaliger Kollege Manni bei seinem Studio-Review bereits ausführlich und sehr treffend erledigt hat. Nun liegt der exakte Grund, warum man das komplette letzte Studio-Album noch einmal in Live-Format veröffentlichte, ja immer noch im Dunklen. Um den Kontrast aufzuzeigen, der unwillkürlich auftritt, sobald man vor einer Meute auf der Bühne steht? Möglich… Auf jeden Fall bringen die Crowes ihre Songs hier (und wer hätte ernsthaft daran gezweifelt?) mindestens ebenso gut, wie im Studio. Der simple Unterschied liegt einfach darin, dass hier noch eine Extra-Dosis Adrenalin bei den Musikern, sowie auch dem Zuhörer freigesetzt wird.
Dass die Black Crowes sehr stark von den Siebzigern beeinflusst und riesengroße Fans von u.a. The Rolling Stones, Stephen Stills Manassas, The Band, der Allman Brothers Band,
The Velvet Underground, Little Feat, sowie vielen weiteren sind, dürfte schon lange kein Geheimnis mehr sein. Und selbstverständlich bedienen sie sich auch ganz natürlich bei ihren Helden, ohne sie jedoch zu kopieren. Als einsames Beispiel hier nur: In "Whoa Mule" steckt schon ein kleines Stückchen "Casino Boogie" vom Stones-Kultwerk "Exile On Main Street" mit drin, aber auch hier gilt: Es ist kein Fehler, sich aus besten Quellen inspirieren zu lassen, um dies dann in etwas Neues zu transferieren.
Die zweite CD enthält dann noch sechs weitere Schmuckstückchen aus dem Live-Fundus der Krähen. Zunächst geht es mit dem Medley "Poor Elijah/Tribute To Johnson" sehr bluesig und soulig zu, während die Crowes-Originale "Darling Of The Underground Press" und "Bad Luck Blue Eyes Goodbye" zu grandiosen Jams ausarten, erneut mit sehr souligem Gesang versehen. Das Sextett covert mit "I Don't Know Why" einen Track, der auch auf Eric Claptons erstem Solo-Album von 1970 zu finden ist. All das dargebracht mit Ecken und Kanten, Authenzität, Überzeugungskraft und einem warmen, brodelnden und lebendigen Sound.
Ein ganz besonderes Sahnestück ist dann noch die Stones-"Exile…"-Nummer "Torn And Frayed", bei der einmal mehr ganz deutlich wird, warum die Black Crowes so gut sind. Sie covern nicht einfach, sie haben begriffen, worum es in den Tracks geht und schaffen es, das Original-Feeling (nicht unbedingt jede Original-Note) in ihrer eigenen Version zu reproduzieren. Ein weiteres geiles Dickinson-Slide-Solo rundet das Stück dann wunderbar ab. Der gemeine Crowes-Fan muss natürlich auch dieses Album haben und wer grundsätzlich auf Live-Alben mit diesem ganz besonderen Feeling steht, der kann hier auch nichts falsch machen. Aufgrund der zweiten CD gibt es auf jeden Fall 'value for money'!
The Black Crowes sind so 'alive and kickin'' wie schon sehr lange zuvor nicht mehr und man kann sich bereits jetzt auf ihr neues, im September erscheinendes Studio-Album "Before The Frost…" freuen. Apropos: Von der Website der Band kann man sich davon einen Song vorab kostenlos runterladen und zu Gemüte führen. Die Nummer "I Ain't Hiding" klingt ehrlich gesagt sehr ungewöhnlich für die Band, aber auch hochinteressant. In einem nahezu Disco-Sound geht es los und vom Feeling her befindet man sich irgendwo bei "Miss You" von den Stones, mit zusätzlichen Funk-Einflüssen versehen, bis irgendwann eine Allman Brothers-Phase Eintritt und… aber was rede ich, hört es euch einfach selbst an!
Line-up:
Chris Robinson (lead vocals, harmonica, guitars)
Rich Robinson (guitars, background vocals)
Sven Pipien (bass, background vocals)
Steve Gorman (drums, percussion)
Luther Dickinson (guitars)
Adam MacDougall (keyboards)
Charity White (background vocals)
Mona Lisa Young (background vocals)
Tracklist
CD 1:
01:Daughters Of The Revolution
02:Walk Believer Walk
03:Oh Josephine
04:Evergreen
05:Wee Who See The Deep
06:Locust Street
07:Movin' On Down The Line
08:Wounded Bird
09:God's Got It
10:There's Gold In Them Hills
11:Whoa Mule
CD 2:
01:Poor Elijah/Tribute To Johnson (Medley)
02:Darling Of The Underground Press
03:Bad Luck Blue Eyes Goodbye
04:Don't Know Why
05:Torn And Frayed
06:Hey Grandma
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