Mike Bloomfield, Al Kooper, Steve Stills
Super Session
Limited, Numbered Edition
Super Session Spielzeit: 50:24
Medium: Hybrid SACD
(Multichannel Mix in SACD 5.1 Surround Sound and original 2-Channel Stereo Mixes in SACD Stereo and CD Stereo)
Label: Audio Fidelity, 2014 (1968)
Stil: Blues, Jazz, Rock


Review vom 15.10.2014


Ulli Heiser
Es gibt so Namen, da sind sich normale Musikliebhaber wie Kritiker einig, dass es um Personen geht, die ihren Teil an der großen, alle Trends und Stilrichtungen überdauernden Musikhistorie geleistet haben. Um drei ganz edle Vertreter dieser Spezies geht es bei vorliegendem Album mit dem treffenden Namen "Super Session". Die 5.1 Surround-Ausgabe liegt nun als Erstveröffentlichung durch das kalifornische Label Audio Fidelity vor, kann aber auch als normale Stereoversion auf jedem Player abgespielt werden. Und der Klang ist, wie von Audio Fidelity nicht anders zu erwarten, hervorragend. Man bedenke, die Aufnahmen stammen aus dem Jahr 1968, degradieren aber viele moderne und totgepimpte Veröffentlichungen zu Einheitsbrei. Das Multi-Channel-Mixing stammt von Al Kooper und gemastert hat niemand Geringeres als die Legende Bob Ludwig und wer diesen Namen nicht kennt, nun ja...
Analog zum Albumtitel hätte man statt der Namen der Protagonisten ebenso gut 'Super Trio' oder etwas in der Art schreiben können. Man denkt an die Butterfield Blues Band, an Blood, Sweat & Tears, Electric Flag, Moby Grape, Buffalo Springfeld oder CSN.
Al Kooper hatte gerade Blood, Sweat & Tears verlassen und Mike Bloomfield Stress mit Electric Flag. Kooper lud Bloomfield zum Jam ein. Die beiden Musiker kannten sich von der Arbeit mit Dylan auf dessen Meilenstein Highway 61 Revisited. Kooper buchte gleich noch zwei weitere Electric Flag-Members, Harvey Brooks (der auch bei "Highway 61 Revisited" in der Backing-Reihe stand) sowie Barry Goldberg. Für das Schlagzeug war der Studiomusiker 'Fast' Eddie Hoh zuständig, der Mitglied bei der legendären Vereinigung von Studiomusikern, der Wrecking Crew war.
Stephen Stills' Erscheinen ist dem Zustand geschuldet, dass Bloomfield am zweiten Tage nicht im Studio erschienen war. Da das Studio nur für zwei Tage gemietet war, wurde kurzerhand Stills an die Gitarre gestellt. Man muss erwähnen, dass Kooper zu der Zeit eine exponierte Stelle bei Columbia Records hatte und ein Album produzieren wollte. Er dachte sofort an Bloomfield, der gerade Probleme hatte: Stress mit seiner Band und Drogen. Hinzu kam, dass Bloomfield, wie viele musikalische Koryphäen, außerdem nicht der Typ war, der sich anpassen wollte. Sprich, er wollte spielen, wie er es als richtig empfand. Keine Vorgaben eines Produzenten, wann was wie zu klingen hat. Und live war er am besten. Sein alter Kumpel konnte also 'unter ihm', Kooper, frei und ohne Korsett agieren. Das tat er dann auch am ersten Tag auf den ersten fünf Tracks. Morgens fand Al einen Zettel im unbenutzten Bett Mikes: Er war heimgeflogen.
Kooper hatte nun ein Problem - ein halbfertiges Album und keinen Gitarristen. Er rief alle Gitarristen aus Kalifornien an, deren Nummern er bei sich hatte. Unter anderem auch Jerry Garcia und Randy California. An dieser Stelle wage ich mir nicht vorzustellen, was passiert wäre, hätten mehrere der Angerufenen Interesse bekundet. Auf jeden Fall war Stephen Stills der einzige, der geantwortet hatte. Somit konnte das Album, bzw. die Stücke sechs bis neun, fertiggestellt werden.
Dass hier zwei Gitarristen unterschiedlicher Couleur zugange waren, ist überdeutlich zu hören. Auf der Langspielplatte ist das auch sichtbar getrennt, Seite 1 'gehört' Bloomfield und Seite 2 Stills. Auf CD wird der Unterschied mit "It Takes A Lot To Laugh, It Takes A Train To Cry" quasi nahtlos präsentiert. Los geht es aber mit einer Mischung aus Blues und Jazz. Bloomfields Spiel ist kristallklar und immer wieder wechselt sich sein Instrument kongenial mit der schweren Hammond in der Präsentation des Themas. Harvey und Eddie zaubern ein Gerüst, auf dem Kooper und Bloomfield mit traumwandlerischer Sicherheit agieren. Orgel und Piano transportieren pure Macht aus den Lautsprechern, die langsam den Rücken runterwabert. Die Bläser, die gekonnt ab und an aufblitzen, hat Kooper übrigens später dazugemischt.
Auf "Super Session" finden sich einige Coverversionen, die es in sich haben. "Stop" zum Beispiel, eine Nummer von Jordan 'Jerry' Ragovoy (der schrieb unter anderem auch "Time Is On My Side" und "Another Piece Of My Heart") und Mort Shuman (u. a. "Viva Las Vegas"); Orgel und Gitarre vom Allerfeinsten. Soulig und psychedelisch schließt sich Curtis Mayfields "Man's Temptation" an, bevor "His Holy Modal Majesty" mit einer irisch klingenden Ondiolinen-Sequenz beginnt und im Verlauf zu einem angejazzten Jam mit irrer Bass- und Schlagzeugarbeit mutiert. "Really" ist ein Traumblues, der die Klasse Bloomfields eindrucksvoll präsentiert.
Mit Dylans "It Takes A Lot To Laugh, It Takes A Train To Cry" übernimmt Stephen Stills den Sechssaiter und es wird countryrockig. Auch Stills gehört zur ersten Garnitur der Gitarristen, klingt und spielt aber total anders. Mit ein Beweis, wie unsinnig die vielen Umfragen wie 'Wer ist der beste Gitarrist' eigentlich sind. Vielleicht das Highlight der Platte - auf jeden Fall ist das elfminütige Donovan-Cover "Season Of The Witch" ein Leckerbissen. Ein nicht enden wollender Jam mit fast erotischem Wah Wah-Einsatz. Leicht angejazzt, dann wieder runtergefahren, Bläser, die vehement zwischen Gitarre und Schlagzeugwirbel fahren, eine Hammond, die schwer vor dem pumpenden Bass dahinrollt. "You Don't Love Me", eine alte Bluesnummer vom noch älteren Blueser Willie Cobb ist das letzte Stück mit Stills an der Gitarre. Aber es war noch ein wenig Spielzeit übrig und die Musiker überlegten, was mit den zwei Minuten passieren sollte. Gottlob entschied man sich für einen Song von Basser Harvey Brooks. "Harvey's Tune" ist ein leider viel zu kurzes Stück Jazz, das aber Interesse am Musiker Brooks aufkommen lässt.
Audio Fidelity hat ein wahres Kleinod neu aufgelegt; nummeriert und limitiert selbstverständlich. Musikalisch wie klangtechnisch ist das erste Sahne und das Booklet enthält zudem viel an Information - von Kooper selbst und auch die Original LP-Liner Notes von Michael Thomas sind abgedruckt. "Super Session" ist eine äußerst lohnenswerte Angelegenheit sowie ein bewegender Blick zurück.
Line-up:
Al Kooper (piano, organ, ondioline, vocals, 12-string guitar, electric guitar)
Mike Bloomfield (electric guitar - #1-5)
Steve Stills (electric guitar - #6-9)
Harvey Brooks (bass)
'Fast' Eddie Hoh (drums)
Barry Goldberg (electric piano)
Horn Arrangements by Joey Scott and Al Kooper
Tracklist
01:Albert's Shuffle (6:54)
02:Stop (4:23)
03:Man's Temptation (3:25)
04:His Holy Modal Majesty (9:13)
05:Really (5:29)
06:It Takes A Lot To Laugh, It Takes A Train To Cry (3:30)
07:Season Of The Witch (11:07)
08:You Don't Love Me (4:12)
09:Harvey's Tune (2:09)
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