Vor dem F.B.I. gab es "Aguggamidda!".
Die Ska-Gruppe Blue Babies veröffentlichte dieses Album im Jahr 2007. Von Beginn an taucht die Band in den Dschungel des sehr gut servierten Ska ein.
Auch wenn das 'F.B.Ei' bei RockTimes zuerst da war und nun die Henne dazu kommt, ist es so erfreulich wie bemerkenswert, auf welchem Level die Combo ihre etwas andere Musik zwischen Götterspeise, Tarzan und "HardSka" präsentiert.
Eine der besonderen Fähigkeiten der Ska-verrückten Freiburger Band ist die Interpretation von Fremdkompositionen.
Dabei kennen die Blue Babies, wie es besonders auf dieser CD deutlich wird, keine Grenzen im Angebot des Supermarktes der Coversongs.
Was liest man denn da in der Tracklist? "Das Modell" von der Electrobeat-Band Kraftwerk.
Nein, das geht doch nun wirklich nicht, Leute. Falsch gedacht! Schon wenn 'das Modell' hinter dem Vorhang in Erscheinung tritt, weiß der Hörer, dass den Blue Babies keine Hürde zu hoch ist. Auf dem gesamten Weg bis zum Ende des Catwalks und zurück ist die Interpretation ein Hinhörer der Freude. Kontrabasser Matthias Conzelmann sowie Schlagzeuger Michael Schillinger sind die Groovemaster und Rainer Lenz am Akkordeon dominiert im klanglichen Verbund mit Nikolaus Halfmann (Saxofon) die 'Modellparty'. Die Gangart ist eher im Galopp angesiedelt. Das steht dem Song sehr gut zu Gesicht und bei dieser Musik käme jedes Mannequin ins Schwitzen.
Weil es so schön ist, machen wir doch direkt mit den anderen Coversongs weiter.
An Position zwei der Platte sind die "Riders On The Storm" von The Doors in den Startboxen. Da hat man gleich noch "Light My Fire" integriert und selbstredend ist das die Erklärung für die Titelvergabe in Form von "Riders On The Stormfire".
Am Anfang hat man das Gewitter gelassen und es geht bei dem Quintett auch flotter durch den Regenguss. Die Verquickung der beiden Songs stellt eine super Leistung dar und Halfmann findet, frei von jeder Vorlage, zwischendrin eine unbenutzte Spur für sein herrliches Solo.
Quasi ohne Pause bedient sich die Band als nächstes bei Creedence Clearwater Revival.
"Bad Moon Risin'" bringt man durch einen ordentlichen Schuss Rock'n'Roll auf sauschnelle Orbitalgeschwindigkeit und dieses Mal hat man Wert darauf gelegt, dass der Song sehr kompakt gehalten wurde. Dennoch gibt es für Andreas Kopfmann eine Lücke zu einem kurzen Solo auf der Gitarre und dem Track gönnen sie auch noch ein furioses Ende.
Yeah! "HardSka Medley"... die Rockfraktion meldet sich mit starken Sounds zu Wort. Dreimal langt man in die große Kiste: Mit Hells Bells, Eye Of The Tiger sowie "Black Betty" ( Leadbelly, Ram Jam) ziehen die Blue Babies unwiderstehlich ihre Kreise des Hard Rock. Durchgängig ist Highspeed-Ska angesagt und man weiß gar nicht so genau, wo man zuerst hinhören soll. Diese Nummer ist ein ganz sauberer Abschluss der Tour durch die jüngere Musikgeschichte. Die Songs hat Sascha Bendiks, ein ebenfalls aus Freiburg stammender Künstler mitarrangiert. Der Mann bestreitet ein ganzes Programm mit Interpretationen unter dem Motto 'In Teufels Küche - Hard Rock Variationen in es-Moll für Klavier und Akkordeon'.
Ganz tief in die Mottenkiste greift man mit "Ubangi Stomp".
In den Fünfzigerjahren vom Saxofonisten Earl Bostic komponiert, entstaubt die Combo den alten Track ganz automatisch durch ihre persönliche Lesung. Dabei steht das Holzblasinstrument noch nicht einmal im Vordergrund. Viel mehr suhlen sich die Musiker in der Sonne des Balkans.
Das flottere Element hatten wir ja schon.
Mit einer eigenen Nummer ("Ach so"), in deutscher Sprache gesungen, befindet sich die Gruppe auf der linken Spur der Autobahn. Ganz toll ist das mittige Intermezzo im Wiegereggae mit perfektem Toasting.
Die Blue Babies stehen über den Dingen.
Sie nehmen sich und ihre Umwelt ab und an nicht ganz so ernst... "King Of Coffee". Hier schaut man musikalisch auf eines der Anbaugebiete und röstet einen schönen kubanischen Mambo unter das Saxofonsolo.
Experten in Sachen Tarzan, Jane und Cheeta sind sie auch noch.
Zum Geburtstag des Affen haben sie den Titelsong geschrieben. Von einer Liane zur anderen schwingen sich die Musiker. Halsbrecherisch kämpfen Saxofon sowie Gitarre um die Vormachtstellung und mit einem Walzerpart macht die Rhythmusgruppe die Tanzfläche frei von Moskitos.
Den 'Kaffeekönig' gibt es abermals... als "Hot Cappuccino Mix".
Mit mehr Basssound hat man das Original sanft aufgebohrt und die Mixtur ist selbstredend noch einen ganz Tick tanzbarer als die Basisversion. Nach einer längeren Pause gibt es kostenlos noch ein Getränk. Viel weniger steht jetzt die Musik im Vordergrund. Bei diesem Teil empfehle ich, nicht zu trinken, denn irgendeiner der Babies liefert eine Marcel Reich-Ranicki-Parodie. Da bleibt kein Auge trocken und beim ersten Hören hatte ich tatsächlich gerade meinen Becher mit Tee am Mund. Bin ich froh, nicht wischen zu müssen.
Den Blue Babies ist mit "Aguggamidda!" ein herrliches Festival der ausufernden Ska-Musik gelungen.
Line-up:
Nikolaus Halfmann (saxophone)
Rainer Lenz (accordion, vocals)
Andreas Kopfmann (guitars)
Matthias Conzelmann (upright bass, vocals)
Michael Schillinger (drums)
Sascha Bendiks (vocals - #9)
Sabrina Salhab (vocals - #7)
Gil Webster (vocals - #7)
Tracklist |
01:Keep Skankin' (3:02)
02:Riders On The Stormfire (3:03)
03:Bad Moon Risin' (2:44)
04:Das Modell (3:29)
05:Ach Was (3:00)
06:King Of Coffee (4:15)
07:Aguggamidda! (4:03)
08:Ubangi Stomp (3:40)
09:HardSka Medley (4:45)
10:Jelly (4:36)
11:King Of Coffee - Hot Cappuccino Mix (3:28)
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