Erst kürzlich hatte ich über
Jollys Versuche,
audiophile Glücksgefühle zu erzeugen, geschrieben. Was hier ziemlich 'gewollt' klang, gelingt dem hispanischen US-Songwriter
Bravo Johnson, der bürgerlich auf den Namen
Ricardo Amurrio hört, mit "Come Taste The Sun" locker, leicht und aus dem Ärmel geschüttelt. Auch der Titel scheint vortrefflich gewählt, denn
Ikarus gleich zieht diese Musik den geneigten Hörer in Richtung Sonne - eine potenzielle Droge, die den herkömmlichen Alternativen in jedem Falle vorzuziehen ist!
Gut, wenn man ein Haar in der Suppe sucht, wird man in der Regel auch fündig. Der Schwachpunkt
Bravo Johnsons ist in dessen weinerlicher, brüchiger Stimme zu suchen. Andererseits wird ein
Neil Young, dessen Stimme
Bravos Organ zum verwechseln ähnlich ist, wegen genau diesem nasalen, dünnen Gesangstil seit Jahrzehnten gottgleich verehrt. Ergo: entweder man mag sie... oder eben nicht.
Gleich mit "Spell" legt die Band einen locker-flockigen, entspannten Southern Rocker in Stil der
Allman Brothers Band hin - die wohl schönste Nummer auf der ganzen Scheibe. Mit "Rain" und "Bird" schwimmt
Bravo Johnson ganz im
Neil Young'schen Fahrwasser. Hier fühlt man sich in die glänzenden Zeiten von "After The Goldrush" und "Harvest", beide Anfang der 1970er Jahre entstanden, zurückversetzt. Die Band rockt kraftvoll, aber mit 'angezogener Handbremse'. "Magnolia" kommt zunächst als lässiger Country-Rocker daher, aber was ist das? Der Refrain klingt gewaltig nach dem Gesangspart im
floyd'schen "Eclipsed" (
Dark Side Of The Moon). Eine ungewöhnliche Begegnung, die sich später wiederholen soll...
Die beiden folgenden Songs verströmen den Spirit eines
Tito & Tarantula, wobei sich "Burnt" gegen Ende auf ergreifende Weise zu steigern vermag. "EZ" (gemeint ist 'easy') ist ein richtig schön 'knarzig-kauziger' Abrocker - hier lassen die Southern Rocker von
Tishamingo deutlich vernehmbar grüßen. Völlig aus dem Rahmen fällt "Ship", das entspanntes Westcoast-Feeling mit Latin versetzt und an
Carlos Santana erinnert.
Das bluesige "Run" erinnert, nicht nur durch den geschickten, minimalistischen Einsatz des Wurlitzer Pianos, wieder an
Pink Floyds Großtaten in der Mitte der 1970er Jahre. Die zehn Minuten erscheinen viel zu kurz - man kann sich kaum satt hören! Diese Nummer kann natürlich nicht mehr 'getoppt' werden. Genüsslich klingt "Come Taste The Sun" mit zwei Laid-Back-Songs aus.
Bravo Johnson ist hier ein entspannt-fröhliches Crossover von Westcoast-, Southern- und Folk Rock sowie dem, was man in drei Teufels Namen Americana nennen mag, gelungen. Auch wenn der Vorgänger - "The Crooked And The Straight" betitelt und demnächst auf den Seiten dieses rockenden Uhrenladens besprochen werdend - stärker, weil rockiger ist:
8 von 10 RockTimes-Uhren hat "Come Taste The Sun" allemal verdient.