Bravo Johnson / Come Taste The Sun
Come Taste The Sun Spielzeit: 53:55
Medium: CD
Label: Stone Junction, 2010
Stil: Westcoast Rock

Review vom 01.03.2011


Steve Braun
Erst kürzlich hatte ich über Jollys Versuche, audiophile Glücksgefühle zu erzeugen, geschrieben. Was hier ziemlich 'gewollt' klang, gelingt dem hispanischen US-Songwriter Bravo Johnson, der bürgerlich auf den Namen Ricardo Amurrio hört, mit "Come Taste The Sun" locker, leicht und aus dem Ärmel geschüttelt. Auch der Titel scheint vortrefflich gewählt, denn Ikarus gleich zieht diese Musik den geneigten Hörer in Richtung Sonne - eine potenzielle Droge, die den herkömmlichen Alternativen in jedem Falle vorzuziehen ist!
Amurillo wurde im spanischen Baskenland, in Santander, geboren und lebt seit Jahren in Kalifornien. Der hiesige Westcoast Rock hat tiefe Spuren bei dem jungen Mann hinterlassen. "Come Taste The Sun", produziert von Bassist Hendrik Roever, ist Bravo Johnsons drittes Album. Zudem hat er den Soundtrack zu Bernardo Bertoluccis Spielfilm "Cinema Sex Politics: Bertolucci Makes The Dreamers" geschrieben. In der Radioszene der 'Staaten' wurde er zudem als 'Breakthrough Artist of 2008' gehandelt - warum, dass zeigt er mit dem hier zu besprechenden Album.
Gut, wenn man ein Haar in der Suppe sucht, wird man in der Regel auch fündig. Der Schwachpunkt Bravo Johnsons ist in dessen weinerlicher, brüchiger Stimme zu suchen. Andererseits wird ein Neil Young, dessen Stimme Bravos Organ zum verwechseln ähnlich ist, wegen genau diesem nasalen, dünnen Gesangstil seit Jahrzehnten gottgleich verehrt. Ergo: entweder man mag sie... oder eben nicht.
Gleich mit "Spell" legt die Band einen locker-flockigen, entspannten Southern Rocker in Stil der Allman Brothers Band hin - die wohl schönste Nummer auf der ganzen Scheibe. Mit "Rain" und "Bird" schwimmt Bravo Johnson ganz im Neil Young'schen Fahrwasser. Hier fühlt man sich in die glänzenden Zeiten von "After The Goldrush" und "Harvest", beide Anfang der 1970er Jahre entstanden, zurückversetzt. Die Band rockt kraftvoll, aber mit 'angezogener Handbremse'. "Magnolia" kommt zunächst als lässiger Country-Rocker daher, aber was ist das? Der Refrain klingt gewaltig nach dem Gesangspart im floyd'schen "Eclipsed" (Dark Side Of The Moon). Eine ungewöhnliche Begegnung, die sich später wiederholen soll...
Die beiden folgenden Songs verströmen den Spirit eines Tito & Tarantula, wobei sich "Burnt" gegen Ende auf ergreifende Weise zu steigern vermag. "EZ" (gemeint ist 'easy') ist ein richtig schön 'knarzig-kauziger' Abrocker - hier lassen die Southern Rocker von Tishamingo deutlich vernehmbar grüßen. Völlig aus dem Rahmen fällt "Ship", das entspanntes Westcoast-Feeling mit Latin versetzt und an Carlos Santana erinnert.
Das bluesige "Run" erinnert, nicht nur durch den geschickten, minimalistischen Einsatz des Wurlitzer Pianos, wieder an Pink Floyds Großtaten in der Mitte der 1970er Jahre. Die zehn Minuten erscheinen viel zu kurz - man kann sich kaum satt hören! Diese Nummer kann natürlich nicht mehr 'getoppt' werden. Genüsslich klingt "Come Taste The Sun" mit zwei Laid-Back-Songs aus.
Bravo Johnson ist hier ein entspannt-fröhliches Crossover von Westcoast-, Southern- und Folk Rock sowie dem, was man in drei Teufels Namen Americana nennen mag, gelungen. Auch wenn der Vorgänger - "The Crooked And The Straight" betitelt und demnächst auf den Seiten dieses rockenden Uhrenladens besprochen werdend - stärker, weil rockiger ist: 8 von 10 RockTimes-Uhren hat "Come Taste The Sun" allemal verdient.
Line-up:
Bravo Johnson (vocals, guitars, keyboards)
Hendrik Roever (guitars, dobro, slide, banjo)
Oscar Duke (bass)
Inaki Garcia (drums)
Tracklist
01:Spell (6:01)
02:Rider (3:32)
03:Bird (4:31)
04:Magnolia (4:42)
05:Burnt (5:33)
06:Dime (2:58)
07:EZ (3:07)
08:Ship (4:25)
09:Sun Song (2:48)
10:Run (9:42)
11:Something LS (3:23)
12:Sway (3:10)
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