Brings / 07.06.2013, Kunst!Rasen, Bonn
Kunst!Rasen
Brings
Kunst!Rasen Bonn
07. Juni 2013
Konzertbericht
Stil: Kölsch Rock


Artikel vom 07.07.2013


Jürgen Hauß
Juni - endlich Frühling! Fast schon wie Sommer! Jedenfalls ideale Voraussetzungen, um die Open Air-Saison in Bonn auf dem Kunst!Rasen zu eröffnen. Für Externe: Als Nachfolge-Location für die schon legendären Konzerte auf der Museumsmeile in Bonn (auf RockTimes bereits ausführlich hier gewürdigt), die vor zwei Jahren ausliefen, haben zwei heimische Konzertveranstalter im vergangenen Jahr die Bonner Rheinaue entdeckt. Genauer gesagt: eine am nördlichen Ende gelegene, unter Einheimischen als Gronau bekannte Rasenfläche, auf der im letzten Jahrtausend noch Generationen von Bonner Schülern im Rahmen der Bundesjugendspiele sich dem Schlagball-Weitwurf entledigen mussten - was für eine Entwicklung!
Doch fast wäre der Start in die neue Open Air-Saison im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser gefallen. Denn die Lage des Geländes unmittelbar am Rhein birgt auch die stete Gefahr in sich, bei Hochwasser überflutet bzw. bei steigendem Grundwasser unterspült zu werden. Und dieses hatte ja bekanntermaßen Anfang Juni weite Teile Deutschlands überschwemmt. Doch nachdem in Baden-Württemberg zwei Tage zuvor ein Polder geflutet worden war, war das hiesige Gelände gerettet. Der Veranstalter räumte jedoch in seiner Eröffnungsrede ein, dass diese Maßnahme nicht erfolgt sei, um das Konzert zu retten, sondern ein paar Orte am Mittelrhein; dennoch war ihm die Dankbarkeit anzumerken. Allerdings waren die Veranstalter durch diese Problematik beim Aufbau der Bühne in zeitliche Verdrückung geraten, was schließlich dazu führte, dass das Konzert erst mit sage und schreibe 15-minütiger (!) Verspätung beginnen konnte. Hierfür entschuldigte sich der Veranstalter beim Publikum ausdrücklich; welcher Veranstalter tut das schon, zudem bei einer solch kurzen Verspätung.
Publikum Allerdings führte diese Verspätung dazu, dass das Konzert - um dieses vorweg zu nehmen - keine für Brings-Konzerte übliche Dauer von drei Stunden erreichte, sondern 'nur' 2 ¾ Stunden, denn auf dem Kunst!Rasen in Bonn müssen die Konzerte pünktlich um 22.00 Uhr zu Ende sein! Gerade dann, wenn Brings in ihrem Schlusssong "Heimjon" singen »mer wulle nit ophüre, wenn et am schönste es« ist auf dem Kunst!Rasen Schluss mit Lustig!
Peter Doch zurück an den Anfang: Laut späteren Presseberichten hatten sich etwa 8.000 Besucher auf dem Kunst!Rasen eingefunden, was auch der Kapazitätsgrenze des Geländes entsprechen dürfte. Eingerahmt von hohen Bäumen ist der Kunst!Rasen nicht nur optisch ein Erlebnis, auch soundtechnisch war das Gelände perfekt hergerichtet. Auch wenn der Zwischenruf von Peter Brings, wonach die Band noch nie auf einer so schönen Spielstätte gespielt hätte, ein wenig nach Anbiederung an das lokale Publikum klang, kam er dort natürlich gut an. Viele Besucher waren mit dem Brings-typischen Hütchen mit Hutband im Schottenkaro auf dem Kopf gekommen (dass die Band selbst mit Hosen, Bermudas oder gar einem Rock im Schottenkaro auftraten, bedarf im Grunde genommen keiner Erwähnung, weil das stets so ist). Die Kopfbedeckung war an jenem Abend durchaus nicht nur als Sympathie-Bekundung zur Band, sondern als junges Publikum Sonnenschutz nützlich. Angesichts dieses Fotos sollte aber niemand vorschnell denken, dass es sich um ein Kinderkonzert handelte. Vielmehr war das Publikum bunt gemischt; ganze Familien hatten sich gemeinsam auf den Weg gemacht, um dem Konzert beizuwohnen.
Die Band begann das Konzert passend mit "Licht us, de Musik an", und bereits dieses Lied macht deutlich, dass die Band - wie das von Kölner Musikern zu erwarten ist - zwar »Karneval kann, sich aber noch mehr auf solide Rockmusik versteht«, so die Beschreibung im Bonner General-Anzeiger. Und überhaupt sind zwei Musiker gebürtige bzw. wohnhafte Bonner, so dass das Konzert schon fast ein Heimspiel war. Doch das Einzugsgebiet für die Fans war mit Sicherheit größer, wie auch die Reaktion des Publikums bei der Ankündigung des Titels "Eifel" vermuten ließ.
Stephan An diesem Abend hatte sich die Band wieder durch zwei fantastische Bläser (mit Posaune und Trompete) musikalisch verstärkt, so dass die Musik oftmals sehr funkig daher kam. Stilistisch war es rundum ein Rockkonzert. Harte Rocksongs wie "Poppe kaate danze" oder "Rabenschwarzenacht" (hier insbesondere mit starkem 'Gebläse'!) wechselten sich ab mit Balladen wie "Loss dich falle" oder "Wir wollen niemals auseinandergehen" (im ¾-Takt! Zudem gab dieser Song dem Schlagzeuger der Band Gelegenheit für ein tolles Solo). Inhaltlich war das Konzert quasi ein 'best of' der vergangenen, mittlerweile 22 Jahre, in denen die Band den Kreis ihrer Anhängerschaft stetig gesteigert hat (s.a. die unten stehende, komplette Set-List). Natürlich brachten Brings mit "Die Nacht ist nicht zum Schlafen da" ihren aktuellen Hit genauso wie "Stellt die Stadt auf den Kopf" von dem letzten 'Ärsch huh'-Konzert.
Plakat Und die Fans waren rundum absolut textsicher. Oftmals bedurfte es nur eines einleitenden »näh«, und das Publikum erkannte den Song und stieg sofort gesanglich mit ein. Dass es auch weitersang, wenn sich der Sänger der Band, Peter Brings, eine kleine Verschnaufpause gönnte, versteht sich dabei von selbst. Und um der Gefahr vorzubeugen, dass das Publikum den neuesten Hit nicht ausreichend kennen könnte, spannten zwei Helfer ein großes Transparent quer über die Bühne, auf dem zumindest der Refrain von "Die Nacht ist nicht zum Schlafen da" zu lesen war.
Akrobatik Vielen Darbietungen war gemein, dass in dem Moment, wo der Titel eigentlich zu Ende zu gehen schien, noch ein 'Reprise' drangehängt wurde, oftmals stilistisch etwas anders dargeboten, so dass das Ganze recht abwechslungsreich war, aber stets vom Publikum begeistert aufgenommen wurde. So war es kein Wunder, dass nach exakt zwei Stunden, als die Band zum ersten Mal die Bühne verließ, 'nur' 20 Lieder gespielt waren, zumal zwischen den einzelnen Stücken stets eine nette, jedoch im Regelfall nur kurze Moderation (»Kaum ist der Frühling da, leide ich unter Heuschnupfen, dabei finde ich 'Gras' eigentlich gar nicht schlecht!«) erfolgte. Und dass auch die Band gut drauf war, zeigten nicht nur die launigen Zwischenmoderationen, sondern auch artistische Übungen während der Songs sowie ein dargebotenes Männer-Ballett.
Männerballett
Doch das Ende war nur vorläufig: Die Band ließ sich nicht lange bitten, um mit zwei Encores noch die Harry verbleibende Zeit auszunutzen und mit fünf Zugaben das Konzert grandios zu Ende gehen zu lassen. Zunächst zelebrierte der geniale Gitarrist Harry Alfter mit einem Song, der auf der Dokumentation zum 20-jährigen Bühnenjubiläum unter dem Titel "Harry's Animation" gelistet war, erneut die hohe Schule der Rockgitarre und der Rockshow, als er das Publikum zum Wechselgesang mit ihm aufforderte. Dass er dabei noch über die Bühne hüpfte wie ein Ensemble-Mitglied des Kölner Hännes'che-Theaters, dürfte als kölsche Version von Michael Jacksons Moonwalk bezeichnet werden können. Bei "Hallelujah" war die Messe beinahe gelesen, bevor Peter Brings bei "Bis ans Meer" sich ein Schlauchboot auf die Bühne bringen ließ, dieses auf die sich ihm entgegen ragenden Hände aus dem Publikum herniederließ, sich ins Boot setzte und auf diese Weise dem Crowd Surfing hingab. Das Publikum trug ihn quasi auf einer Welle der Begeisterung durch bzw. über seine Reihen hinweg rechtzeitig zum Schlussgesang auf die Bühne zurück - tolle Show!
Crowd Surfing
Und schließlich zum endgültigen Finale der eingangs erwähnte klassische Rausschmeißer jedes Brings -Konzerts: "Heimjon" beschrieb auch an diesem Abend 'auf den Punkt', was wohl jeder der Anwesenden dachte bzw. fühlte: »mer wulle nit ophüre, wenn et am schönste es«. Doch vergeblich! Ein großartiges Konzert war nun endgültig zu Ende, und Zuschauer wie auch Brings hatten an diesem Abend - entsprechend dem nach wie vor größten Hit der Band - eine "Superjeilezick"!
Abschließend noch ein Dank an die Jungs von Brings und Rhenus Veranstaltungsservice für die problemlose Akkreditierung sowie Petra Sippel von der Plattenfirma Rhingtön für die Betreuung vor Ort.
Line-up:
Peter Brings (Gesang, Gitarre)
Stephan Brings (Bass, Gesang)
Harry Alfter (Gitarren)
Christian Blüm (Schlagzeug)
Kai Engel (Keyboard, Akkordeon, Gesang)
Setlist
01:Licht aus, de Musik an
02:Poppe kaate danze
03:Die Nacht ist nicht zum Schlafen da
04:Hay, hay, hay
05:Niemals im Levve
06:Su lang mer noch am Lääve sin
07:Loss dich falle
08:Du, ich und der Mond von Kölle
09:Wir wollen niemals auseinandergehen
10:Du bist nicht allein
11:Dat is geil
12:Superjeilezick
13:Rään
14:Stellt die Stadt auf den Kopf (Arsch huh)
15:Riesenkamell
16:Rabenschwarzenacht
17:Nur nicht aus Liebe weinen
18:Man müsste noch mal 20 sein

Zugaben 1:
19:Harrys Animation
20:Mama

Zugaben 2:
21:Halleluja
22:Bis ans Meer
23:Heimjon
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