Was wurde alles schon für Schindluder mit dem Erbe der legendären Flying Burrito Brothers, der ehemaligen Band von Gram Parsons und Chris Hillman getrieben. Die Original-Gruppe existierte zwar nur wenige Jahre, erschuf in dieser Zeit aber mit The Gilded Palace Of Sin (1969) eine/n echte/n Klassiker und Inselplatte. Als Parsons nach der zweiten Scheibe ("Burrito DeLuxe", 1970) nicht mehr dabei war, führte Hillman die Truppe noch etwa zwei Jahre und ein drittes Studioalbum ("The Flying Burrito Brothers", 1971) weiter, bis er schließlich 1972 zu Stephen Stills' damaliger Band Manassas wechselte. In den Siebzigern und Achtzigern kam es dann immer wieder zu Reinkarnationen mit leicht abgewandeltem Namen, jeweils ohne Hillman und logischerweise Parsons (der bereits 1973 verstarb), die durch die Bank eher belanglose Werke veröffentlichten und dem Bandnamen nie gerecht wurden.
Von dem her packte ich die vorliegende Scheibe erstmal mit reichlich Skepsis und wagemutiger Hoffnung in meinen CD-Player. Die einzige direkte Verbindung zu der Original-Band, die ich im Vorfeld feststellen konnte, war, dass der Gitarrist und Sänger Walter Egan der Co-Komponist von "Hearts On Fire" ist, ein Song, den Gram Parsons für sein zweites Soloalbum Grievous Angel aufgenommen hatte. Aus dem Booklet erfährt man dann, dass Gram so angetan von Egans Songwriting war, dass er ihm damals einen Text überreichte und ihn fragte, was er daraus songtechnisch machen könne. Die beiden wollten den Track dann in den folgenden Wochen fertig stellen. Parsons brach zu einem Kurzurlaub nach Joshua Tree auf und der Rest ist Geschichte.
Dennoch stellte Walter Egan den Song fertig, der hier mit dem Namen "Carolina Calypso" auftaucht und Parsons posthum noch einmal Songwriting-Credits beschert. Musikalisch ist das Stück ein angenehmer Midtempo-Country Rocker, bei dem man sich, schließt man die Augen und geht in sich, den seligen Gram sogar am Gesang vorstellen kann. Aber eigentlich strotzt das gesamte Album, beginnend mit seinem Titel bis hin zu Textstellen, vor Anspielungen auf die Original-Burritos. Eine richtig starke Country Rock-Nummer ist das eröffnende "For The Sake Of Love", die mit treibendem Rhythmus und dominanter Pedal Steel gleich zu Anfang den richtigen Ton setzt.
"City Of Angels" schrieb das Duo Egan/Guidera im Jahr 1973 ebenfalls mit Gram Parsons bzw. dessen nächstem Album im Hinterkopf. Und das Stück hätte auch zu ihm gepasst, wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge. Eher getragen und stilistisch an den Klassiker "Sin City" erinnernd, überzeugt sowohl der Gesang wie auch die komplette Einspielung. "Beggars Banquet" ist ebenfalls ein 100 %iger Gewinner, der authentisch und einmal mehr mit bestechend guter Pedal Steel kommt. Mit Ecken und Kanten versehene Substanz trifft auf gekonntes Songwriting und den starken Gesang von (diesmal) Chris James.
Noch ein Rocker gefällig? "Build A Fire" lässt den Country - von der allgegenwärtigen Pedal Steel abgesehen - fast gänzlich außen vor und es vielmehr ordentlich krachen. Klasse! Fred James, der als letzter Musiker zu diesem Quartett stieß, brachte ebenfalls zwei Tracks mit ein. "I Ain't No Angel" ist klassischer Country-Rock der Marke The Eagles aus den frühen Siebzigern, klasse nach vorne gehend und durch den schmissigen Gesang äußerst hitverdächtig. "Angeline" kommt dagegen nicht ganz so überzeugend, ist mit viel Herzschmerz versehen und gehört nicht zu den besten Titeln des Albums.
Das weiter oben bereits erwähnte "Hearts On Fire" ist dann hier auch vertreten. Richtig sentimental vermisst der Schreiberling dieser Zeilen automatisch Parsons' und auch Emmylou Harris' Gesang, darf aber vermelden, dass diese Version ebenfalls mit sehr viel Herzblut eingespielt und - gesungen wurde. "Song And Dance Man" hätte in den Siebzigern ganz locker auf einem Eagles- wie auch Poco-Album stehen können, "Deep Dark Secrets" klingt dagegen wieder sehr stark nach den Original- Burritos. Mit "Midnight Blue", "Angeline" und "Call It Love" (in den Achtzigern ein Top-20-Hit für Poco) gibt es auch ein paar wenige Nummern, die den Standard des restlichen Albums nicht ganz halten können.
Aber wie dem auch sei, das hier vorliegende "Sound As Ever" ist ganz erfreulich positiv ausgefallen. Ein paar wenige Ausnahmen hatte ich bereits genannt, aber insgesamt hat die Scheibe - mehr als alle anderen mir bekannten, mit diesem Bandnamen nach 1973 veröffentlichten - ihre volle Berechtigung und ist sogar richtig gut. Anspiel-Tipps gibt es sehr viele, stellvertretend seien hier nur mal "For The Sake Of Love", "Beggars Banquet", "I Ain't No Angel" und das wunderschön soulige "Out Of Left Field" (der einzige Cover-Song, aus der Feder von Dann Penn und Spooner Oldham) genannt.
Ein sehr starkes Album von sehr guten Musikern!
Line-up:
Walter Egan (lead & background vocals, acoustic & electric guitars, bass - #5,11)
Chris James (lead & background vocals, keyboards)
Rick Lonow (vocals, drums)
Fred James (bass, pedal steel, dobro, lead vocals - #5,11, all guitars - #5,11)
Tracklist |
01:For The Sake Of Love
02:Beggars Banquet
03:Out Of Left Field
04:Midnight Blue
05:I Ain't No Angel
06:Call It Love
07:Deep Dark Secrets
08:Carolina Calypso
09:City Of Angels
10:Build A Fire
11:Angeline
12:The Hundred Year Flood
13:How Can You Lose (What You Never Had)
14:Hearts On Fire
15:Song And Dance Man
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