Zu den Byrds ist an dieser Stelle nicht mehr viel Geheimnisvolles zu verraten. Eigentlich alle wichtigen Hintergründe wurden bereits in anderen Beiträgen zu dieser US-Legende angesprochen. Einer Band, die ihrer Zeit um Jahrzehnte voraus war und den Verfasser schon in jungen Jahren maßgeblich inspiriert hatte.
Ohne den historischen Stellenwert der Beatles in Frage stellen zu wollen, ist mir noch immer schleierhaft, warum die Gassenhauer der Byrds heute nicht in einem Atemzug genannt werden. Songs wie "Mr. Spaceman" oder (das göttliche) "Lover Of The Bayou" wären es allemal wert und wie "Sgt. Pepper..." stieß "Fifth Dimension" bis dahin verschlossene Türen sperrangelweit auf. Bob Dylans "Mr. Tambourine Man" (hier von einem tollen Jig eröffnet) empfand so mancher um Längen besser als das Original, Jesus Is Just Alright (original von The Art Reynolds Singers, 1966) und So You Want To Be A Rock'n'Roll Star wurden erst Jahre später in anderen Kontexten zu Riesenhits. Einzig "Eight Miles High" konnte von Golden Earrings Coverversion getoppt werden (was angesichts der Vorlage schon eine gewaltige Leistung war). Und somit erfreut das Lebenswerk der Byrds folgerichtig heute eher den Kenner als die breite Masse...
Als die vorliegenden Aufnahmen 1971 - im vergangenen Jahr unter "Straight For The Sun" erstmals veröffentlicht - entstanden, hatten die Byrds ihre besten Tage vielleicht schon hinter sich. Der letzte 'richtige' Hit ("My Back Pages", 1967) lag bereits Jahre zurück. Für viele war "Sweetheart Of The Rodeo" und der Ausstieg von Gram Parsons der Wendepunkt - ungeachtet von Klassealben wie Dr. Byrds & Mr. Hyde oder "Ballad Of Easy Rider". Drummer Gene Parsons hatte mit seinem alten Buddy Clarence White für adäquaten Ersatz als Gitarrist und Co-Songschreiber gesorgt. Trotzdem schien Roger McGuinns kongenialer Partner irgendwie unersetzlich...
Die Byrds waren, kurz vor jenem 12. September 1971, von einer überaus erfolgreichen Europatour, die sie u. a. auch durch hiesige Breiten führte, zurückgekehrt, mit der sie ihr damals brandneues Album "Byrdmaniax" promoten wollten. Sie konnten also mit breiter Brust als Höhepunkt der Semestereinführungsfeierlichkeiten in die Aula des McDonough Gym zu Washington DC einlaufen und wurden von den Studenten frenetisch feiernd empfangen. Und das, obwohl der Sprecher der Studentenschaft in der Ankündigung augenzwinkernd bat, nicht zu fest auf den Boden des altehrwürdigen Gebäudes zu stampfen - man könne eventuell einbrechen. Ob die Grundfesten der Aula nach dem Byrds-Gig noch fest verankert standen, ist der Nachwelt nicht überliefert. Die massiven Zugabeforderungen gegen Ende der Show könnten entsprechende Baufälligkeiten vermuten lassen.
Die Länge des Auftritts richtete sich offensichtlich an dem Standard für dessen Liveausstrahlung im College AM Radio: Knapp 52 Minuten ergeben mit den Werbepausen ein einstündiges Format.
Leider spielten die Byrds einzig "Citizen Kane" und "I Grow Up To Be A Politician" vom seinerzeit aktuellen Album, dafür aber einen bunten Querschnitt aus den früheren Veröffentlichungen. Darunter mit "Nashville West" und "Chestnut Mare" zwei ganz bezaubernde Nummern aus dem (unbetitelten) Vorgänger. Diese stehen quasi exemplarisch für die Verschmelzung von psychedelischem Rock mit traditionellen Folk- und Country-Elementen zu dem, was man später mit 'Westcoast Rock' bezeichnen sollte.
Für "Citizen Kane" setzte sich McGuinn offenbar an ein schrecklich verstimmtes Barpiano, das wahrscheinlich irgendwo hinter der Bühne des McDonough Gym vor sich hin staubte - ein herrlich schräger Moment. Auch sonst scheint wenig bis nichts an der rauen Aufnahmequalität nachträglich verändert worden zu sein: Übersteuerungen, Rückkopplungen, pappiges Schlagzeug - alles klingt so authentisch, wie man das von einer 43-jährigen Aufnahme erwartet.
Wen "Straight For The Sun" nicht spätestens nach dem herrlich treibenden Klassiker "Lover Of The Bayou" am Haken hat, der soll halt weiter... meinetwegen die Beatles hören! Der wird auch bei "Eight Miles High" nicht mitfliegen können...
"Straight For The Sun" stellt für alle Freunde entspannter Westcoast-Musik - für alle die, die es ganz besonders 'laid back' lieben - einen echten Pflichtkauf dar. Authentisch raue Aufnahmen einer US-Legende, die seinerzeit unüberhörbar auf ihrem Zenit angekommen war. Geiles Scheibchen!!
Kleiner Schönheitsfehler: Die auf dem Cover abgedruckte Trackliste, vielfach auf Verkaufsplattformen abgedruckt, stimmt so nicht. Hier unten findet ihr die richtige Reihenfolge.
Line-up:
Roger McGuinn (guitars, vocals, banjo, piano)
Clarence White (guitars, vocals)
Skip Battin (bass, vocals)
Gene Parsons (drums, vocals)
Tracklist |
01:Intro (1:03)
02:Lover Of The Bayou (4:15)
03:So You Want To Be A Rock'n'Roll Star (2:58)
04:Mr. Spaceman (3:24)
05:I Want To Grow Up And Be A Politician (2:41)
06:Black Mountain Rag/Mr. Tambourine Man (5:01)
07:Pretty Boy Floyd (2:53)
08:Nashville West (2:24)
09:Citizen Kane (3:27)
10:Tiffany Queen (2:35)
11:Chestnut Mare (5:07)
12:Jesus Is Just Alright (2:59)
13:Eight Miles High (9:39)
14:Hold It/Roll Over Beethoven (3:02)
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