Der Hamburger Digger Barnes hat mit "Every Story True" sein zweites Album vorgelegt. Und er ist sich und seinem Stil treu geblieben. Wie hatte ich vor ein paar Jahren hinsichtlich seines Debüts Time Has Come geschrieben:
»Darüber hinaus schafft Barnes immer wieder ein farbenprächtiges Bild der Weite, einer gewissen Trostlosigkeit und mit seinem erzählerischen, fast emotionslosen Gesangsstil, ein den Zuhörer in seinen Bann ziehendes Ambiente.«
Und:
»'Weniger ist Mehr' lautet hier offensichtlich die Devise, die sowohl ihre Absicht als auch ihr Ziel zugegebenermaßen nicht verfehlt. Automatisch wird man auch an Filme wie etwa "Out Of Rosenheim" oder ältere Jim Jarmusch-Klassiker erinnert, die mit ihren dialogfreien, langen Einstellungen oft lauter schreien, als ein jeder Mensch dazu in der Lage wäre.«
Kann man ohne weiteres so stehen lassen, auch was die neue Scheibe betrifft! Allerdings haben sich die Beteiligten - eventuell auch durch den dieses Mal stärkeren Einfluss des Produzenten Friedrich Paravicini - dazu entschlossen, "Every Story True" etwas europäischer als seinen Vorgänger klingen zu lassen. Erreicht wurde dies durch den dezenten Einsatz von Instrumenten wie den Streichern, dem Glockenspiel, Vibraphon oder den häufiger auftretenden Geräten mit den schwarzen und weißen Tasten.
Weiterhin geht es musikalisch vollkommen schnörkellos zur Sache, weiterhin geht es in den jeweiligen Tracks um die weite, offene und nie enden wollende Straße, die vor einem liegt. Es geht um Protagonisten, die sich dazu entschlossen haben, sämtliche Sicherheiten im Leben über Bord zu werfen und etwas Neues anzufangen. Was genau, wo und wann steht dabei offensichtlich noch vollkommen in den Sternen. Der Weg ist das Ziel und dies scheint die einzige Gemeinsamkeit der hier porträtierten Charaktere darzustellen. Atmosphärisch übrigens ganz hervorragend und dicht umgesetzt.
Fast schon logisch, dass sich auch der Gesangs- bzw. Sprechgesangsstil von Digger Barnes nicht großartig verändert hat. Und das ist gut so, denn jegliche andere Form der Vocals würde den erzählten Geschichten etwas nehmen, ja, ihnen weniger gerecht werden. So grummelt, raunt und schimpft sich Barnes also seinen Weg durch die neun neuen Tracks über kaputte Beziehungen, Sehnsüchte, Einsamkeit oder dem dringenden Verlangen nach eben dieser.
Digger Barnes spielt auf dieser Scheibe wieder ganz geschickt mit Realitäten und Halbwahrheiten, Hoffnungen, Verzweiflungen wie auch Zitaten. Außerdem verfügt er über einen ganz feinen Humor, denn wenn ich ihn richtig verstehe, dann wird hier während der Texte auch immer wieder mal grinsend ein Auge zugepetzt. Genauso wie seine Protagonisten weiß ganz offensichtlich auch der Hamburger mittlerweile, dass das Leben wesentlich leichter zu ertragen ist, wenn man es - inklusive all seiner Fallen - deutlich gelassener sieht und dabei auch noch die Zeit findet, über sich selbst lachen zu können.
Die Musik von Digger Barnes ist ganz bestimmt nicht jedermanns Sache, doch wenn man auf diese tolle, unheimlich dichte Atmosphäre von Weite, einer sich öffnenden neuen Welt, dem sich mit offenen Augen in den freien Fall-Begeben, von dem Mut, sich komplett von der eigenen Vergangenheit zu befreien, einlässt, wird mit den vorliegenden knapp 36 Minuten Musik ganz viel Spaß haben.
Apropos, ein bisschen dürftig ist das ja schon, zwei oder drei weitere Stücke hätten dem Gesamtergebnis ganz sicher nicht geschadet. Ansonsten gibt es von meiner Seite aus allerdings nichts zu meckern.
Line-up:
Digger Barnes (lead vocals, acoustic guitars, banjo, upright & electric bass, percussion, whistle)
Mosquito Hopkins (Hammond, piano, harmonium, accordion, Wurlitzer, Rhodes, mellotron, emulator, space echo, cello, whistle, background vocals, electric bass - #1,6, acoustic, electric & slide guitar - #7, banjo - #5)
Bruce Carrot (drums, percussion, glockenspiel, vibes, darbuka, claps)
With:
Knuckels McBain (snare drum - #5, additional drums - #6)
Friedrich Paravicini (strings)
Allie Parker (background vocals)
Tyler Barnes (background vocals)
Eviewonder (background vocals)
Nadja Rüdebusch (background vocals)
Tracklist |
01:Long Way
02:Pure As Gold
03:Devil's Child
04:Oh Sister
05:There's A Fire
06:The Letter
07:So Low
08:The Real Way
09:Losing Ground
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