Bentall … Bentall …? Da war doch was …? Genau, denn vor gar nicht langer Zeit konnten wir hier die letzte Scheibe des kanadischen Superstars Barney Bentall vorstellen. Und der Apfel fällt nicht weit vom Stamm, denn - ihr werdet es erraten haben - bei Dustin handelt es sich um den Sohnemann, der mit "Six Shooter" sein zweites Album vorlegt. Musikalisch ist er darauf gar nicht mal so weit von der Musik seines Vaters entfernt, bringt aber seine ganz eigene Note und seine Liebe zu dem so genannten Outlaw Country der siebziger Jahre mit ins Spiel. Außerdem seine eigene Band sowie Gastmusiker der Spitzenklasse, wobei hier Johnny Ellis mit seiner superben Pedal- und Lap Steel-Arbeit ganz besonders erwähnt werden muss.
Das Album startet mit "Railroad" und einer so unverschämt geilen Gesangsmelodie, dass ich umgehend aufhorche. Ein Country Rocker im Midtempo-Bereich mit einer vollmundigen sowie einsamen Pedal Steel und einer noch einsameren Mundharmonika, dazu dieser starke Gesang und man ist bereits mitten drin in einem Album, das dem Hörer auch im weiteren Verlauf kaum die Möglichkeit lässt, seine Aufmerksamkeit auf irgendwelche anderen Dinge zu lenken. Mit "Take The Money" bleibt Bentall stilistisch im gleichen Metier und wieder überzeugt diese Nummer durch starkes Songwriting, Eingängigkeit und diese so extrem gut gespielte Pedal Steel.
Bei der einzigen Fremdkomposition ("Three Thousand Miles") wird das Tempo ein paar Zacken angezogen und die Band macht einen Kurzbesuch beim Hillbilly. Textlich geht es bei Bentall häufig um den einsamen Hobo, der sich als Tagesarbeiter durchschlägt. Und, da der einsame Hobo sich immer auf Wanderschaft befindet, ist er auch überall ein Fremder und derjenige, der sich die einsamen Nächte allein um die Ohren schlagen muss, während er aus der eisigen Kälte in die warmen Wohnzimmer anderer blickt. "Draft Dodger" ist ein pumpender Groover, der sofort ins Ohr geht und ebenso wieder über einen starken Text verfügt. Na gut, zugegebenermaßen erinnert das Stück auch mal ein bisschen an Tom Petty, was aber beileibe ja keine schlechte Referenz ist. Klasse, wenn Adam Dobres bei diesem Titel mit seinen Gitarrensoli abhebt. Spätestens hier, also etwa bei der Hälfte des Albums angekommen, war ich von der Scheibe überzeugt.
Waren bisher alle Tracks im langsameren bzw. Midtempo-Bereich angesiedelt, geht es aber auch ganz anders, wie uns mit dem Titelsong deutlich gemacht wird. Hier wird ein Hillbilly Country Shuffle gebracht, der aufgrund seiner Rotzigkeit an das hervorragende Debüt-Album der Violent Femmes erinnert. Und wenn wir schon mal beim Name Dropping sind: Bei "Arizona" kommen dann wunderbar die Gram Parsons-Einflüsse zu Tage, die Dustin Bentall auch in seiner Bio nicht verschweigt (im Booklet zu diesem Album ist ein Foto von ihm vor dem Joshua Inn Motel zu sehen, der Ort, an dem Parsons 1973 starb). Hier kommt neben all den bereits erwähnten Qualitäten noch eine Portion Western Swing hinzu und die Gesangsmelodie sorgt einmal mehr dafür, dass einem die Nummer für lange Zeit nicht mehr aus dem Ohr geht.
"The Sweetest Of Hearts" ist ein weiterer starker Track, der vom Aufbau und Groove angenehm an Steve Earles "Taneytown" erinnert. Was Dustin Bentall zu einem wirklich guten Sänger macht, ist, dass er mit seinem leicht angerauten Organ auch jede Menge Feeling rüberbringt, was dann zwangsläufig bewusst oder unbewusst dazu führt, dass man dem Mann glaubt, was er singt. Der Abschuss ist schließlich, dass er vom Äußeren, von seiner Gestalt und seinen Gesichtszügen etwas an den großartigen Townes Van Zandt erinnert, womit sich noch einer der vielen Kreise schließt, die auf dieser Platte gestreift werden.
Das nächste Highlight hört auf den Namen "A Little Bird In A Big Wind". Auf dieser Scheibe sind mindestens fünf Tracks, die das Zeug zur Hit-Single haben. Dustin Bentall ist allerdings meilenweit davon entfernt, irgendwelche abgestandene, aufgesetzte, sterile, glatt gebügelte oder Business-Erwartungen erfüllende Mucke abzuliefern. Letztendlich wird er wahrscheinlich genau zwischen die zwei Stühle plumpsen, wo sich auch Leute wie Gram Parsons oder Steve Earle schon tummelten. Für Country-Sender und -Puristen ist das Album zu sehr Rock, für Rock ist es viel zu sehr Country. Außerdem sind da seine Texte, die kein Blatt vor den Mund nehmen und somit, speziell im Süden der USA, im mittleren Westen und erst recht in Nashville für das Massen-Radio vollkommen ungeeignet sind.
Aber dies nur nebenbei und zum Glück können uns die Vorbehalte Anderer ja sowieso am Allerwertesten vorbeigehen. "Six Shooter" - das sind elf Country Rock-Perlen, bei denen man keinen Schwachpunkt ausmachen, sondern vielmehr tief eintauchen, sich darin verlieren und immer wieder neue Feinheiten finden kann. Durch das extrem hoch gesetzte Level beim Songwriting, der Einspielung, des Sounds, des unverfälschten Feelings und der Eingängigkeit sind "Six Shooter" und The Dustin Bentall Outfit für mich bisher DIE Entdeckung des Jahres. Wer Country Rock und/oder Country mag, der kann hier blind zuschlagen und wird jede Menge Freude an diesem Rundling haben. Ganz dicker Tipp!!
Line-up
Dustin Bentall (lead vocals, rhythm guitars, harmonica)
Del Cowsill (bass, background vocals, electric guitars, ebow - #11)
Adam Dobres (electric guitars)
Pat Steward (drums)
With guests:
Johnny Ellis (pedal steel, lap steel, rhythm guitar, organ, banjo, ektar - #6)
Luke Doucet (electric guitars - #6,7,8,9,11, baritone guitar - #8)
Kendel Carson (background vocals - #3)
Randall Prescott (harmonica - #1)
Tracklist |
01:Railroad
02:Take The Money
03:Three Thousand Miles
04:Pontiac
05:Draft Dodger
06:Six Shooter
07:Arizona
08:Secrets
09:Little Bird In A Big Wind
10:The Sweetest Of Hearts
11:Deserts Of Our Minds
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