Herman Brood & His Wild Romance
Live At Rockpalast 1978 & 1990
Live At Rockpalast 1978 & 1990 Spielzeit: 120:00
Medium: DVD
Sound: Dolby 2.0
Bildseitenformat: 4:3 - 1.33:1
Sprache: Englisch
FSK: Ohne Altersbeschränkung
Label: M.I.G. Music, 2012 (1978, 1990)
Stil: Rock


Review vom 13.02.2012


Markus Kerren
»Herman scheißt aufs Leben...« schwadronierte Nina Hagen bereits 1979 nach einer 'verunglückten' Liebesbeziehung über 'ihren' Herman. Dies allerdings nicht sonderlich schmeichelhaft, was den Lebensstil des ehemaligen Liebhabers betrifft. Aber dem guten Herman dürfte das ziemlich egal gewesen sein, machte er doch selbst nie ein Geheimnis aus seiner Liebe zu allen möglichen und unmöglichen Mixturen, die man sich so in die Adern jagen konnte. Der legendäre Holländer war bereits seit Mitte der Sechziger im Business, lange Zeit vor allem als Pianist in den Bands anderer Leute. Im Jahr 1977 erschien mit Street sein erstes eigenes Album und im Folgejahr kam dann bereits der musikalische Höhepunkt "Shpritsz".
Gegen Ende diesen Jahres (1978) kam es dann auch zu seinem Rockpalast-Auftritt, aufgezeichnet in der Westfalenhalle 2 in Dortmund. Broods Begleitband Wild Romance war seit etwa zweieinhalb Jahren zusammen und tierisch gut eingespielt. Freddi Cavalli am Bass fuhr einen Hammer-Groove auf, der nicht nur in die Beine, sondern auch die Bauchhöhle ging. Ani Meerman am Schlagzeug trieb die Songs ekstatisch und powervoll von hinten an und der Gitarrist Danny Lademacher war ebenfalls ein Meister seines Fachs. Brood selbst rannte in Gesangspausen immer wieder mal zu seinem (abgefuckten, aber in Würde gealterten) Piano rüber und haute ein paar Riffs und Licks raus.
Herman Brood & His Wild Romance spielten damals kurze, fetzige, herzerfrischende und süchtig machende Rock-Nummern, die zum größten Teil unter der Drei-Minuten-Marke blieben, dabei aber über unbändige Energie und Ausdruckskraft verfügten, gesegnet mit der Power des Punk Rock, ohne jedoch nur ansatzweise in die Nähe dieses Stils zu kommen. Bereits der Opener "Hit" knallt so wunderbar orgiastisch zwischen die Lichter, dass sofort klar wird, man werde es hier mit einem reinen Feuerwerk an Konzert zu tun bekommen. Konversation mit dem Publikum findet so gut wie keine statt und Herman beschränkt sich zwischen den Tracks fast ausschließlich auf die Nennung des nächsten Song-Titels.
Mit "Saturday Night" und "Still Believe" sind hier natürlich auch seine einzigen wirklichen Hits vertreten, beide mit etwas gemäßigterem Tempo als der Rest der Stücke vorgetragen. Durch Titel wie z. B. "Rock'n'Roll Junkie", "One More Dose", "Speedo" oder "Dope Sucks" machte Brood - wenn hier und da auch Wortspielereien zu finden sind, die man mehrdeutig verstehen könnte - nie einen Hehl daraus, woran er seinen größten Spaß hatte. Und was passte da besser dazu, als Lou Reeds (bzw. The Velvet Undergrounds) "Waiting For My Man"? Letzten Endes ist diese Show vom 09.12.78 ein absoluter Klassiker, der Herman Brood & His Wild Romance auf ihrem definitiven Höhepunkt zeigt. Leider fiel das Quartett bereits im darauf folgenden Jahr auseinander und der Frontmann versuchte sein Glück in den USA. Eine Unternehmung, die allerdings völlig in die Hose ging.
Zwölf spritzige Jahre im Stil eines Herman Brood gehen an keinem Menschen spurlos vorbei, nicht mal an Brood selbst. Der traurige Beweis dafür ist das Kölner Konzert vom 11. Dezember 1990 (im TV unter dem Namen 'Rocklife'), bei dem vieles anders und lange nicht mehr so gut war. Herman sieht 'nicht gut' aus, die alten Klassiker werden meist schlampig sowie ohne große Lust gebracht und die neuen Nummern sind zwar nicht schlecht, aber auch nicht unbedingt als Volltreffer zu bezeichnen. Leider kommt dazu, dass auch der Sound bei diesem Auftritt alles andere als optimal ist, worunter vor allem die Gitarre zu leiden hat. Diesmal sind auch zwei Background Ladies dabei, die die ganze Sache etwas auffrischen und sich auch mal solistisch in Szene treten dürfen.
Was diese DVD zu einem Tipp macht, ist ganz klar der erste Auftritt aus dem Jahr 1978, der sich unbedingt lohnt und zu empfehlen ist. Das zweite Konzert sollte als Bonus betrachtet werden und ist stellenweise immer noch - wenn es auch nicht mehr die Power, Energie und den Enthusiasmus des ersten hat - richtig gut.
Die beiden Herman Brood-Konzerte, die ich selbst erleben durfte, waren unterschiedlicher, wie sie kaum hätten sein können. Einmal war es grandios und magisch, einmal schlichtweg eine Katastrophe mit einem Mann, der mehr oder weniger über seinem Keyboard hing, den Blick ständig nach unten auf die Tasten gerichtet und der sein Publikum - gefühlt - nicht ein einziges Mal (naja, vielleicht hat er zwei oder dreimal hoch geschaut) ansah. Speziell in den letzten Jahren war wohl immer die Tagesform ausschlaggebend, was die Qualität der Gigs betraf.
Als Herman Brood im Jahr 2001 (lt. Abschiedsbrief) »...keine Lust mehr...« hatte und vom Dach des Amsterdamer Hilton Hotels sprang, verkürzte er sein Leben dadurch vermutlich nur unwesentlich. Vollkommen ausgebrannt, die inneren Organe durch jahrelangen Drogen- und Alkohol-Konsum zerstört und von wegen x-ten fehlgeschlagenen Entziehungskur depressiv, entschied er sich für einen 'letzten großen Auftritt'. Über zehn Jahre spielt er jetzt also schon da oben mit seinem größten Idol Elvis Presley zusammen. Der Trost ist, dass es ihm dort mit Sicherheit besser geht, als in seinen letzten Jahren auf diesem, unserem Planeten.
»...but when I do my suicide for you, I hope you miss me too...« (aus "Rock'n'Roll Junkie", 1978).
Yes, Herman, we do!
Line-up 1978:
Herman Brood (vocals, piano)
Danny Lademacher (guitars, background vocals)
Freddi Cavalli (bass)
Ani Meerman (drums, background vocals)
Line-up 1990:
Herman Brood (vocals, piano)
David Hollestelle Jr. (guitars)
Ivo Severijns (bass)
Roy Bakker (drums)
Lies Schilp (background vocals)
Inge Bothond (background vocals)
Tracklist
Westfalenhalle 2, Dortmund, 09.12.1978

01:Hit
02:Pourin' It All Out
03:Too Slow
04:Street
05:Still Believe
06:Rock'n'Roll Junkie
07:Lost
08:Waitin' For My Man
09:Back In Your Love
10:Saturday Night
11:Doreen
12:Doin' It
13:Dope Sucks/Hot Talk
14:Turn It On
15:One More Dose
16:Speedo
17:Phony
18:Pop
19:True Fine Mama
20:Prisoners
21:Skid Row
22:Never Enough
23:Blue
24:Can't Stand It

Live Music Hall, Köln, 11.12.1990

01:Blue Ice Moon
02:Will You Still Love Me Tomorrow
03:It Ain't The Gun
04:Crackin' Up
05:It's You
06:Home
07:Beefin' It Up
08:Dope Sucks
09:The Talkin'
10:Da Doo Ron Ron
11:Cripple Without You
12:Rock'n'Roll Junkie
13:What Becomes Of The Broken Hearted
14:Heatwave
15:Cut Me Loose
16:Somethin' Else
17:Legal In Amsterdam
18:Hit
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