Mit Sicherheit hoffte heute Abend niemand der meist betagten Anwesenden auf den abgeschlagenen Gitarrenhals von des Meisters Handwerkszeug, wie Selbiger es einst im filmischen Glanzstück "Blow Up" vollführte, erwartete jedoch einen vom schwarzen Blues geplagten Sonderling welcher den allgegenwärtigen Götzenkult seiner Schrulligkeit berauben möge.
Früher zu Leitbildern einer jugendlichen Bohème und zu musizierenden Anstiftern kultureller Unzüchte berufen, streben die meisten dieser Helden mittlerweile einem Rentendasein entgegen, oder kompensieren ihre unübersehbaren Alterserscheinungen mit
hyperaktivem Dasein. Oft vom wiederkehrenden Aufkochen alter Glanztaten besessen, sind deren Unternehmungen nicht immer vom Kreativreichtum beseelt, aber dennoch in Zeiten des Wertverfalles noch zu pflegende Konstanten, und wie an diesem lauen Sommerabend, musikalische Antidepressiva.
Im Gegensatz zu einem musikalisch wiederkäuenden und dürftigst inspirierten 'Hans Dampf in allen Gassen'
Clapton, bewahrte sich sein heute 66-jähriger Gitarrenkumpel
Jeff Beck entgegen aller Moden überdrüssig, diesen unumstößlichen Eigensinn und eine gesunde Portion Eitelkeit. Seine innige Liebe zu seiner schneeweißen Fender Stratocaster, bzw. ein halbes Jahrhundert im Jazz und Blues verwurzeltes britisches Volkstum, zollen auf dem gebräunt ausgemergelten Antlitz ihren Tribut, die
Wood'sche Gedächtnisfrisur hingegen erinnert wohl rein zufällig an die Zeit, als dieser das Adoptionsangebot von
Jagger und seinen Mannen ablehnte.
Dieser Mann welcher der aufgeweckten Garagencombo
The Yardbirds ihre musikalische Rotzigkeit einbläute, und einen rappeldürren weißen Bluessänger namens
Roderick Stewart ins Rampenlicht katapultiere, lebte diesen schweißtreibenden Konzertabend mit unglaublicher Lässigkeit und Schnörkellosigkeit, und scheute sich nicht, den buntscheckigen Mutterboden aus schmutzigem Blues, Motown-Setzlingen, hochvirtuosem Jazz Rock, banalem Kitsch zu beackern, und diesem zwischendurch mit einem Fünkchen Spiritualität und gehöriger Elektronikschwitze anzudicken.
Der schon zu Lebzeiten glorifizierte Mithüter des geheiligten Rock'n'Roll-Tempels war sich schon immer selbst genug, und wusste bisher auch ohne jeglicher Fruchtbarkeitsrituale auf den Bühnen dieser Welt zu bestehen, bemühte sich im zunehmenden Maße, die chauvinistischen Spleens zu bändigen und seine Mitmusikanten als Organismus anzunehmen.
Seine fantastischen Begleiter aus drei niemals egozentrischen Handwerkern stellten sich sodann nonchalant und energisch schwer lastenden Saitenläufen und splittrigen Sehnsuchts-Tremolo in den Weg.
Weit mehr wie ein nur sachdienlich funktionierendes bzw. gut geschmiertes Räderwerk, überzeugten die bezaubernde Tieftönerin
Rhonda Smith, welche den Funk beim androgynen Popgenius
Prince injiziert bekam, der Fleisch gewordene Schlagzeugmaschinist und Grammy-Gewinner
Narada Michael Walden sowie Tasten- und Fusions-Experte
Jason Rebello, und durchritten durchaus emphatisch des Meisters instrumentalen Parcours.
Der Troubadour ist dabei kein sonderlicher Choreograf, drischt aber sodann jedes Rock-Riff gegen den Wind, und bewegt die gereiftere Feiergemeinde bei so manchen Blues'n'Soul geschliffenen Rohdiamanten zu spontanen Ovationen.