Spielzeit: 45:14 Medium: Hybrid SACD Label: Audio Fidelity, 2014 (1966) Stil: Blues'n'Jazz Review vom 09.05.2014 Ulli Heiser

Paul Butterfield (17.12.1942 - 04.05.1987) - ein Name, der unzweifelhaft Musikgeschichte schrieb. Er hatte auf der einen Seite als Weißer Blueser die Anerkennung seiner Helden Muddy Waters und Howlin' Wolf, da sein Mundharmonikaspiel, wie auch seine Stimme, alles andere als weiß klangen. Aber er sorgte auf der anderen Seite auch für den wohl bekanntesten und damals (1965) für extreme Aufregung sorgenden Milestone der Musikgeschichte: Den Wechsel von akustisch hin zu elektrisch beim Newport Folk Festival, als sowohl beim eigenen Auftritt, sowie auch als Backingband Dylans bei dessen Show, die Verstärker erstmals eingestöpselt wurden.

Die Paul Butterfield Blues Band war auch eine Talentschmiede und brachte Musiker mit exzellenter Reputation heraus und überhaupt war das Line-up ein sehr feines. Verfolgt man den Werdegang von Mike Bloomfield, Elvin Bishop und Nick Gravenites stößt man u. a. auf Electric Flag,
Al Kooper, die Allman Brothers Band, Hendrix, Clapton, John Cipollina,
Quicksilver Messenger Service sowie Big Brothers & The Holding Company.

Audio Fidelity widmet sich in Form einer Hybrid-SACD dem zweiten Album der Paul Butterfield Blues Band, was gut ist, denn neben der Garantie für hervorragenden Klang markiert "East-West" wahrscheinlich den Beginn des Raga. Zwar gibt es, wie beim Debüt "Born In Chicago" einige Blues-Cover (ganz stark die kraftvolle, ja fast explodierende Robert Johnson-Interpretation "Walking Blues"), aber die beiden Filetstücke sind der "Work Song" von Nat Adderley, Jr. sowie "East-West". Bei einem Auftritt im Fillmore in San Francisco, wo die Band neben Jefferson Airplane auf der Bühne stand, entwickelten sich angejazzte Jams, die der Band mächtig gefielen und viele datieren den Einzug der Jazz-Rock-Fusion auf Vinyl auf eben diese Aufnahmen. Es ist eine Freude, die scheinbare Leichtigkeit des "Work Song" zu verfolgen. Die Flockigkeit des Bebop in Verbindung mit Blueselementen mutiert zu acht Minuten treibenden Hardbops. Orgel und Gitarren treiben sich gegenseitig die Hasen in die Küchen und man mag sich gerne vorstellen, wie das weiland im Fillmore die Schweißdrüsen hat fluten lassen.

"East-West" legt nochmal fünf Minuten drauf und anstelle Hardbop gibt es nun eher etwas aus der improvisatorischen Modal Jazz-Ecke. Die beiden Gitarristen Elvin Bishop und Mike Bloomfield glänzen mit langen Läufen und vermischen Westliches mit Östlichem. Indische Raga-Tunes halten Einzug, was den Chicago Blues-Liebhaber sicher erst mal verstören könnte. Aber die beiden langen Jams haben jedwede bis dato geltenden Grenzen längst gesprengt. Treibend groovt die Nummer unbeirrbar nach Vorne und zeigt die ganze Klasse der Paul Butterfield Blues Band. Ja, diese Truppe hatte zu jener Zeit in der Tat frischen Wind in die Szene gebracht und vielen Bands den Weg geebnet.

Ohne in den Credits auf "East-West" genannt zu werden, muss erwähnt werden, dass "Mary Mary" von Michael Nesmith stammt, der diesen Track etwas später mit seiner Band, den Monkees, selbst spielte. Die Monkees waren die erste für eine TV-Serie gecastete Boy Group. Hätten doch bloß alle nachfolgenden Mutationen dieser Spezies eine Nummer aus einem Paul Butterfield Blues Band-Album in ihrem Portfolio.
"East-West" ist wahrlich ein würdiger Kandidat für die SACD-Reihe des Labels Audio Fidelity. Weil die Platte, wie auch die Band Mauern einriss, Gewohntes verließ und die Musiker allesamt als begnadet zu bezeichnen sind. Wenn auch, wie in der Kurz-Biografie erwähnt, der große kommerzielle Erfolg ausblieb: Es ändert nichts an der Klasse dieser Formation.

Line-up:
Paul Butterfield (harmonica, vocals)
Jerome Arnold (bass)
Elvin Bishop (guitar, vocals)
Michael Bloomfield (guitar)
Billy Davenport (drums)
Nick Gravenites (organ, piano)
Mark Naftalin (keyboards, organ, piano)