Richard Bargel & Klaus Heuser / Men In Blues
Men In Blues Spielzeit: 52:35
Medium: CD
Label: TRC - The Record Company/Al!ve AG, 2012
Stil: Blues

Review vom 01.02.2011


Jürgen Hauß
Selten war ich von einer CD, auf die ich mich wirklich gefreut hatte, so enttäuscht wie von der vorliegenden ersten gemeinsamen Studio-CD der beiden, "Men In Blues" - Richard Bargel & Klaus 'Major' Heuser (+ Begleitung). Dabei ist die Scheibe - wenn man sie unvoreingenommen auf sich wirken lassen kann - nicht wirklich schlecht, vielleicht sogar auch wirklich gut. Aber ich hatte dieser Veröffentlichung - nach meiner Begeisterung über das Live-Album der beiden Protagonisten sowie deren Live-Auftritte - eine derart hohe Erwartungshaltung entgegen gebracht, die diese einfach nicht erfüllen kann. Hinzu kommt, dass der mehrfach verschobene Termin für die Veröffentlichung - die Band erklärt dies damit, dass sie mit der Produktion zunächst selbst nicht zufrieden war und das Material offenbar nochmals komplett neu eingespielt hat - bei mir diese Erwartung natürlich noch verstärkt hat.
Auf die beiden Hauptprotagonisten sowie die 'Entstehungsgeschichte' der Band brauche ich nach den eingangs erwähnten Belegen hier nicht näher einzugehen. Nach zahlreichen Konzertauftritten präsentieren Richard Bargel und Klaus 'Major' Heuser mit "Men In Blues" nunmehr ihr erstes gemeinsames Studiowerk, das ausschließlich aus Eigenkompositionen besteht. Leider gibt es auf der CD-Hülle keine näheren Hinweise, wer von beiden bei einzelnen Songs die Federführung hatte. Ebenso wenig gibt es Informationen darüber, wer von den beiden Gitarristen bei welchem Song welche Gitarre in der Hand hatte. Produziert hat die Scheibe der Major himself, was vielleicht auch den Wechsel zur neuen Plattenfirma erklärt, bei der Heuser vor mittlerweile bereits sechs Jahren seine erste 'Soloscheibe' Major & Suzan (mit der Berlinerin Sängerin Suzan Werth) veröffentlicht hat.
Doch nach dem negativen Einstieg in diesen Review möchte ich mich schnell der Musik widmen und dabei versuchen, die gebotene Objektivität walten zu lassen. Auch deshalb höre ich die CD jetzt bereits zum wiederholten Mal, und dennoch will der Funke der Begeisterung irgendwie nicht so richtig überspringen.
Die Scheibe beginnt mit dem - bezogen auf Richard Bargel - autobiografischen "Don Quijote", in dem dessen langjährige Alkoholprobleme beschrieben werden. Doch um wie viel eindringlicher wurde dieses Thema auf der ersten CD mit "Bad Bad Whiskey" behandelt. Insbesondere der Gesang Bargels klingt vorliegend - trotz seinem individuellen Timbre - leicht 'weichgespült'. Überhaupt: Was ist nur mit Bargels Stimme passiert bzw. wie ist sie vorliegend produziert? Auch beim nächsten Track "All Talker And Stalker" - einem flotten Country-Blues - vermisse ich seine intensive und rauchige Stimme, die insbesondere beim Erstlingswerk die einzelnen Titel geprägt und die mich damals so begeistert hat.
Im folgenden "Heat", einem Song über die Suche nach einer frühen Liebe, sind die klimatischen Rahmenbedingungen eigentlich sehr gut interpretiert. Die eher lethargisch vorgetragene Musik beschreibt vortrefflich das Bestreben, sich bei entsprechenden Temperaturen möglichst wenig anzustrengen. Nur: spätestens zum Schluss des Refrains möchte man stets »It's all over now, Baby Blue « singen; warum bloß?
Richtig rockig wird es demgegenüber bei "Poisoned": Harte Gitarren-Riffs des Major prägen den Song über vergiftete Lebensmittel und ebensolche Lebensumstände sowie die Möglichkeiten des Einzelnen, diese abzustellen. Nach einer 'normalen' Spielzeit von knapp über vier Minuten - zunächst denkt man aufgrund der geringen Lautstärke, der Song wird von Bargel auf der Akustik-Gitarre zu Ende gebracht - erfolgt erstmals eine brillante solistische Einlage wiederum des Major, wie man sie auch auf dem Vorgänger-Album mehrfach genießen konnte. Dreieinhalb Minuten, die dem Hörer - falls gewünscht - ausreichend Gelegenheit geben, über das Stück nochmals zu reflektieren (oder aber einfach nur die Musik zu genießen!).
Totaler Stimmungswechsel zur folgenden Ballade "I Got To Start From Zero". Die verschiedenen Instrumente setzen erst nach und nach ein und wieder aus. Quasi in musikalischen Wellenbewegungen wird die Situation eines notwendigen persönlichen Neubeginns beschrieben. Mit dem Einsetzen der elektrischen Solo-Gitarre erwartet man unwillkürlich ein ähnliches Arrangement wie beim letzten Titel, doch hier wird noch mehrfach der Refrain wiederholt. Und auch das Grand Piano kommt zum wiederholten Male deutlich zum Vorschein, bevor alles wieder allmählich ausklingt.
Bei "The Devil Can't Stop Me" nimmt man es Richard Bargel sofort ab, dass er es mit dem Teufel aufnehmen will. Im Vordergrund steht hier sein markanter Sprechgesang in verschiedenen Tonlagen und daher durchaus abwechslungsreich. Aber auch hier gibt es mit "Last One In The Row" einen besseren Vorgänger.
Der ruhige Slow-Blues "How Can I Go On? " zitiert deutlich den frühen J.J.Cale (der Waschzettel der Plattenfirma spricht von »zurückgelehnten Songs in der Tradition eines J.J.Cale«). Am Wegschlummern wird man allerdings durch die jaulende Solo-Gitarre im Mittelteil gehindert. Dass "High Speed Train" (übrigens wieder mit Ähnlichkeiten zu J.J.Cale) demgegenüber flotter dargeboten wird, erklärt der Titel schon für sich. Doch an das Tempo eines "Empire State Express" kommt auch dieser Nachfolger nicht heran, obwohl er es mit einem ähnlichen Arrangement durchaus versucht.
Etwas versöhnlicher gestaltet sich für mich "Where I Belong": Klassischer Blues, klassischer Text über das Leben 'on the road', klassisch dargeboten - was soll man dagegen sagen? Außer, dass der "Live"-Opener "Double Dirty Mother" das ebenfalls - und besser - gebracht hat.
Das abschließende "Wrinkles And Scars" ist nochmals so ein autobiografischer Song, dieses Mal über die Men In Blues themselves; wie sie zueinander gefunden haben und wie sich das Band-Leben derzeit so abspielt. Das Ganze natürlich mit hintersinnigem Humor hinsichtlich des Alters der beiden Haupt-Protagonisten. Musikalisch leicht Reggae-angehaucht, nach dem Motto: Auch diesen Stil können wir ("Time Is Cash, Time Is Money" von BAP lässt übrigens grüßen!).
Fazit: Immer wieder wird darauf hingewiesen, wie schwierig es für Musiker ist, nach einem erfolgreichen Erstlingswerk einen adäquaten Nachfolger zu präsentieren, der einer aufgebauten Erwartungshaltung gerecht werden kann. Das vorliegende Werk ist m. E. bedauerlicherweise eine Bestätigung dieser These. Viel zu oft erinnern die Aufnahmen zu deutlich an die Vorgänger-CD, zu wenig Überraschendes wird geboten.
Aber vielleicht fehlte den Jungs auch nur die Live-Atmosphäre mit dem Kontakt zum Publikum, die sie wirklich aufblühen lässt. Auch die Spontaneität in der Darbietung - einschließlich der oftmals genialen Soli der beiden Frontmänner wie auch des Bassisten - ist einfach nicht vorhanden. Und - wer weiß - vielleicht haben sie es selbst schon bemerkt und waren deshalb - zumindest mit der ersten Einspielung - nicht zufrieden und wollten bzw. konnten nur nicht noch länger mit der Veröffentlichung der vorliegenden CD warten? So aber ist mir die ganze CD leider viel zu glatt - um nicht zu sagen: mainstreamig - produziert; die »rohe Energie der Liveauftritte«, von denen der Waschzettel spricht, kommt hier einfach nicht rüber. Dazu passt auch, dass die Besetzung der Band für die Aufnahmen um einen Pianisten und einen Percussionisten erweitert wurde, ohne dass dies stilprägend zu bemerken wäre.
Dennoch: Für sich betrachtet ist die CD ein insgesamt gutes Album, das von dem musikalischen Kontrast zwischen den beiden Frontmännern lebt. Wer es unvoreingenommen auf sich wirken lässt, wird daran Freude haben. Und für mich möchte ich hiermit klarstellen, dass die vorliegende Scheibe mir meine grundsätzliche Begeisterung für Richard Bargel & Klaus 'Major' Heuser nicht austreibt. Der nächste Live-Auftritt wird mich wieder versöhnen, da bin ich mir absolut sicher!
Kleine Anmerkung zum Schluss: Das Sensationellste des vorliegenden Albums - jedenfalls für mich - befindet sich in der Mitte des ausgeklappten dreiteiligen Digipaks: Ein Schwarz-Weiß-Foto zweier Gitarristen, von denen einer unstreitig Richard Bargel ist. Und der andere, nicht unbedingt glatzköpfig, jedenfalls aber mit hoher Stirn freundlich dreinblickende Mann? Ist das, ist das nicht, oder vielleicht doch, der Major? Der Kopfhörer auf dem Kopf beeinflusst den ambivalenten optischen Eindruck zusätzlich. Letztendlich aber ist klar, dass es sich um eine der seltenen Aufnahmen (jüngeren Datums) handelt, die Klaus Heuser ohne sein Markenzeichen - den ledernen Schlapphut - zeigt. Es ist schon bemerkenswert, wie anders er 'oben ohne' ausschaut, jedenfalls aber wie ungewohnt die Erscheinung ist (Allerdings war ich bei meinen Recherchen zu dem vorliegenden Review auf ein altes BAP-Video mit einem ebenfalls unbehüteten Major gestoßen, doch derartige Bilder hatte ich offenbar verdrängt)!
Nachzutragen bleibt, dass das Digipak ein nett gestaltetes zwölfseitiges Booklet mit Fotos von den Aufnahmen bzw. von Bühnenauftritten enthält. Außerdem sind sämtliche Songtexte abgedruckt. Und das ist immerhin ein Punkt, in dem sich die vorliegende Produktion positiv von dem Vorgänger-Album abhebt! Und noch etwas Positives möchte ich aus gegebenem Anlass nicht unerwähnt lassen: Das Pressematerial, das mir mit der CD übersandt worden ist, kann man nur als vorbildlich bezeichnen! Da sollten sich andere Firmen mal ein Beispiel dran nehmen!
Line-up:
Klaus 'Major' Heuser (vocals, electric guitars, acoustic guitars, dobros, mandoline)
Richard Bargel (vocals, dobros, acoustic guitars)
Sascha Delbrouck (electric bass, Vektor bass)
Marcus Rieck (drums)
Matthias Krauss (grand piano, keyboards)
Mario Argandoña (percussion)
Tracklist
01:Don Quijote (5:52)
02:All Talker And Stalker (4:16)
03:The Heat (4:19)
04:Poisoned (7:44)
05:I Got To Start From Zero (5:57)
06:The Devil Can't Stop Me (4:44)
07:How Can I Go On? (5:41)
08:High Speed Train (4:11)
09:Where I Belong (4:00)
10:Wrinkles And Scars (0:53)
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